Bei der Hygiene Austria, einem Joint Venture von Palmers und Lenzing, ist es jetzt wegen des Maskenskandals zum offenen Bruch zwischen den beiden Eigentümern gekommen. Der börsennotierte Faserhersteller Lenzing gab in einer Aussendung bekannt, dass mit sofortiger Wirkung die Nominierung des neuen Geschäftsführers von Hygiene Austria zurückgezogen wird, der bisherige Geschäftsführer wird abberufen.
Außerdem ist der Versuch, auf Basis der vertraglichen Vereinbarung mit Palmers, die operative Kontrolle von Hygiene Austria zu übernehmen, offenbar gescheitert: "Da wir keinen vollständigen Zugang zu wichtigen Unterlagen sowie verlässlicher Dokumentation erhalten haben, sieht sich Lenzing außer Stand, die operative Geschäftsführung im Interesse der Kunden der Hygiene Austria auszuüben und die beabsichtigte forensische Arbeit zur Aufarbeitung der Vorgänge umfassend und in der erforderlichen Qualität umzusetzen."
Unterlagen in den Räumlichkeiten von Palmers
Denn die dafür notwendigen Unterlagen "befinden sich zum größten Teil in den Räumen von Palmers, zu denen Lenzing weder Zutritt noch Zugriff bekommen hat". Trotz intensivstem Ressourceneinsatz seitens Lenzing, sei die dringend erforderliche rasche Aufklärung mit belastbaren Resultaten ebenso wenig möglich, "wie die tatsächliche Ausübung der Geschäftsführung. Lenzing sieht daher die Aufarbeitung der aktuellen Vorwürfe bei den zuständigen Behörden. Dabei wird Lenzing nach besten Kräften unterstützen."
"Versprechen Made in Austria nicht eingelöst"
Mit sofortiger Wirkung wird die Nominierung von Stephan Sielaff als Geschäftsführer der Hygiene Austria zurückgezogen und Stephan Trubrich wird als Geschäftsführer abberufen. Damit wurden beide Geschäftsführer, die Lenzing stellt, abberufen. Ein ehest baldig zu bestimmender Wirtschaftstreuhänder wird mit der Verwaltung der Lenzing-Anteile an Hygiene Austria betraut.
Im Vorstand der Lenzing AG wird künftig ausschließlich Stephan Sielaff für alle Agenden betreffend der Beteiligung an der Hygiene Austria zuständig sein. Sielaff wird alle Entscheidungen mit dem Aufsichtsrat abstimmen.
Das Projekt Hygiene Austria wurde, heißt es in der Aussendung von Lenzing, von Lenzing mit der tiefen Überzeugung mitgegründet, mit österreichischer Qualität einen wichtigen Beitrag zum Schutz der Bevölkerung in der größten Pandemie der letzten hundert Jahre leisten zu können. Das Versprechen "Made in Austria" wurde offensichtlich nicht durchgehend gewährleistet. Eine umfassende und schonungslose Aufklärung ist daher unabdingbar.
Konter von Palmers
"Zu keiner Zeit hat Palmers die Aufklärung der Untersuchung behindert oder Unterlagen zurückgehalten", hießt es in einem Palmers-Statement in Reaktion auf die Lenzing-Aussendung. Die Unterlagen seien im Rahmen der Hausdurchsuchung am 2. März den Behörden übergeben worden. Darüber hinaus seien alle Unterlagen immer auch den von Lenzing gestellten Geschäftsführern vorgelegen, "da immer nur beide Geschäftsführer wirksam für Hygiene Austria LP GmbH zeichnen konnten".
Übernahme von Anteilen?
Allerdings hätten Lenzing und Palmers vergangenes Wochenende über eine Übernahme der Lenzing-Anteile an der Hygiene Austria durch Palmers verhandelt. Die Verhandlungen seien derzeit noch nicht abgeschlossen, heißt es vom Unternehmen. Dem verbleibenden Hygiene Austria-Chef Tino Wieser sei es ein Anliegen "sämtliche Vorwürfe hinsichtlich der behaupteten Mängel" aufzuklären.