Mit der Auskunft eines Ex-Aufsichtsrates gingen am Donnerstagabend die Befragungen im U-Ausschuss zur Commerzialbank Mattersburg (Cb) zu Ende. Insgesamt liegen damit sechs Monate mit 21 Sitzungstagen, an denen 63 Auskunftspersonen und ein Sachverständiger befragt wurden, hinter den Abgeordneten, bilanzierte Landtagspräsidentin Verena Dunst (SPÖ) in einer Aussendung. Jetzt stehen noch zwei Arbeitssitzungen am Programm. Am 6. April soll der Abschlussbericht vorgelegt werden.
Dunst hob positiv hervor, dass "100 Prozent der geladenen Auskunftspersonen erschienen" seien und die Zusammenarbeit - auch mit allen Fraktionen - über weite Strecken gut funktioniert habe. Am 4. März endet die Beweisaufnahme. In einer Sitzung am 24. März sollen noch die restlichen Protokolle der Befragungen von Auskunftspersonen behandelt werden.
Binnen eines Monats wird Verfahrensrichter Walter Pilgermair seinen schriftlichen Abschlussbericht erstellen, der am 6. April zur Beschlussfassungvorgelegt werden und danach dem Landtag zugeleitet werden soll. "Damit endet laut Verfahrensordnung die Tätigkeit des Commerzialbank-Untersuchungsausschusses", erläuterte Dunst.
Goldplättchen und Silber als Geburtstagsgeschenke
Die letzte Befragung am Donnerstag fiel durchaus spannend und emotional aus. Dabei ist ein ehemaliger Stellvertreter des Aufsichtsratsvorsitzenden befragt worden. Der Mann gab an, dass die Prüfer immer ein 1A-Zeugnis ausgestellt hätten und er nie daran gezweifelt habe. Er selbst sei Geschädigter der Bankpleite und zeigte sich "fassungslos".
Von der Bankschließung habe er aus den Medien am 15. Juli 2020 erfahren, Ex-Bankchef Martin Pucher habe ihn nicht über seine Selbstanzeige informiert. Geschenke habe es gegeben, bestätigte die Auskunftsperson. Er selbst habe zum 70er ein Goldplättchen und zum 60. Geburtstag Silber bekommen.
"Prüfer stellten 1A-Zeugnis aus"
Unregelmäßigkeiten in der Bank sind ihm nie aufgefallen: "Die Prüforgane, die wochenlang geprüft haben, haben uns immer ein Zeugnis gegeben mit 1A und ich habe nie gezweifelt, dass das nicht stimmen könnte."
Für die Ausübung der Funktion habe er "anfangs sehr wenig", später 1500 Euro im Monat bekommen. Über eine einschlägige Bankausbildung verfügte der Landwirt nicht, meinte aber, er habe die Anforderungen "nach bestem Wissen und Gewissen" erfüllt. Eine Bilanz könne er jedenfalls lesen, da auch sein Betrieb doppelte Buchführung gemacht habe. Sponsorings wurden im Aufsichtsrat schon besprochen, meinte die Auskunftsperson: "Aber Pucher sagte, das können wir uns leisten."
"Habe das nie gesehen und nie gelesen"
Die Grünen legten ein kritisches Papier von Nationalbank-Prüfern aus dem Jahr 2015 vor, in dem unter anderem das Kreditrisikomanagement bemängelt wird. Der frühere Stellvertreter des Aufsichtsratsvorsitzenden erklärte dazu: "Ich habe das nie gesehen und nie gelesen. Die Prüfer haben das in der Hauptversammlung vorgetragen." In der darauffolgenden Aufsichtsratssitzung habe Pucher erklärt, dass die bemängelten Punkte bereinigt worden seien. Geprüft habe man das nicht.
