"Der Weg aus der Krise muss ein grüner sein", sagte Gewessler im Interview mit der APA. "Der Klimaschutz ist das beste Konjunkturpaket und deswegen haben wir in der Regierung das größte Klimaschutzpaket, das Österreich jemals gesehen hat, auf den Weg gebracht."
"2020 war ohne Zweifel ein Jahr der Pandemie und ein herausforderndes Jahr, aber es war leider auch wieder einmal das wärmste Jahr in der Messgeschichte Europas. Deswegen müssen wir einen Weg aus der Coronakrise gehen, der auch ein Weg aus der Klimakrise ist", so die Ministerin. "Die Pandemie ist eine Ausnahmesituation, die von uns viel fordert und uns große Anstrengungen abverlangt hat. Sie hat aber auch einiges notwendig gemacht hat, das bleiben wird. Sie wird nachhaltige Auswirkungen auf unser Mobilitätsverhalten haben", ist Gewessler überzeugt.
"Den Managerflug nach Brüssel für eine Stunde Meeting wird es nicht mehr geben. Wir haben gesehen, dass Videokonferenzen funktionieren. Auch Home-Office wird verstärkt genutzt werden und das wird Auswirkungen auf das Mobilitätsverhalten und die regionalen Strukturen haben. Wenn die Menschen verstärkt in den Regionen zum Arbeiten bleiben und nicht in die Ballungszentren pendeln, wird das viele positive Nebenwirkungen haben, zum Beispiel für den lokalen Greisler, bei dem man sich das Mittagessen holt. Viele Menschen haben während der Pandemie das Radfahren entdeckt und das wird auch bleiben. Aber die Krise ersetzt keine Klimapolitik, wir müssen es schaffen, den Weg aus der Krise zu einem grünen Weg zu machen."
Ein wichtiger Schritt dorthin sei der Bahnausbau, der von der türkis-grünen Regierung mit herzeigbaren 17,5 Mrd. Euro gefördert wird. "Das sind fast drei Milliarden Euro pro Jahr für den Ausbau der Bahninfrastruktur." Darüber hinaus sei das Radwegbudget verzehnfacht worden und es werde weiter in E-Mobilität investiert und die Sanierungsoffensive fortgesetzt.
Auch auf EU-Ebene gehe ein Drittel des Budgets in den Klimaschutz. "Das ist ein klares Bekenntnis zum Green Deal. Es wurde auch das Klimagesetz mit der klaren Botschaft, dass Europa der erste klimaneutrale Kontinent sein wird, verabschiedet. Der Green Deal war von Anfang an nicht nur ein Klimaschutzprogramm, sondern auch ein Wirtschaftsprojekt", sagt die Ministerin.
1-2-3-Ticket ist für Gewessler nicht weniger als "eine Revolution im öffentlichen Verkehr". Die österreichweite Stufe stünde seit bald 15 Jahren in Regierungsprogrammen und "ich bin angetreten, um sie endlich umzusetzen und die Menschen nicht noch länger darauf warten zu lassen". "Damit wird man in Zukunft hier im Ministerium in der Radezkystraße in die Straßenbahn einsteigen, zum Hauptbahnhof fahren, dort in den Zug nach Salzburg einsteigen und in Salzburg in den O-Bus und muss dabei kein einziges Mal überlegen, wie komme ich zum Ticket, sondern ich nutze die Öffis so günstig, einfach und bequem wie noch nie."
"Mir ist das Klimaticket ein großes Anliegen. Die österreichweite Stufe soll in diesem Jahr so weit auf Schiene gebracht werden, dass sie schon genutzt werden kann", kündigt die Ressortchefin an. Die regionalen Stufen würden etwas länger brauchen, weil die Voraussetzungen in den einzelnen Bundesländern völlig unterschiedlich sind. Vorarlberg und Wien haben schon ein flächendeckendes, regionales Ticket, andere Länder haben das überhaupt nicht. "Das bedarf unterschiedlicher Vorbereitungen."
Berichte, wonach das 1-2-3-Ticket den Bund mehr kosten könnte als budgetiert, weist Gewessler zurück und sie versichert, dass für die Österreichstufe allen beteiligten Verkehrsverbünden die Kosten zu 100 Prozent ersetzt werden. "Im Bundesbudget ist dafür vorgesorgt, heuer mit 95 Mio. Euro, 2022 mit 145 Mio., 2023 sind es 160 und 2024 170 Mio. Das Vorhaben ist gedeckt, das Risiko übernimmt der Bund, die Bundesländer werden keinen Verlust haben." Das große Ziel der Ministerin ist es, einen Paradigmenwechsel herbeizuführen: Das Grundmobilitätsbedürfnis soll künftig nicht mit dem Auto, sondern mit dem öffentlichen Verkehr gedeckt werden und das Auto nur eine Ergänzung dazu sein.
Auch an der Ökosteuerreform, die ein "zentraler Bestandteil des Regierungsprogramms ist", will die Ministerin in heurigen Jahr weiterarbeiten. Dazu sollen die Dienstwagenbesteuerung und das Pendlerpauschale reformiert werden und weitere Schritte gegen den Tanktourismus gesetzt werden. Auch die CO2-Bepreisung soll bis 2022 erfolgen, bekräftigt Gewessler die Pläne der Grünen. "Die CO2-Bepreisung ist ein großer Schritt, der gut vorbereitet werden muss." Die Coronakrise und dadurch entstandene Löcher im Budget würden nichts an diesen Plänen ändern. "Die Klimakrise hat leider in der Coronakrise keine Pause gemacht und es gibt auch keine Impfung gegen die Klimakrise. Da hilft nur handeln und tun und Gegenmaßnahmen setzen, darauf haben wir uns verständig. Da sind wir uns, Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) und ich, einig. Wir bringend das gemeinsam auf dem Weg", so die Ministerin.