Wenn nicht gerade eine Pandemie ihr Unwesen in der Stadt treibt, findet am Donaukanal rund um den Schwedenplatz das pulsierende Nachtleben Wiens statt. Zum Freizeit- und Erholungsraum entwickelte sich die Gegend erst in den letzten Jahren.
Wesentlich länger ist die Geschichte der Nächtigungsbetriebe in Wien, die ihren Anfang am anderen Ende der Schwedenbrücke in der Taborstraße nimmt. Am 8. Juli 1600 wird hier in einem Grundbucheintrag erstmals ein sogenannter “Gastgeb” erwähnt. Auch 421 Jahre später ist der Geschäftszweck an der Taborstraße 12 derselbe. Hier steht das Hotel Stefanie, das älteste Hotel Wiens.
“Geschlossen war es nur ein einziges Mal, und das nur über wenige Wochen im Zweiten Weltkrieg”, erzählt Geschäftsführer Peter Buocz. Dann kam Corona und die Stadt stand still. Vergangenen Montag konnte das Stefanie immerhin für Geschäftsreisende wieder öffnen. Von 111 Zimmern sind derzeit maximal 15 am Tag belegt. “Natürlich hat das Hotel in seinen über 400 Jahren einiges miterlebt. Als wirtschaftliche Krise gab es aber kaum etwas Größeres”, sagt Buocz.
Auch wenn die finanziellen Hilfen mittlerweile recht schnell ankommen, geht einigen Betrieben in der Branche langsam die Luft aus. 40 Prozent der Wiener Hotels gaben jüngst in einer Umfrage der Österreichischen Hoteliervereinigung an, Angst davor zu haben, die nächsten sechs Monate nicht zu überleben.
Die Schick-Gruppe, zu denen neben dem Hotel Stefanie vier weitere Hotels und drei Restaurants gehören, wird die Krise wohl bewältigen können. Aber nicht ohne Aderlass. Im Oktober mussten trotz Kurzarbeit an die 80 der rund 170 Mitarbeiter gekündigt werden. Dass man die Krise überleben wird, liege daran, dass alle Immobilien zu hundert Prozent in Privatbesitz sind, dazu hatte man zuletzt sehr gute Jahre, erklärt Buocz. “Aber die meisten Hotels in der Stadt sind Miet- oder Pachtbetriebe. Dass es viele nicht schaffen werden, ist evident.”
Von finanzieller Hilfe könne mittlerweile gar nicht mehr die Rede sein, sagt der langjährige Hotelier. Es gehe schlicht und ergreifend um die Aufrechterhaltung des Systems. “Alleine welche Zulieferer wie Bäcker oder Wäschereien von uns abhängig sind. Dazu leistet die Branche auch einen wichtigen Beitrag zur Integration. Wir bieten sehr viele niederschwellige Jobs an, die nicht digitalisierbar sind. Ein Zimmer kann man eben nicht digital säubern. Diese Arbeitsplätze fehlen momentan. Hinten und vorne”, so Buocz.
Auch in diesem Jahr wird das Ostergeschäft ausbleiben, für den Sommer bleibt der Geschäftsführer der Schick Gruppe aber vorsichtig optimistisch: “In Kombination mit der Impfung wird im Laufe des Jahres eine leichte Erholung stattfinden.” Abhängig ist man aber nicht nur von der Entwicklung der Pandemie in Österreich. Über 30 Prozent der Gäste in den Hotels der Schick-Gruppe kommen aus Deutschland. Angebote an die heimische Bevölkerung, wie die Plattform “Erlebe deine Hauptstadt”, seien zwar eine gute Idee.
“Mit diesem Nationalismus und der Ansage: ‘Stärke deine eigene Wirtschaft’ kann ich als Österreicher im Tourismus aber nicht viel anfangen. Nur mit Österreichern können wir unsere Hotels nicht einmal annähernd füllen. Wir leben in einem Europa, das zusammengewachsen ist. Gerade wir brauchen Touristen aus anderen Ländern.”
Andreas Terler