In jedem normalen Jahr würde in den ersten Frühlingswochen die Gastgärten langsam öffnen und die Gäste würden in der Sonne ihren Kaffee, Wein oder ihr Bier genießen. Doch es ist kein normales Jahr. Alleine in den ersten drei Monaten des aktuellen Jahres wurden wegen des Lockdowns in der Gastronomie 70 Millionen weniger Krügerl, also 0,5-Liter Gläser Bier, verkauft, wie der Verband der Brauereien Österreichs vorrechnet.
Der Blick ins Vorjahr fällt noch dramatischer aus. "Vor gut einem Jahr wurde ein Großteil unserer Kunden von einem Tag auf den anderen abgeschaltet", erinnert Verbands-Obmann Sigi Menz. Die Folge: 2020 wurden für das Inland vier Prozent weniger Bier erzeugt, für den Export sechs Prozent weniger.
Einbruch bei Fässern
Wie stark der Lockdown der Gastronomie die Brauereien trifft, zeigt ein Blick auf die Statistik. Die Fassproduktion ist um 840.000 Hektoliter gesunken, ein Minus von 46 Prozent oder umgerechnet 170 Millionen Krügerl. "Die Gastronomie macht ein Drittel unseres Geschäftes aus", sagt Menz. "Und die Branche steht seit einem halben Jahr auf null."
Wettgemacht wurde das Minus zum Teil durch einen deutlichen Anstieg beim Flaschenverkauf. Hier stieg der Marktanteil der Halbliter-Mehrwegflaschen auf 52 Prozent. Die kleinen 0,33 Liter-Flaschen kommen auf zehn Prozent Marktanteil. Die beliebteste Sorte bleibt das Märzen.
Bier wird vernichtet
Ein Problem: Vor allem in Wintertourismusgebieten wurde bereits im September und Oktober viel Bier eingelagert. Bei diesen endet aber bald die Mindesthaltbarkeit. "Das bedeutet nicht, dass das Bier deshalb schlecht ist", sagt Menz. Allerdings könne es nicht mehr verkauft werden. Nach einer Prüfung würden Flaschenbiere wohl an die Belegschaft abgeben. Bei Fassbier sei das aber schwierig. Deshalb werde hier wohl auch Bier vernichtet. Wobei Menz betont: "Wir wollen nichts wegschütten."
Bezüglich der Finanzhilfen für vom Lockdown indirekt betroffene Unternehmen kritisiert Menz die Bürokratie. Oft werde auch über Großhändler verkauft und dann seien Brauereien nur der "zweite indirekt betroffene" Lieferant. Hier brauche es einfachere und schnellere Lösungen. "Unsere Brauereien haben mit Gesamtumsatzrückgängen von durchschnittlich 20 Prozent zu kämpfen. Einzelne, vor allem kleine und mittelständische Brauereien, die stark im Gastronomie- und Veranstaltungssektor aktiv sind, berichten von bis zu 70 Prozent Einbußen" Diese Unternehmen, sehr oft Familienbetriebe, seien inzwischen an der Grenze des Machbaren.
Eine Prognose, wie heftig das Wirtesterben nach der Pandemie ausfallen wird, wollte Menz nicht abgeben. "Wir hoffen, dass alle überleben, auch wenn das nicht ganz realistisch ist". Es werde auch Gastronomen geben, die die Lust verloren haben. Die Brauereien seien bereit, den Wirten auszuhelfen, entscheidend werde aber sein, wie sich die Banken verhalten.
Hochfahren schnell möglich
Die Geschäftsführerin des Brauereienverbandes, Jutta Kaufmann-Kerschbaum, fordert die Regierung auf, die Biersteuer zu halbieren. Außerdem könnten unter Einhaltung der EU-Förderbedingungen auch kleinere Brauereien durch weitere Steuererleichterungen unterstützt werden. Andere EU-Staaten würden diese Möglichkeit nutzen. Sollte der Lockdown länger dauern sei auch eine Verlängerung der Kurzarbeit nötig. Das betreffe derzeit rund zwei Drittel der Brauerei-Arbeiter.
Diese stünden eigentlich schon in den Startlöchern, betont Menz. "Wenn es wieder losgeht, können wir die Fassproduktion innerhalb von 24 Stunden hochfahren. Die Mitarbeiter sind sicher auch froh, wenn wieder Fässer abgefüllt werden.
Roman Vilgut