Bei mir ist das Lager voll mit brandneuen Leihski, die noch nie den Schnee gesehen haben.“ Bernhard Plank, Geschäftsführer der Skilifte auf der Grebenzen im Grenzgebiet zwischen der Steiermark und Kärnten, betreibt direkt bei der Talstation auch ein kleines Sportartikelgeschäft. Der dort angebotene Skiverleih sei in dieser von den Corona-Maßnahmen geprägten Wintersaison auf ein Zehntel des Normalniveaus eingebrochen, zieht Plank eine ernüchternde Bilanz.
Sie steht beispielgebend für die gesamte Branche: Trotz geöffneter Skigebiete hat Corona im Sporthandel und in der Skiindustrie tiefe Spuren hinterlassen. So muss Wolfgang Mayrhofer, Branchensprecher und Chef von Atomic in Altenmarkt, seine Prognose vom Herbst nach unten revidieren. Damals sprach er von minus 20 Prozent, die die Skihersteller im Vergleich zu 2019 an den Handel ausgeliefert hatten. „Es werden wohl minus 30 Prozent und mehr werden“, sagt er jetzt im Gespräch mit der Kleinen Zeitung. „Der Winter findet heuer faktisch nicht statt“, resümiert Mayrhofer: „Der Markt existiert nicht.“
Das Minus kommt im Parallelschwung daher. Sowohl der Einzelverkauf über den Handel als auch das Verleihgeschäft – das die Hälfte des Absatzes von in Normaljahren 350.000 Paar Ski in Österreich ausmacht – sind ausgetrocknet. Betroffen ist vor allem der Westen, wo der Umsatz zu 90 Prozent von ausländischen Touristen gestützt wird.
Gedämpft wird der Absturz aber ebenfalls von zwei Seiten. Einerseits boomt das Segment Tourenski. „Es ist jünger und moderner geworden und ein kleiner Rettungsanker“, bestätigt Thorsten Steiner von Blizzard. Teilweise wurden sogar schon Modelle aus der neuen Kollektion vorgezogen.
Andererseits spürt man global – und jeder zweite Ski weltweit ist von einer österreichischen Marke – nicht überall etwas von einer Corona-Depression. „In den USA und Kanada wurden unsere Erwartungen sogar übertroffen“, sagt Steiner. Blizzard stellt dort bei Damen und Herren das meistverkaufte Modell. Gefertigt wird es im Werk in Mittersill.
Hauptproduktionszeit der Branche ist im Sommer und Herbst, wenn die Bestellungen des Handels abgearbeitet werden. Die großen Marken setzen dabei alle auf ähnliche Set-ups: Die höherwertigen Modelle werden in Österreich produziert, die Massenware in Werken in Osteuropa (Bulgarien, Rumänien, Ukraine).
"Höchstmaß an Flexibilität gefordert"
Aufgrund der unsicheren Aussichten blieben vor dem Sommer die georderten Mengen für die laufende Saison verhalten. Die Hersteller stellten auf Kurzarbeit um. Bei Blizzard wurde aufgrund der geringeren Produktionsmengen zudem die traditionelle Weihnachtspause vorgezogen und etwas verlängert. Mittlerweile arbeite man wöchentlich an neuen Szenarien, um auf sich verändernde Rahmenbedingungen reagieren zu können, sagt Steiner. „Von uns ist ein Höchstmaß an Flexibilität gefordert“, ergänzt Mayrhofer.
Und wie weiter? „Durch 2020 war es möglich durchzutauchen, 2021 wird die wirkliche Herausforderung“, glaubt Steiner. Spannend werden vor allem die nächsten Wochen. Im April beginnen traditionell die Gespräche mit dem Handel für die kommende Saison. „Es kann nur nach oben gehen“, hofft Mayrhofer – der zwar überzeugt ist, „dass der Markt zurückkommt“, aber zunächst anhaltend verhaltene Vorbestellungen aus dem Handel erwartet.
Bei den Herstellern hat man reagiert, hat die Palette an Neuerscheinungen bei Ski und Skischuhen verkleinert und auf reine Designneuerungen meist überhaupt verzichtet. Damit will man Druck aus dem Handel nehmen, erklärt Alberto Zanatta, Präsident der Tecnica Group (Blizzard, Tecnica, Nordica). „So sind Produkte, die noch in den Lagern liegen, im nächsten Winter auch noch aktuell.“
Im Handel selbst versuchte man, während des harten Lockdowns mit mehr Online-Geschäft und Click & Collect etwas gegen die Ausfälle gegenzusteuern. „Abfedern können diese Modelle den Umsatzverlust des stationären Handels auf keinen Fall“, relativiert der Präsident des Verbands der Sportartikelerzeuger und Sportausrüster, Gernot Kellermayr. In den letzten Jahren ist der Onlineanteil in der Sportartikelbranche nur langsam gewachsen, hat sich bei etwa 15 bis 20 Prozent eingependelt. Auch während der Pandemie hat es nur einen Zuwachs im einstelligen Prozentbereich gegeben.
Klaus Höfler