Was wohl Karl Wlaschek sagen würde? Der Barpianist und Geschäftsmann erfand 1961 die Marke Billa und eröffnete 1969 den ersten Merkur. Nun firmiert die Konzernmutter Rewe, wie berichtet, Merkur zu „Billa Plus“ um; nicht zuletzt, da Rewe 2020 die Marktführerschaft im Lebensmittelhandel an Spar verloren hat, sich mit Platz zwei aber nicht abfinden will. „Handel ist Wandel“, besagt eine Branchenweisheit, und Beispiele für verblichene Marken gibt es zuhauf.
Die Vielfalt im Lebensmittelhandel nimmt schon lange ab, die Konzentration zu. Vielfältig sind aber die Gründe: Umstrukturierungen, neue Strategien, Zerschlagungen oder spektakuläre Pleiten. So ist der Untergang des „roten Riesen“ Konsum zwar schon über ein Vierteljahrhundert her, im kollektiven Handelsgedächtnis hat er seinen fixen Platz aber sicher.
Konsum: 1950 bis 1995
Denn 1950 war es die Konsumgenossenschaft, die die ersten Supermärkte nach US-Vorbild in Österreich bauen ließ und dann über viele Jahre die Rolle des Platzhirschen einnahm, gejagt freilich von der Konkurrenz. Und filetiert ab März 1995, als Konsum mit mehr als 15.000 Dienstnehmern und 26 Milliarden Schilling (2,9 Milliarden Euro) Passiva pleite war – bis heute der größte Konkurs eines heimischen Handelskonzerns.
Konsum verschwand und andere wuchsen. Die 630 Filialen gingen an Spar, Billa, Adeg, Löwa und Meinl. Doch auch von diesem einst so stolzen Traditionshaus ist nur noch der Delikatessenhandel am Graben in Wien übrig geblieben.
Weg: Meinl, Löwa, Pampam, Zielpunkt
Meinl zog sich 1999 wegen hoher Verluste aus dem Lebensmittelhandel zurück, gab seine Filialen an Billa und an Spar ab. Unter anderem Pam-Pam. Diese Kette war ab 1972 von Meinl und dem Löwa-Mitgründer Walter Löwe ins Leben gerufen und aufgebaut worden, blieb mit 41 Filialen, davon 20 in Wien, aber bis zuletzt in der Nische.
Auch Löwa hat das Zeitliche gesegnet. Die Geschichte der Handelskette von 1967 bis 2016 war wechselvoll, aber kein durchschlagender Erfolg. Unter der deutschen Tengelmann-Gruppe wurde Löwa nach und nach in Zielpunkt umbenannt, es folgten weitere Eigentümerwechsel. Zuletzt versuchte die oberösterreichische Pfeiffer-Gruppe, zu der die 126 Unimärkte gehören, einen Neustart. Letztlich schlitterte auch Zielpunkt in die Pleite, und erneut holten sich die Mitbewerber Spar, Rewe und Hofer die lukrativsten Standorte.
Rivalen: Spar und Rewe
Geschäftlich war Handelspionier Wlaschek 1990 am Höhepunkt. Mit Billa, Merkur, Libro, Bipa, Mondo und Emma eroberte er von Konsum die Marktführerschaft im Einzelhandel. 1996 verkaufte der Wiener Billa und Merkur an die deutsche Rewe-Gruppe, zu der heute auch Penny, Bipa und Adeg gehören. Bis 2019 blieb die Gruppe Nummer eins, dann zog Spar vorbei.
Auch die Geschichte von Spar begann in Österreich in den 1950er Jahren. Zu der Zeit, als Wlaschek, er starb 2015, in den Handel einstieg, schlossen sich Händler zu Spar zusammen. Die Idee, dass unabhängige Kaufleute vom gemeinsamen Auftritt und Einkauf profitieren sollen, kam damals aus den Niederlanden. Die österreichischen Spar-Pioniere, die Familien Reisch, Drexel und Poppmeier, kontrollieren den Konzern bis heute. Ab Beginn der 1990er Jahre schwenkte das Unternehmen auf einen Expansionskurs, und so manche Handelsmarke ging seither auch im Spar-Imperium auf. Es zählt 45.700 Beschäftigte und damit dreimal so viel wie der Konsum.