Als Manager hat er eine Bilderbuchkarriere hingelegt. Siegfried Wolf, den alle nur Sigi nennen, arbeitete sich als Werkzeugmacher nach oben und war erfolgreicher Vorstandschef von Magna International. Ende 2010, wenige Monate vor dem Rückzug seines Mentors Stronach, wechselte er in das Reich des russischen Oligarchen Oleg Deripaska. Dort zieht er immer noch als Aufsichtsratsvorsitzender des Fahrzeugherstellers GAZ die Fäden. Doch ist er jetzt drauf und dran, seine Laufbahn in seiner Heimat zu krönen. Mit dem Kauf des MAN-Werks in Steyr würde sich für den gebürtigen Oststeirer wohl der vielleicht letzte verbliebene Traum erfüllen: Selbst Eigentümer eines Unternehmens von Weltrang zu sein, auf Flug- und Augenhöhe mit den Industriellen dieser Welt. Wolf will die Lastwagenmarke Steyr zu neuer Blüte bringen.
Er wird investieren und sein weltweit gespanntes Netzwerk dazu benutzen, um neue Aufträge zu lukrieren. Seine Kontakte sind sein größtes Kapital, speziell in Russland, wo Wolf den maroden Nutzfahrzeughersteller GAZ entstaubt und zu einem Automobilproduzenten auf internationalem Niveau entwickelt hat. Wie kaum ein anderer westlicher Manager hat der Steirer das Ohr von Präsident Wladimir Putin. Bei seinem 60. Geburtstag, bei dem drei ehemalige Regierungschefs (Vranitzky, Schüssel, Schröder) und Neo-Kanzler Sebastian Kurz an einem Tisch saßen, war der ehemalige russische Wirtschaftsminister Herman Gref einer von acht Laudatoren und sagte: „Sigi, eigentlich bist du ein Russe, weil du die russische Seele verstehst.“ Ein Befund, der ihm aber auch zum Nachteil gereichen könnte.
Sein Einfluss in Politik und Wirtschaft wird von zahlreichen Aufsichtsratsmandaten unterfüttert. Wolf sitzt unter anderem im Kontrollorgan der Porsche SE, die 53,3 Prozent der Stammaktien von Volkswagen hält. Der Beistand von Wolfgang Porsche ist im Gremium eines der vier Mitglieder der Familienholding, die nicht dem Porsche-Piëch-Clan abstammen. Den in den letzten zwei Jahrzehnten erworbenen Reichtum stellt der vermutlich bestverdienende europäische Manager durchaus zur Schau, etwa in Form seines Gulfstream-Jets und den zahlreichen spektakulären Immobilien. Der passionierte Jäger, Golfer und Oldtimer-Sammler, der mit seiner Familie auf einem herrschaftlichen Bauernhof in Weikersdorf residiert, besitzt Wohnsitze in Simbabwe, am Arlberg, am Wörthersee und Gleichenberg.
Von Magna und Frank Stronach erwarb er nahezu alle Immobilien in Österreich: die Schlösser in Reifnitz und Oberwaltersdorf, die frühere Europa-Zentrale, den Fontana-Club und den Jagdbesitz nahe dem Schneeberg. Sein neuestes Lieblingsprojekt, das für Gesprächsstoff sorgt, zieht der Ehrenprofessor der TU Graz gerade in der Südsteiermark hoch: Die Domäne Wolf in prachtvoller Lage am Sernauberg soll bis 2023 fertiggestellt sein. Kostenpunkt: 25 Millionen Euro. Die erste Ernte im bereits fertiggestellten Weinkeller soll schon 2021 eingefahren werden.