Zwei Feste im Jahr sind für den Handel mit Fahrrädern besonders wichtig: Weihnachten und Ostern. Bis dahin sind es vier Wochen, und wer Kindern zu diesem Anlass ein Fahrrad schenken möchte, ist hoffentlich eine Hasennasenlänge voraus.
Denn Fahrräder im Allgemeinen und Kinderräder im Speziellen sind aktuell ein begehrtes, jedoch rares Gut. Die österreichische Marke Woom, die sich in wenigen Jahren zum heimischen Marktführer emporgearbeitet hat (Anteil rund 35 Prozent), erklärt, „dass derzeit die extrem hohe Nachfrage nach unseren Rädern unser Angebot übersteigt“. Bestellen kann man schon, nur muss man einige Wochen Geduld aufbringen.
„Bis Ostern haben wir entlang der internationalen Lieferketten noch mit Engpässen unterschiedlicher Art zu kämpfen“, sagt Woom-Chef Guido Dohm, „ab April wird sich die Lage aber entspannen.“
Der Flaschenhals in Asien
Mit Corona kommen zwei Dinge zusammen: „Die Pandemie wirbelt die Lieferketten massiv durcheinander, sorgt aber zugleich für einen unvorhersehbaren Anstieg der Nachfrage“, sagt Dohm. Einkauf, Produktion, überfüllte Seehäfen und mangelnde Kapazität an See-Transporten seien ein Problem.
Der „größte Flaschenhals“ aber seien überlastete Kapazitäten der Komponentenhersteller: „Lieferzeiten für Schaltwerke zum Beispiel sind von 90 auf 600 Tage gestiegen.“ Da Woom die meisten Teile selbst entwickelt, „können wir nicht einfach in die Regale der Zulieferer greifen. Selbst die wären momentan leer.“
70 Prozent des Jahresumsatzes
Das bestätigt auch Georg David, zuständig für den Bereich Fahrräder bei Intersport: „Die Lieferketten sind derzeit ein Grundsatzproblem. Viele Teile für die Fahrräder kommen aus Fernost. Da wurde eine Zeit lang nicht viel produziert.“ Aktuell sei deshalb noch nicht das gesamte Sortiment verfügbar. David zeigt sich aber zuversichtlich, dass die Intersport-Geschäfte bis Ostern „gut bestückt sein werden“.
Schließlich werde vor allem im Bereich der Kinderfahrräder bis 18 Zoll 70 bis 80 Prozent des Jahresumsatzes bis Ostern erzielt. Bei den Jugendfahrträdern, sagt sein Kollege Stefan Dornetshuber, verteile sich der Umsatz mittlerweile über das gesamte Jahr.
Dominante Marken bei Intersport sind Genesis und KTM. Und von letzterer gebe es eine Innovation. Ein Rad, so Dornetshuber, bei dem der Vorderreifen größer ist, als der Hinterreifen. „Der Vorteil ist, dass man damit leichter über Hindernisse wie Gehsteigkanten fahren kann.“
Das Gewicht entscheidet
Dass aktuell nicht wie gewohnt das gesamte Sortiment an Kinder- und Jugendrädern zur Verfügung steht, bestätigen auch Gigasport und Hervis. „Eine schlechtere Lieferperformance stößt auf eine erhöhte Nachfrage der Kunden“, fasst Tobias Bachlechner, zuständig für den Einkauf bei Gigasport, zusammen. Spätestens im zweiten Quartal sollten aber auch die Räder nachgeliefert worden sein, die jetzt nicht zur Verfügung stehen, so Nicole Berkmann, Sprecherin von Hervis.
Auch bei Gigasport wird zwei Drittel des Umsatzes bei Kinderfahrrädern bis Ostern erzielt. „Wir haben ein breites Sortiment und setzen vor allem auf das Thema Leichtigkeit“, erklärt Bachlechner. Exzellent in dem Bereich sei auch die Marke Early Rider. Bei Hervis ist es die Marke Cygnus mit ihren Light Speed Rädern, die bei der Leichtigkeit punktet. Generell ein Boom seit einigen Jahren sind Laufräder.
Boom auch auf Willhaben
Weil aber das eine oder andere gewünschte Rad im Handel zum Teil nicht verfügbar ist, weichen viele auch auf Portale wie Willhaben aus. Dort schlägt sich der Boom ebenfalls nieder. Im Februar waren um ein Drittel mehr Kinderräder inseriert als ein Jahr davor. Stand jetzt, sind mehr als 12.000 Stück online (2020 zählte die Plattform österreichweit mehr als acht Millionen Suchen nach Kinderrädern), am beliebtesten sind auch hier Woom, Cube und Puky. Allerdings erzielen Gebrauchträder der beliebtesten Marken fast Neupreise, teilweise sogar darüber.
Neu ist der Engpass auf dem Markt nicht. Woom kämpft seit vorigem Sommer mit langen Lieferzeiten, auch, weil man von der Produktion in Asien abhängig ist. Einen Teil der Fertigung holte Woom Anfang des Jahres nach Polen. Ziel ist es, alle Räder für den europäischen Markt in Europa herzustellen.