Die Aussichten für die heimische Wirtschaft haben sich weiter verschlechtert. Die EU-Kommission hat ihre Prognose für das Vorjahr und heuer gesenkt. Für 2020 rechnet die Brüsseler Behörde nun mit einem Einbruch des Bruttoinlandproduktes von 7,4 Prozent, das ist um 0,3 Prozentpunkte schlechter als noch im November angenommen und deutlich schlechter als der EU-Schnitt. Für 2021 hat sie die Wachstumserwartungen gegenüber der Herbstprognose von 4,1 auf 2 Prozent halbiert.
Erst 2022 dürfte ein starker Aufschwung kommen: Für 2022 geht die EU-Kommission von 5,1 Prozent Wachstum für Österreich aus, im November prognostizierte die EU-Behörde nur ein Wachstum von 2,5 Prozent. Die Eurozone dürfte der Brüsseler Prognose zufolge heuer um 6,8 Prozent schrumpfen, 2021 und 2022 um jeweils 3,8 Prozent wachsen. In der gesamten EU werde das BIP voraussichtlich heuer um 6,3 Prozent sinken und dann um 3,7 bzw. 3,9 Prozent zulegen.
"Österreichs Wirtschaft ist stark betroffen von der COVID-19-Pandemie und den damit einhergehenden Maßnahmen", heißt es im Bericht der EU-Kommission. Das Land habe "im ersten Halbjahr die tiefste Rezession seit dem Zweiten Weltkrieg" erfahren. Durch die Lockerung der Maßnahmen in den Sommermonaten konnte sich demnach die österreichische Wirtschaft leicht erholen. Die zweite Welle der Pandemie habe jedoch einen erneuten Rückgang des BIPs ausgelöst - hauptsächlich verursacht durch einen Einbruch des privaten Konsums und bei touristischen Dienstleistungen, so die EU-Behörde.
Gedämpfter privater Konsum
Durch den Lockdown im ersten Quartal 2021 wird das BIP nach Angaben der EU-Kommission ein weiteres Minus von 1,4 Prozent verzeichnen. Der private Konsum werde voraussichtlich gedämpft bleiben, der Wintertourismus unter anderem durch die Reisbeschränkungen zur Schließung gezwungen sein. Ein Vorkrisenniveau sei erst gegen Ende 2022 zu erwarten.
Trotz des wirtschaftlichen Rückgangs und einem starken Rückgang bei den Energiepreisen ging die Inflation nach Berechnung der Brüsseler Behörde im Jahr 2020 nur geringfügig auf 1,4 Prozent zurück. Der Anstieg der Ölpreise im Vergleich zum Vorjahr wird voraussichtlich die Inflation 2021 auf 1,7 Prozent steigern. Auch 2022 prognostiziert die EU-Kommission eine Teuerungsrate bei 1,7 Prozent.
Verzögerungen bei den Impfkampagnen belasten
Im Zuge von Verzögerungen bei den Impfkampagnen in Mitgliedsländern könne sich die konjunkturelle Erholung im gesamten EU-Raum verzögern und die Dauer von Lockdowns in die Länge ziehen, erklärte die Kommission am Donnerstag in Brüssel zur Begründung. Sie erwartet, dass die Wirtschaft der Eurozone im laufenden ersten Quartal schrumpft. Im Frühjahr soll sie dann anspringen und im Sommer mehr Schwung aufnehmen, wenn die Impfkampagnen ins Rollen kommen.
In ihrer jetzt vorgestellten Winterprognose senkt die Kommission die Schätzung für 2021 und erwartet zugleich für 2022 ein höheres Wachstum als noch im vorigen Herbst angenommen. Heuer dürfte es demnach im Euroraum beim Bruttoinlandsprodukt (BIP) nur einen Anstieg von 3,8 Prozent geben, in der gesamten EU ein Plus von 3,7 Prozent. Im November hatte die EU-Kommission für die Euroländer noch plus 4,2 Prozent veranschlagt.
Der Blick auf 2022 fällt dafür optimistischer aus: Brüssel prognostiziert nun plus 3,8 Prozent, im Herbst hatte sie nur einen Zuwachs von 3,0 Prozent auf dem Zettel.
Mit Blick auf die Entwicklung der deutschen Wirtschaft ist Brüssel mit einer Prognose von einem BIP-Plus von 3,2 Prozent für 2021 etwas optimistischer als die deutsche Regierung, die plus 3,0 Prozent vorhersagt. 2022 soll die deutsche Wirtschaft dann laut EU-Kommission um 3,1 Prozent wachsen. Höher dürfte 2022 das Wachstum in Frankreich ausfallen, dem die Kommission ein BIP-Plus von 4,4 Prozent vorhersagt, nach einem geschätzten Zuwachs von 5,5 Prozent im laufenden Jahr.
Optimistischer blickt Brüssel auf die Wirtschaft in Spanien, die nach dem historischen Konjunktureinbruch im vergangenen Jahr von minus 11 Prozent 2021 um 5,6 Prozent und 2022 um 5,3 Prozent zulegen soll. Auch Italien wird demnach wieder in die Wachstumsspur finden: Die Kommission sagt nach einem Minus von 8,8 Prozent 2020 für 2021 ein Plus von 3,4 Prozent voraus.
Für 2020 hatte die EU-Kommission im November noch angenommen, dass die Wirtschaft in den 19 Staaten der Eurozone 2020 um 7,8 Prozent schrumpfen würde und in den 27 EU-Staaten insgesamt um 7,4 Prozent. Tatsächlich kam es etwas weniger schlimm. Nach ersten Schätzungen der Statistikbehörde Eurostat ging das Bruttoinlandsprodukt in der Eurozone 2020 um 6,8 Prozent zurück, in der EU insgesamt um 6,4 Prozent. Der historische Einbruch wegen der Pandemie wurde damals also etwas größer eingeschätzt, das erwartete Wachstum für heuer aber auch.