Top-Notenbanker auf beiden Seiten des Atlantiks halten derzeit kein schnelles Vorpreschen bei der Einführung von digitalen Versionen ihrer Währungen für erforderlich. Die US-Notenbank Federal Reserve sei noch nicht einmal in einer Phase der "Entscheidungsfindung", betonte Fed-Chef Jerome Powell am Montag auf einer Online-Diskussionsrunde der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ).
Es sei "keine Eile geboten" und die USA müssten nicht vorangehen. Voraussetzung sei auch, dass das Parlament grünes Licht gebe, sagte Powell: "Wir würden nicht ohne Unterstützung des Kongresses voranschreiten."
Die US-Notenbank werde alle Schritte sorgfältig und mit Transparenz angehen. Doch sei schon klar, dass die Fed bei Finanzierungsfragen nicht in Konkurrenz zur Bankenbranche treten wolle. Das funktionierende Finanzsystem dürfe nicht destabilisiert werden. Die Fed lotet derzeit in einer Kooperation mit dem Massachusetts Institute of Technology (MIT) Grenzen und Möglichkeiten von digitalen Währungen aus.
"Es gibt keine Eile oder Dringlichkeit"
Die Diskussion um die Einführung von digitalem Zentralbankgeld hat angesichts der zunehmenden Digitalisierung im Zahlungsverkehr zuletzt an Tempo gewonnen. Dabei geht es auch darum, nicht den Anschluss zu verlieren an privatwirtschaftliche Vorstöße wie die geplante Cyber-Währung Diem von Facebook. Insbesondere das Facebook-Projekt hatte Regierungen, Aufseher und Zentralbanken weltweit auf den Plan gerufen.
Der deutsche Bundesbank-Chef Jens Weidmann sagte in der Diskussionsrunde, ein Zeithorizont von zwei bis drei Jahren für die Einführung eines digitalen Euro sei "sicherlich zu kurz". Die Nutzung von Bargeld gehe aber zurück. Daher sei es wichtig zu überlegen, ob da nicht digitales Zentralbankgeld (CBDC) einspringen solle. Es gebe allerdings auch andere Wege, die Bedürfnisse von Verbrauchern und Unternehmen abzudecken als digitales Zentralbankgeld. "Es gibt keine Eile oder Dringlichkeit für die Einführung von CBDC", sagte das Ratsmitglied der Europäischen Zentralbank (EZB).
China als Vorreiter
Die EZB ist bei dem Thema insgesamt aber bereits deutlich weiter als die US-Notenbank. So wollen die Euro-Wächter um die Mitte dieses Jahres herum entscheiden, ob ein formelles Projekt gestartet werden solle. Falls grünes Licht erfolgt, würden dann in einer Untersuchungsphase von etwa zwei Jahren zunächst die künftigen Kerneigenschaften eines digitalen Euro festgelegt, wie Notenbank-Direktor Fabio Panetta vergangene Woche sagte. Sollte danach entschieden werden voranzuschreiten werde die Umsetzung noch etwa zwei bis drei Jahre benötigen. Erst am Ende werde die EZB in der Lage sein, einen digitalen Euro einzuführen.
China ist bei dem Thema Digitalwährung der Vorreiter unter den großen Ländern und Währungsregionen. Die Volksrepublik arbeitet schon seit längerer Zeit an einem digitalen Yuan und hat bereits großangelegte Probeläufe gestartet. Im vergangenen Jahr waren die Bahamas weltweit das erste Land, das mit dem "Sand Dollar" eine digitale Version seiner Landeswährung eingeführt hat.