Das lange erwartete "Erneuerbaren Ausbau Gesetz" (EAG), das von Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) als "Herzstück der Energiewende" bezeichnet wird, ist endlich fertig und soll am Mittwoch kommender Woche in den Ministerrat eingebracht werden. Läuft alles wie geplant, so Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne), werde das Paket, welches als Grundlage für einen forcierten Ausbau der Erneuerbaren-Stromerzeugung bis 2030 dient, noch vor dem Sommer in Kraft treten.
Ziel ist es, dass bis 2030 100 Prozent des Stroms in Österreichs aus erneuerbaren Energiequellen stammt. Gewessler spricht von Photovoltaik auf einer Million Dächern, Windrädern, Wasser- und Biomassekraftwerken. Bis 2040 soll Österreich klimaneutral sein. Insgesamt 10 Milliarden Euro werden in den kommenden zehn Jahren investiert. Für das Gesetz wird eine Zweidrittelmehrheit benötigt. Die Oppositionsparteien SPÖ, FPÖ und NEOS kritisierten Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne), weil sie keine Verhandlungen mit der Opposition geführt hätte.
"Letztlich zählt der Beschluss im Parlament"
In der Steiermark wartet man sehnsüchtig auf ein fertiges Gesetz, wie die Vorstände der Energie Steiermark, Christian Purrer und Martin Graf betonen: „Wir haben für den Ausbau Erneuerbarer Energie in der Steiermark Projekte mit einem Investitionsvolumen von 1,2 Milliarden Euro vorbereitet und sind startklar." Die nun vorgestellten politischen Ziele für ein Ausbaugesetz seien zwar absolut positiv, "aber was letztlich zählt, ist der Beschluss im Parlament". Die Chefs des Landesenergieversorgers orten hier aber noch das Fehlen "einer breiten Allianz". Es brauche in jedem Fall Rechtssicherheit und Klarheit, um investieren zu können.
"Unser Hauptaugenmerk beim EAG gilt der Berücksichtigung höherer Kosten für Windkraftanlagen im alpinen Bereich, der gleichberechtigten Unterstützung für Photovoltaik-Freiflächen, dem notwendigen Netzausbau sowie der Förderung von Produktion und Einspeisung für grünes Gas." Ob diese Punkte im vorliegenden Entwurf tatsächlich so enthalten seien, lasse sich aus Sicht von Purrer und Graf "derzeit noch nicht sagen. Wir haben jedenfalls in unserer Stellungnahme im Vorfeld mehrfach auf die Bedeutung hingewiesen".
"Hoffen, dass Handbremse gelöst ist"
Österreichs Energie, die Interessenvertretung der heimischen E-Wirtschaft, begrüßt den "Durchbruch beim EAG". "Dieses Gesetzespaket wird die dringend benötigte Grundlage für den raschen Ausbau der Erneuerbaren in Österreich schaffen. Wir hoffen sehr, dass es nun endlich gelungen ist, die Handbremse bei diesem Thema zu lösen", sagt Michael Strugl, Präsident von Österreichs Energie und Vorstandsvorsitzender des Verbund.
Wesentlicher Aspekt unter anderem aus Sicht der Branche ist "die Etablierung einer differenzierten Förderkulisse". Auch die Anreize im Bereich Wasserstoff seien positiv. Die Details des aktuellen Gesetzesvorschlags werde man in den nächsten Tagen prüfen.
Auch der Präsident der Land&Forst Betriebe Österreich sieht das "präsentierte Erneuerbaren Ausbau Gesetz als die richtige Antwort im Kampf gegen die Klimakrise". Und die heimische Land- und Forstwirtschaft könne dazu mit ihren nachhaltigen Ressourcen beitragen.
Für Robert Kanduth, Geschäftsführer von Greenonetec, des Weltmarktführers aus Kärnten für Solaranlagen, kann "nichts Besseres passieren, als der Beschluss des Erneuerbaren Ausbau Gesetz". Schließlich sei Österreich in dem Bereich Marktführer.
