Das Grazer Start-up Micardo betreibt seit 2018 eine Online-Vergleichsplattform für den Gebrauchtwagenmarkt. Daraus entstand – eher zufällig – bereits ein halbes Jahr später ein weiterer Geschäftszweig, der aktuell für enormes Wachstum sorgt.
Automatisch und mittels Künstlicher Intelligenz (KI) werden die Fahrzeuge auf den Fotos freigestellt und in einen passenden Hintergrund platziert (etwa in einen virtuellen Schauraum des Händlers), sodass störende Hintergründe wegfallen und der Verkaufsgegenstand zugleich inszeniert wird. Carcutter nennt sich die Entwicklung. „Es sind Bilder, die sich im Internet verkaufen, nicht Produkte“, lautet die provokante Ansage auf der Carcutter-Website.
„Wir haben bemerkt, dass Autoinserate ohne Bilder keine Zugriffe generieren, doch dass sie umso mehr potenzielle Interessenten anklicken, umso professioneller die Fotos sind“, erklärt Micardo-Mitgründer Stefan Fedl. Fahrzeughändler wissen das und betreiben mitunter großen Aufwand für die Bilder.
In wenigen Sekunden
Hier kommt Carcutter ins Spiel: Das selbst entwickelte KI-Werkzeug erledigt den Austausch des Hintergrunds binnen Sekunden. Bei der Anwendung bzw. beim Fotografieren hilft eine App.
Wie die App funktioniert, zeigt dieses Video:
„Das ist unser großer Vorteil. Wir sparen viel Zeit und Kosten“, sagt Fedl. Im Schnitt zahlen Händler fünf Euro je Auto. Das Service beginnt ab 2,59 Euro, wäre auch für Privatverkäufer leistbar, werde von diesen bis jetzt aber kaum genutzt.
Großauftrag aus den USA
Von Händlern umso mehr. „Stark sind wir in Deutschland und der Schweiz, in Österreich hinkt der Markt ein wenig hinterher.“ Sogar einer der größten Händler der USA fixierte Ende 2020 einen Jahresauftrag. Vor zwei Wochen registrierte Fedl den zugriffsstärksten Tag in der jungen Geschichte von Carcutter – da gingen auf einmal 100.000 Bilder über die Plattform. „Ein guter Durchschnittswert sind 20.000 Bilder von 2000 bis 3000 Autos pro Tag“, so Fedl. Der aktuelle Jahresumsatz ist im Millionenbereich – obwohl einige vielversprechende Märkte bis jetzt noch brach liegen.
Der Markt sei sehr umkämpft, sagt Fedl und sieht Carcutter technologisch und mengenmäßig als Marktführer. Die wichtigsten Mitbewerber kommen aus Wien (Remove) und Berlin, überraschenderweise nicht aus den USA oder Asien. „Es wirkt, als wäre das Thema dort noch nicht so wichtig“, meint Fedl. 2021 werde die Zahl der Mitarbeiter in Graz auf 20 wachsen. In Slowenien arbeiten zwei Beschäftigte, in Bangladesch 40. „Das ist eine wertschätzende Partnerschaft, in der wir beide wachsen“, betont Fedl. Einzige Sorge des Gründertrios mit Patrick Schwarzenberger und Florian König ist derzeit, dass der Automarkt große Rückgänge verzeichnet.