"Durch Bankpleite seelisch und finanziell geschädigt"
Im Anschluss wurde ein zweiter ehemaliger Aufsichtsrat befragt, der ebenfalls angab, dass er nie etwas von einer Schieflage der Bank mitbekommen habe. Er sei selbst durch die Bankenpleite "seelisch und finanziell" geschädigt. Eigentlich habe er schon lange als Mitglied des Aufsichtsrates aufhören wollen, Pucher habe ihn aber immer überredet, doch noch ein bisschen zu bleiben. Grünen-Landtagsabgeordneter Wolfgang Spitzmüller meinte dazu: "Aus dem Aufsichtsrat sind nur Leute rausgegangen, weil sie verstorben sind, habe ich den Eindruck." Ja, sagte der Aufsichtsrat, aber er kenne schon jemanden, der aufgehört habe - "wie er das geschafft hat, weiß ich nicht".
Abseits der Commerzialbank habe er zu Pucher keinen persönlichen Kontakt gehabt. Zum 80er habe er ein Goldplättchen bekommen, erzählte der Aufsichtsrat. Wenn er gefragt habe, warum die Bank bestimmte Dinge mache, habe Pucher immer geantwortet: "Derweil wir es uns leisten können, machen wir es." Im Nachhinein finde er jetzt manches bedenklich, damals habe er das aber nicht so gesehen.
Verfahrensrichter Walter Pilgermair wollte wissen, ob er auch bei der Eigentümer-Genossenschaft eine Funktion hatte, was die Auskunftsperson verneinte. In einem Revisionsbericht des Wirtschaftsprüfers TPA werde anderes behauptet - "hier scheinen Sie als Mitglied des Aufsichtsrates auf", sagte Pilgermair. Er wisse davon jedenfalls nichts, sagte der ehemalige Aufsichtsrat der Bank. Zuvor hatte auch der frühere Stellvertreter des Aufsichtsratsvorsitzenden, der im Bericht als Aufsichtsratsvorsitzender der Genossenschaft geführt wird, angegeben, nie in der Genossenschaft tätig gewesen zu sein.
"Eine römische Eins, einen Persilschein" erhalten
Auch ein weiterer geladener ehemaliger Aufsichtsrat, die letzte Auskunftsperson des Ausschusses, erklärte, die Prüfer hätten der Bank eine "römische Eins, einen Persilschein" ausgestellt und alles für "wunderbar" gehalten. Der Mann gab weiters an, zum 50. Geburtstag selbst ein Goldplättchen bekommen zu haben. "Zum 50er schon? Na schön", stellte dazu Verfahrensrichter Pilgermair fest. Ob auch die Bürgermeister der Gemeinden mit Cb-Filiale etwas bekommen haben, konnte er nicht sagen. In der Zeit als Aufsichtsrat habe er Schulungen absolviert und Unterlagen bekommen, aber: "Das war schon viel." Wirklich besser ausgekannt habe er sich hinterher nicht, gestand der Mann ein. Kurz vor 18 Uhr war die letzte Befragung und somit der letzte Befragungstag des U-Ausschusses beendet.
"Kurier": Höherer Schaden für Sozialbau AG
Der "Kurier" berichtete am Donnerstag in einer Vorabmeldung unterdessen, dass der tatsächliche Schaden durch die Cb-Pleite für den Verbund der Sozialbau AG mit Sitz in Wien weit mehr als die bisher bekannten 30 Millionen Euro, nämlich über 70 Millionen Euro, betragen dürfte. Neben den zwei Unternehmen "Neuland" und "EGW Heimstätte" aus dem Verbund haben fünf weitere in der Commerzialbank Gelder angelegt. Es sind dies demnach die "Volksbau" mit 23,8 Mio. Millionen, "Wohnbau" (7,7 Millionen Euro), "Familie" (3,8 Millionen Euro), "Vindobona" (3,7 Millionen Euro) und die "Eisenhof" (2,9 Millionen Euro). Dies ergebe mit den bereits bekannten 30 Millionen Euro eine Gesamtsumme von mehr als 70 Millionen Euro. Die Bank habe zum damaligen Zeitpunkt zu den wenigen gehört, bei denen man noch Veranlagungen mit positiven Zinsen habe tätigen können, begründet Bernd Rießland, kaufmännischer Direktor der Sozialbau AG, gegenüber dem "Kurier" das Vorgehen. Auch habe man auf die Prüfinstanzen der Republik vertraut und die Cb habe keinerlei Auffälligkeiten gezeigt. Keines der Unternehmen sei durch die Pleite der Bank gefährdet.