Die Wurzeln von Astra Zeneca reichen weit in die Vergangenheit, ins Jahr 1913, zurück. 1999 entstand der Konzern aus der Fusion der schwedischen Astra AB und der britischen Zeneca PLC. Zeneca selbst ging erst wenige Jahre zuvor aus einer Abspaltung des britischen Chemiekonzerns Imperial Chemical Industries (ICI, gegründet 1926), der seine Pharma-Aktivitäten in Zeneca abspaltete, hervor. Zunächst war Astra-Zeneca auch noch in der Agrarwirtschaft tätig.
Der Konzern mit Sitz in Cambridge ist heute auf Medikamente in drei Therapiebereichen spezialisiert: Onkologie, Herz-Kreislauf-, Nieren- und Stoffwechselerkrankungen sowie Atemwegserkrankungen. AstraZeneca zählt mit seinen 76.100 Mitarbeitern zu den globalen Pharmariesen: Im Pandemiejahr 2020 verzeichnete AstraZeneca einen kräftigen Umsatz- und Gewinnschub. Konzernweit stiegen die Erlöse um neun Prozent auf fast 22 Milliarden Euro. Gesunkene Ausgaben für Verwaltung sowie Forschung und Entwicklung trieben die Gewinne zusätzlich auf. Unterm Strich stand im Jahr 2020 für Aktionäre ein satter Gewinn von 3,2 Milliarden US-Dollar. Vor allem neue Medikamente und Krebstherapien mit onkologischen "Blockbustern" wie Tagrisso, Imfinzi und Lynparza sorgten für prozentual zweistellige Wachstumsraten und rund die Hälfte des Konzernumsatzes.
Im Bereich von Covid-19 arbeitet AstraZeneca gleich in mehreren Bereichen, um, so der Konzern in einer Stellungnahme an die Kleine Zeitung, "Präventions- und Behandlungsansätze voranzutreiben": Am Impfstoff Covid-19 Vaccine AstraZeneca - er trägt den Namen AZD1222 -, an "monoklonalen Antikörpern für die Behandlung von Covid-19" sowie an der Forschung an bestehenden Medikamenten und deren Potenzial in der Behandlung von Covid-19.
Weltweit verkauft AstraZenica seine Medikamente in über 100 Ländern, mehr als 120 Millionen Patienten wenden diese an. In Österreich betreibt AstraZeneca seinen Standort mit rund 140 Mitarbeitern im Zentrum von Wien.
Wem gehört AstraZeneca?
Mehr als 71 Prozent der 1,31 Milliarden Aktien firmieren unter „freefloat“, sind also im Streubesitz vieler Aktionäre. Die Marktkapitalisierung, der Unternehmenswert, beträgt rund 110 Milliarden Euro. Der Investmentgesellschaft Blackrock gehören 7,7 Prozent der AZ-Aktien, der US-Vermögensverwalter Wellington Management Group hält insgesamt laut der Plattform "Der Aktionär" rund 12 Prozent der Aktien, der Rest verteilt sich auf weitere (US-) Investmentgesellschaften. Den höchsten Kurs erzielten die Aktien übrigens im Sommer 2020 mit fast 104 Euro, seither ist der Kurs deutlich auf 83,50 Euro gesunken, zuletzt hielt er sich auf diesem Niveau.
Gute Absichten, schlechte Umsetzung?
Es ist fast schon eine Ironie der Geschichte: Als die Pandemie binnen Wochen die Welt zu überrollen begann, schmiedete AstraZeneca vorbildlich Allianzen mit Branchen-Unternehmen wie dem Konkurrenten GlaxoSmithKline, Universitäten, Organisationen und Regierungen, um der Welt ein Mittel im Kampf gegen Covid-19 in die Hand – oder den Arm – zu geben. Schlussendlich war es eine Kooperation mit der Universität Oxford, die AstraZeneca einen Durchbruch ermöglichte.
"AstraZeneca hat sich dazu verschrieben der Wissenschaft zu folgen. Das ist einer der Gründe, warum wir eine Partnerschaft mit der Universität Oxford eingegangen sind - sie teilt unser Engagement für Transparenz", heißt es seitens des Konzerns. Es gebe bereits acht Publikationen von klinischen Daten im Impfstoff-Entwicklungsprogramm, was eine beträchtliche Anzahl von Veröffentlichungen sei: "Diese große Menge an Daten in kurzer Zeit kann jedoch manchmal verwirrend und schwierig zu verarbeiten sein." Der Fokus auf Teilergebnisse der Wissenschaft führe "zu Über- und Fehlinformationen und zum Beispiel zum Vergleich von Studiendaten, die aus wissenschaftlicher Sicht keinen Vergleich zulassen", so der Konzern.
Der Konzernchef gerät in die Defensive
Zunehmend in die Defensive geriet zuletzt aufgrund der Impfstoff-Schwierigkeiten Pascal Soriot, der Chef von AstraZeneca. Ende Februar stand er Abgeordneten im EU-Parlament Rede und Antwort, damals vor allem wegen der Lieferausfälle. Der Hinweis, dass AstraZeneca als einziger Hersteller Impfstoff ohne Gewinnabsicht liefere, nützte nichts. Laut "FAZ" blieb vom Auftritt nur die Kritik der niederländischen Christdemokratin Esther de Lange in Erinnerung, das Unternehmen führe sich auf wie ein "unzuverlässiger Gebrauchtwagenhändler".
Noch zwei Monate zuvor wurde der Franzose als jener Mann gefeiert, der den britischen Arzneimittelhersteller wieder auf Erfolgskurs gebracht habe. Die geplante Übernahme des US-Konzerns Alexion Pharmaceuticals sei die "Krönung" des 61-jährigen Veterinärmediziners mit MBA, jubelte das "Handelsblatt". Für das US-Biotechunternehmen will AstraZeneca 39 Milliarden Dollar in Bar sowie Aktien auf den Tisch legen und damit sein Geschäft im Bereich Immunologie und seltene Erkrankungen ausbauen.
Lob für AstraZeneca
Allerdings sei Soriot für eine "Krönung" viel zu unprätentiös und ganz ohne CEO-Allüren. Einer, der entschieden habe, den Impfstoff, der auch im indischen "Serum Institute" produziert wird, zum Selbstkostenpreis anzugeben, ohne daran verdienen zu wollen. Auch auf Wunsch der Universität Oxford, die die Impfstofftechnologie entwickelte. Selbst Entwicklungsorganisationen loben AstraZeneca dafür, Partnerschaften mit Generikaherstellern in Entwicklungsländern eingegangen zu sein.
"Wir alle verfolgen das gleiche Ziel und bekämpfen denselben Feind. Der Feind ist nicht der jeweils andere. Wir stehen alle auf der gleichen Seite im Rennen gegen das SARS-CoV-2-Virus und die Pandemie", heißt es in der Stellungnahme von AstraZeneca an die Kleine Zeitung. "Wir alle arbeiten extrem hart, unter außergewöhnlichen Bedingungen, um der Pandemie ein Ende zu setzen."
Bleibt bloß zu hoffen, dass die unerwarteten zusätzlichen Hürden den mühsamen Kampf gegen die Pandemie nicht noch weiter erschweren.
Zum riesigen Imageschaden angesichts der Serie an Pleiten, Pech und Pannen hält sich AstraZeneca - naturgemäß - auf Nachfrage bedeckt: "Wir vertrauen auf unsere Produkte sowie voll und ganz auf die Kompetenz der Mediziner, die das Wohl der Patienten in den Mittelpunkt stellen und auf evidenzbasierte Informationen zu Therapien in der Behandlung zurückgreifen."