"Shadow“ nennt man bei Amazon den Posten des „technischen Assistenten“ von Gründer Jeff Bezos. Ein „Schatten“, der den Big Boss auf Schritt und Tritt begleitet, auf allen Reisen und in jedes Meeting.
Unmittelbarer und anschaulicher kann man den Job des CEO beim Wirtschaftsgiganten kaum erlernen, als am Beispiel jenes Tycoons, der vor 27 Jahren in seiner Garage den Grundstein für sein Imperium legte.
Der heute 53-jährige Andrew „Andy“ Jassy war der erste, der Bezos eineinhalb Jahre nicht von der Seite wich – und er ist derjenige, der ihm im dritten Quartal an der Spitze des Onlinegiganten nachfolgen wird. Wie sehr sich Jassy durch Geduld und Treue auszeichnet, zeigt, dass er 1997, drei Jahre nach der Gründung, bei Amazon anheuerte – ein Wochenende nach seiner letzten Prüfung an der Harvard Business School. 2003 gründete er Amazon Web Services (AWS) – die Cloud-Computing-Sparte gilt als Goldgrube im an Gelddruckmaschinen gesegneten Konzern. Ausgangspunkt des Plans war, die zu Spitzenzeiten ausgelastete IT-Infrastruktur für externe Kunden zu öffnen. Das gelang bravourös: AWS lieferte im vierten Quartal 10,6 Milliarden Euro Umsatz, plus 30 Prozent in einem Jahr.
Der Vater zweier Kinder – verheiratet mit Elana Caplan, einer Modedesignerin – lebt mit seiner Familie in Seattle; er gilt als analytisch und detailversessen. Und er liebt Cola-Light, angeblich trinkt er zwölf Dosen pro Tag.
In die Rolle des Kronprinzen schlüpfte der Chef der erfolgreichsten Sparte schrittweise. 2016 stieg Jassy zu einem der Stellvertreter und engsten Vertrauten Bezos’ auf; im Sommer ebneten ihm der angekündigte Abgang von Handelschef Jeff Wilke in den Ruhestand sowie Bezos stückweiser Rückzug aus dem Tagesgeschäft die letzte Meile auf dem Weg zum Thron.
Politisch exponierte sich Jassy beim Rauswurf des bei Trumpisten beliebten rechten Twitter-Pendants Parler. Er verteidigte aber auch die umstrittene Gesichtserkennungssoftware von AWS.