Die Europäische Zentralbank (EZB) will das Tempo ihrer Anleihenkäufe erhöhen, um den jüngsten Anstieg der Renditen von Staatsanleihen der Euroländer einzudämmen. Notenbank-Chefin Christine Lagarde und die anderen Ratsmitglieder kündigten am Donnerstag nach der Zinssitzung an, dass die Ankäufe im Rahmen des Kaufprogramms PEPP während des nächsten Quartals deutlich umfangreicher ausfallen werden als während der ersten Monate des Jahres.
Das klare Ziel der EZB blieben dabei freundliche Finanzierungskonditionen, betonte Lagarde. Ein neues Stützungspaket für die Wirtschaft beschloss die Europäische Zentralbank aber nicht. Sie hatte erst zum Jahresende 2020 ihre Konjunkturhilfen abermals ausgebaut und unter anderem den Kaufrahmen des PEPP-Programms erneut aufgestockt. Auch den Leitzins beließ die Notenbank auf seinem Rekordtief von 0,0 Prozent. Dort steht er inzwischen seit März 2016.
Renditen gestiegen
Zuletzt waren die Renditen von Staatsanleihen der Euroländer kräftig nach oben geklettert. Das hatte bei einigen Ratsmitgliedern Sorgen ausgelöst, die Kreditkosten im Euroraum könnten sich unerwünscht erhöhen. Mitten in der Pandemie käme das für die Notenbank zur Unzeit. Sie hatte in Aussicht gestellt, weiterhin für die Wirtschaft niedrige Finanzierungskosten sicherzustellen.
Lagarde betonte, dass die EZB hierbei einen ganzheitlichen Ansatz verfolgt. Sie beobachtet dabei alle Indikatoren und Interbanken-Zinssätze, die sich auf die Kreditangebote an Konsumenten und Firmen auswirken. Diese Konditionen sollen so gestaltet sein, dass sie die wirtschaftlichen Auswirkungen der Pandemie abfedern. Dementsprechend wolle die EZB eine Verschlechterung dieser Bedingungen verhindern.
Die EZB hatte der Wirtschaft im vergangenen Jahr mit umfangreichen Stützungshilfen unter die Arme gegriffen, um den Kreditfluss während der Pandemie am Laufen zu halten. Dazu gehörten extrem günstige, langfristige Kreditspritzen für Banken und ein "PEPP" getauftes neues Anleihenkaufprogramm. Dieses wurde inzwischen bereits zweimal aufgestockt und hat mittlerweile einen Kaufrahmen von 1,85 Billionen Euro. Die Käufe sollen noch bis mindestens Ende März 2022 laufen. Rund eine Billion Euro des Kaufrahmens sind noch ungenutzt.
Negativzins bleibt
An ihrem Einlagesatz hielt die EZB am Donnerstag ebenfalls fest. Dieser liegt inzwischen bei minus 0,5 Prozent. Das Minus-Zeichen bedeutet, dass Banken Strafzinsen zahlen müssen, wenn sie bei der Notenbank überschüssige Gelder horten. Die EZB hatte den Satz erstmals 2014 auf unter null Prozent gesetzt. Den Leitzins beließ die EZB am Donnerstag ebenfalls unverändert bei 0,0 Prozent.
Die Zinsen werden erst wieder steigen, wenn das Inflationsziel der EZB langfristig und nachhaltig erreicht werden kann. Dieses liegt bei knapp unter zwei Prozent. Dieser Wert werde laut den Analysen der Notenbank in den kommenden drei Jahren nicht erreicht werden. Für heuer rechnet die EZB in der Eurozone mit einer Teuerung von 1,5 Prozent, 2022 sollen es 1,2 Prozent sein und 2023 1,4 Prozent.
Auch die Wachstumsprognosen für den Euroraum wurden aktualisiert. Hier sehen die Volkswirte der EZB für heuer trotz des schwachen ersten Quartals ein BIP-Wachstum von 4,0 Prozent. Im kommenden Jahr sollen es 4,1 Prozent sein und im Jahr 2023 werde sich der Wert auf 2,1 Prozent normalisieren.
Im laufenden ersten Quartal dürfte die Wirtschaft aber erneut schrumpfen. "Während sich die gesamtwirtschaftliche Situation im Laufe des Jahres 2021 voraussichtlich verbessern wird, bleiben die kurzfristigen Konjunkturaussichten unsicher - insbesondere in Bezug auf die Dynamik der Pandemie und die Geschwindigkeit der Impfkampagnen", sagte Lagarde.
US-Paket nutzt Europa
Das billionenschwere Hilfspaket zur Stützung der US-Wirtschaft wird EZB-Präsidentin Lagarde zufolge auch auf die europäische Konjunktur ausstrahlen. "Da wird es einige Auswirkungen geben", sagte Lagarde am Donnerstag nach der Zinssitzung in Frankfurt. "Das ist ziemlich klar." Das treffe etwa auf den Außenhandel zu, ebenso auf die Inflationserwartungen. Das werde die EZB bei ihren künftigen Prognosen berücksichtigen.
Mit dem 1,9 Billionen Dollar (1,60 Bill. Euro) schweren Konjunkturpaket von US-Präsident Joe Biden sollen in den USA die Folgen der Coronapandemie abgefedert und die Konjunktur angeschoben werden.