Die Coronakrise hat den österreichischen Einzelhandel im vergangenen Jahr zweigeteilt. Führten Lockdown, Homeoffice und geschlossene Restaurants dazu, dass die Menschen deutlich mehr im Supermarkt einkauften oder online bestellten, hatten die Maßnahmen in anderen Branchen des Handels genau den gegenteiligen Effekt. Kleidung oder Schuhe blieben wie Blei in den Regalen liegen.
Während der Lebensmittelhandel im vergangenen Jahr reale Umsatzzuwächse von 7,0 Prozent erzielte, sind die Erlöse im Handel abseits der Grundversorgung im Schnitt um 3,9 Prozent eingebrochen. Besonders schwer traf es den Bekleidungs- und Schuhhandel mit realen Umsatzrückgängen von durchschnittlich mehr als einem Fünftel (22,4 Prozent), geht aus vorläufigen Daten der Statistik Austria von Donnerstag hervor.
Onlinehandel als Gewinner
Zu den Gewinnern zählte neben dem Lebensmittelhandel auch der Versand- und Internet-Einzelhandel mit realen Umsatzzuwächsen von fast 17 Prozent. Auch Möbel, Heimwerkerbedarf und Elektrowaren waren im Gesamtjahr 2020 sehr gefragt, sodass die Geschäfte im Schnitt (real) etwa 4 Prozent mehr umsetzten. In Apotheken sowie im Kosmetikhandel gingen die Umsätze in diesem Zeitraum leicht um 1,8 Prozent zurück. Sportartikelhändler oder Buchgeschäfte, die die Statistik im "sonstigen Einzelhandel" zusammenfasst, mussten ebenfalls reale Umsatzrückgänge von 4,8 Prozent hinnehmen.
Das Jahr 2020 wies zwar mit 303 Verkaufstagen einen Einkaufstag mehr auf als das Vorjahr, branchenabhängig verringerte sich jedoch die Zahl der Verkaufstage aufgrund der Corona-Maßnahmen um bis zu 73 Einkaufstage, so die Statistik Austria.
Alles zusammengerechnet erzielten die österreichischen Einzelhandelsunternehmen (ohne Kfz-Handel; inkl. Tankstellen) im vergangenen Jahr eine nominelle Umsatzsteigerung von 0,1 Prozent. Unter Berücksichtigung der Preisentwicklung wurde ein Rückgang im Absatzvolumen von 0,3 Prozent verzeichnet. Im Monat Dezember lag das Umsatzplus nominell bei 0,9 Prozent. Inflationsbereinigt (real) ergab sich ein leichtes Absatzplus von 0,8 Prozent.
Nach sechs Wochen staatlich verordneter Schließungen machen die Geschäfte am kommenden Montag wieder auf. Ein "verfrühtes Frühlingserwachen" sieht Ernst Gittenberger vom Institut für Handel, Absatz und Marketing der Johannes Kepler Universität Linz (JKU) aber nicht auf die stationären Händler zukommen. Geschlossene Gastronomie und Maskentragepflicht würden sich negativ auf Kauferlebnis, Verweildauer und Ausgaben auswirken, so der Handelsexperte. Zudem würden die hohe Sparquote, hohe Arbeitslosigkeit und die allgemeine Verunsicherung der Konsumenten eher dagegen sprechen. Als Treiber sieht er aber die zu erwartenden hohen Rabatte, zumal die Händler ihre Läger leeren müssen.
Rainer Will vom Handelsverband appelliert an die Politik, die Geschäfte nachhaltig offen zu lassen, "wir sind kein Corona-Hotspot". Allein im Handel seien die Arbeitslosenzahlen im Vorjahr coronabedingt um ein Drittel angestiegen. 10.000 Handelsunternehmen seien de facto zahlungsunfähig, 100.000 Jobs in der Branche würden wackeln, so Will am Donnerstag in einer Aussendung. Selbst wenn die Geschäfte nun am 8. Februar wieder aufmachen, rechnet der Handelsverband mit wöchentlichen Umsatzeinbußen von rund 250 Mio. Euro. Nur ein Teil der Umsatzverluste könne nachgeholt werden, vieles verlagere sich in den Onlinehandel oder sei überhaupt verloren.