Wenn die Coronakrise nicht auch im eigenen Konzern viele personelle Opfer durch Stellenabbau gefordert hätte und die Auftragsbücher etwas voller wären, könnten die Anlagenbauer der Andritz AG das Jahr 2020 als Rekordjahr feiern. Und wenn Andritz-Chef Wolfgang Leitner von einem „respektablen Ergebnis in einem nicht ganz einfachen Jahr“ spricht, heißt das, der Konzern hat dank des Booms bei Anlagen für Papier- und Zellstofffabriken sogar den Umsatzrekord aus dem Vorjahr minimal übertroffen. Der Gewinn war nach dem schlechten Ergebnis 2019 sogar sehr viel besser. Die Aktionäre dürfte es freuen. Denn die Dividende wird auf einen Euro verdoppelt.
„Warum ist das überhaupt möglich?“, nimmt Leitner diese Frage gleich vorweg: „Weil wir als Gemeinschaft aller Mitarbeiter viel Unbill in Kauf genommen haben.“ So mussten Arbeiter, um auf Baustellen etwa in China oder Brasilien zu dürfen, erst einmal wochenlang in Quarantäne.
Als vor genau einem Jahr die Wucht der Pandemie in Europa angekommen war, hatte Leitner erzählt, dass der Konzern schon über große Mengen Masken verfüge, um an allen Standorten die Werke weiterlaufen lassen zu können. Nicht nur das ist gelungen. Bis zum Jahresende hat der Konzern selbst weltweit 30 Produktionsstraßen für Masken verkauft und die Produktion für den Eigenbedarf gesichert. Den Prototyp dafür lieferte die italienische Tochter Diatec, die bis dahin unter anderem Windeln produzierte.
Auf vier völlig unterschiedlichen Standbeinen zu stehen und mit jedem weltweit zu den Marktführern zu gehören, hat sich für die Grazer als hochgradig krisenfest bewährt. So ist zwar im Moment die Sparte Metals leicht in den roten Zahlen. Aber auf der anderen Seite entwickeln sich die Sparten Pulp & Paper sowie Separation so gut, dass sie auch 2021 starke Ertragssäulen sein werden. Das Pandemiejahr 2020 wurde für zahlreiche Umstrukturierungen genutzt, von denen auch der steirische Standort Weiz betroffen war. Weitere Restrukturierungen seien nicht geplant, versichert der Andritz-Chef. Knapp 200 Stellen der vormals 3700 Stellen wurden in Österreich gestrichen. In der Wasserkraftwerkssparte Hydro, die vor einigen Jahren noch deutlich mehr Aufträge in den Büchern hatte, wurden Kapazitäten reduziert und Unternehmen zusammengelegt.
Stärkste Personaleinschnitte bei Schuler
Insgesamt 2000 Stellen kappte Andritz weltweit, der Personalstand liegt jetzt bei 27.230 Mitarbeitern. Schuler traf es am härtesten: 780 Mitarbeiter wurden bei dem stark von der Automobilindustrie abhängigen Hersteller von Großpressen für Karosseriebleche abgebaut. Das süddeutsche Unternehmen hatte mit der Krise der Autobauer und einer schwachen Stahlkonjunktur zu kämpfen. Inzwischen habe man einen großen Schritt in die Elektromobilität geschafft, die Kostenstrukturen sowie die globale Präsenz massiv verbessert. In zwei bis drei Jahren soll Schuler wieder hochprofitabel sein.
Die Auftragseingänge sind deutlich zurückgegangen, was teils daran liegt, dass 2019 besonders große Aufträge an Land gezogen worden waren. Auch deshalb ist der Andritz-Vorstand für heuer vorsichtig. Eine wesentliche Rolle bei der Erholung der Weltwirtschaft werde China spielen, sagt Leitner. „China boomt seit einigen Monaten.“
Claudia Haase