Trotz des Fortbestehens des aktuellen Corona-Lockdowns hält der Chef des Wirtschaftsforschungsinstituts (Wifo), Christoph Badelt, ein Wirtschaftswachstum von 2,5 Prozent im Gesamtjahr 2021 derzeit noch nicht für gefährdet. "Die Prognose ist gerade noch gültig - sollte aber ein weiterer Lockdown kommen, dann ist die Prognose im Gesamtjahr nicht mehr zu halten", sagte er Dienstagabend in der ORF-Nachrichtensendung "ZiB2".
"Würden wir einen vierten Lockdown bekommen, lässt sich das Jahr 2021 sicher nicht mehr mit einer positiven Wachstumsrate abschließen", verdeutlichte Badelt.
Die Prognose für das heimische Bruttoinlandsprodukt (BIP) hatte das Wifo im Dezember von 4,5 auf 2,5 Prozent zurückgenommen. 2020 schrumpfte die Wirtschaft in Österreich um rund 7,5 Prozent. "Faktum ist, dass das Zusperren die Wachstumsrate nach unten treibt."
"Plus von 12 Prozent im dritten Quartal"
Das im europäischen Vergleich sehr schlechte Abschneiden Österreichs laut erster Schnellschätzung der EU-Statistikbehörde Eurostat zum Wirtschaftseinbruch im vierten Quartal 2020 wollte Badelt relativiert wissen: "Wir haben ein sehr hohes Plus um über 12 Prozent im dritten Quartal gehabt, insofern ist es klar, dass man dann stärker herunterfällt."
Laut Eurostat brach die heimische Wirtschaft im vierten Quartal 2020 gegenüber dem dritten Jahresviertel um 4,3 Prozent ein - das war der mit Abstand negativste Wert im Ländervergleich. Am zweitschlimmsten erwischte es Italiens Wirtschaft mit einem Minus von 2 Prozent. Auch im Vergleich zum vierten Quartal 2019 stand Österreich so ziemlich am schwächsten da - mit einem BIP-Rückgang von 7,8 Prozent. Schlechter war nur Spanien mit minus 9,1 Prozent; Italien war mit minus 6,6 Prozent etwas besser als Österreich.
"Das kann man sicherlich nicht nur mit dem Tourismus erklären, sondern, dass wir einen relativ hohen Pessimismus haben in Österreich", erklärte der Wifo-Chef. Der Konsum sei nur kurz angezogen im Sommer, es werde sehr viel gespart.
Gute Arbeitsmarktpolitik gefordert
Der Wirtschaftsforscher erwartet, dass es mit der Wirtschaft nach dem Lockdown "schnell und steil nach oben" geht - mit Ausnahme des Arbeitsmarktes. Da dürfte das alte Niveau nicht so schnell erreicht werden. "Ich glaube, dass da ein Rest übrigbleibt", meinte Badelt mit Blick auf hohe Arbeitslosenzahlen. Hier sei eine gute Arbeitsmarktpolitik mit Qualifizierungsmaßnahmen gefordert.
Insolvenzen infolge der Coronakrise dürften "vor allem kleine Unternehmen treffen". Parallel dazu werde es aber auch zu zahlreichen Neugründungen kommen. "Ich glaube, dass es zu einem massiven Aufschwung kommt, wenn die Krankheit einmal eingedämmt ist", so der Wifo-Chef.