"Widmungen fehlen"
Günter Grabner von der Kärntner Firma PV Invest wiederum erklärt, "das EAG allein wird keine neuen Möglichkeiten eröffnen, es öffnet die Tür zu Förderungen". Aber die Flächen für PV-Anlagen widmen müssten die Länder. "Und wenn nichts gewidmet wird, wird auch nichts gebaut. Das, was jetzt da ist, ist nur Pipifax im Vergleich zu dem, was gebaut werden müsste, um die Ziele des EAG zu erreichen. Wir würden in Österreich gerne viel mehr bauen, wenn wir dürften", sagt Grabner.
AK sorgt sich um Tarifentwicklung
Für die Haushalte könnte es laut Arbeiterkammer (AK) hingegen teurer werden. "Ein Kostenanstieg könnte gebremst werden, indem klargestellt wird, dass die Förderbeiträge nicht der Umsatzsteuer unterliegen", schlägt Christa Schlager, Leiterin der Abteilung Wirtschaftspolitik in der AK, vor. Bei "grünen Gas" warnt die Arbeiterkammer vor einem teuren Irrweg. Naturgemäß anders sieht das der Fachverband Gas Wärme, der sich enttäuscht zeigte, das Gas nur eine Nebenrolle spiele und sich ein "Ökogasgesetz" wünscht, weil Gas der emissionsärmste fossile Energieträger sei.
Für Wirtschaftskammer-Generalsekretär Karlheinz Kopf beinhaltet das Erneuerbaren-Gesetz großzügige Investitionsanreize. Projektgenehmigungen soll künftig eine strategische Umweltprüfung (SUP) vorausgehen. Lokale Bürgerinitiativen und Umwelt-NGOs dürften Projekte aber nicht mehr bis zum Sankt-Nimmerleinstag blockieren, fordert Kopf mehr Tempo beim Bau von Windparks, Kraftwerken, Photovoltaik-Anlagen und Stromleitungen.
Industrie lobt Wasserstoff-Paket
Die Industriellenvereinigung lobte explizit das Wasserstoff-Paket, das für die energieintensive Industrie wichtig sei. "Mit 500 Millionen Euro Investitionsförderung für entsprechende Anlagen über 10 Jahre sowie der Befreiung von stromseitigen Endverbraucherentgelten wurde ein attraktives Paket geschnürt", sagte IV-Generalsekretär Christoph Neumayer. Der Übertragungsnetzbetreiber Austrian Power Grid (APG) erklärte, das EAG "voll und ganz" zu unterstützen. Starke Stromnetze seien der Schlüssel der Energiewende.
Global 2000, deren Geschäftsführerin Gewessler früher war, fordert von der nunmehrigen Klimaministerin zusätzlich zum Ökostromgesetz ein eigenes Paket, um das Erdgas-Zeitalter zu beenden. Es brauche einen sofortigen Einbaustopp neuer Gasheizungen und einen Plan für den Umstieg jener 900.000 Haushalte, die mit Erdgas heizen. Erneuerbares Gas sei dabei keine Option, weil zu teuer und aufwändig, Fernwärme, Pellets und Co. wären besser.
Der WWF fordert Verbesserungen in den parlamentarischen Verhandlungen, insbesondere strengere Regeln zum Naturschutz. Vor allem in Schutzgebieten dürfe es keine neuen Fördermillionen für Wasserkraftwerke geben. Kleinstwasserkraftwerke, die für sehr wenig Energie sehr viel Natur zerstören, sollten keine neuen öffentlichen Subventionen erhalten. Ähnliche Bedenken in puncto Naturschutz äußerte auch der Umweltdachverband.
Die Kleinwasserkraft Österreich freute sich über die lang erwartete Regierungsvorlage, bemängelt wiederum aber den strengen Bewilligungsprozess. Eine abschließende Beurteilung sei aber ohnehin erst nach eingehender Befassung mit dem umfangreichen Gesetzestext und der zugehörigen Verordnungstexte möglich, so der Verband, der die rund 4000 Kleinwasserkraftwerke vertritt.
Für den Bundesverband Photovoltaic Austria ist mit dem EAG ein wichtiger Schritt Richtung Solar-Revolution gesetzt. Der Verband Erneuerbare Energie Österreich (EEÖ) sieht in der Energiewende auch einen Jobmotor, der weit über 100.000 Arbeitsplätze schaffen könne. Auch die IG Windkraft zeigte sich erfreut. Im Parlament brauche es nun einen nationalen Schulterschluss.