Die deutschen Spediteure warnen wegen der beschlossenen Kontrollen und Coronatest-Pflicht an mehreren Grenzen zu Nachbarstaaten vor Liefer-Engpässen. "Wir sind stinkesauer", sagte der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes Güterverkehr und Logistik (BGL), Dirk Engelhardt, am Freitag. Der Bund habe Kontrollen und Pflicht-Tests für Lkw-Fahrer ohne eine praktikable Strategie beschlossen.
"Wer ohne Ausnahme für den Güterverkehr negative Corona-Tests vor der Einreise fordert, muss auch dazu sagen, wo man diese Tests machen kann", forderte Engelhardt. "Anderenfalls bleiben nicht nur viele Supermarkt-Regale leer, weil uns die Lkw-Fahrer fehlen, sondern die Laufbänder vor allem auch in der Automobilindustrie stehen still, weil sie nicht mehr beliefert werden können."
Engelhardt verlangte Testzentren an den Grenzen oder eine Akzeptanz von Schnelltests ohne ärztliche Bescheinigung. Die Bundesregierung verwies bei den Testzentren auf die Verantwortung der Bundesländer. Sachsen und Bayern reagierten auf eine Reuters-Anfrage zunächst nicht. Ministerpräsident Markus Söder sprach jedoch von "praxisnahen Lösungen" für Berufspendler.
Ausnahmen gefordert
Wegen der Virus-Mutanten hatte Deutschland verschärfte Kontrollen und Pflichttests an den Grenzen zu Tschechien und dem österreichischen Tirol beschlossen, die am Sonntag in Kraft treten. Auch die Slowakei wird als Mutations-Gebiet eingestuft. Im Gespräch ist dies auch im Grenzgebiet zu Frankreich. An den Beratungen waren zwar Innen-, Gesundheits- und Außenministerium beteiligt. Das Verkehrsministerium jedoch nicht. Es wollte sich am Freitag auch nicht zu der Entscheidung äußern. Um die Lieferketten aufrecht zu erhalten, brauchten Lkw-Fahrer bislang keinen Test, solange sie sich nicht länger als 72 Stunden in einem Land aufhalten. Der Sprecher des federführenden Bundes-Innenministerium erklärte, man werde jetzt mit den Ressorts über Ausnahmeregelungen verhandeln. Dort gebe es unterschiedliche Interessenlagen, räumte er ein. Mögliche Ausnahmen würden jedoch "eng begrenzt" sein. Die Tests gelten als Kern des Beschlusses.
Als Frankreich wegen der Virus-Mutationen in Großbritannien eine Testpflicht im vergangenen Jahr verhängte, führte dies zunächst zu Chaos am Ärmelkanal. Inzwischen gibt es dort aber Testzentren, die laut BGL einen ärztlich bestätigten Test innerhalb weniger Minuten möglich machen.
Nach Angaben von BGL-Hauptgeschäftsführer Engelhardt wäre es am besten, die Fahrer in ihren gut isolierten Fahrerhäusern von der Testpflicht auszunehmen. Auch die EU fordere die Aufrechterhaltung der Lieferketten über sogenannte Green Lanes. Für die Unternehmen sei es derzeit auch schwierig, Berufspendler etwa aus Tschechien auf den Lkw einzusetzen.