Seit Ende September untersucht ein U-Ausschuss im burgenländischen Landtag den beispiellosen Skandal um die Commerzialbank Mattersburg und die Rolle des Landes. Obwohl viel zur Klärung anstünde, blieb der Ausschuss bis jetzt blass und arm an Erkenntnissen. Das gilt nicht für den Eifer, mit dem sich SPÖ und ÖVP gegenseitig anschütten. Beobachter gewinnen den Eindruck, dass der Ausschuss nur dazu ins Leben gerufen wurde, der jeweils anderen Partei eine Verstrickung mit der Scheinwelt des Martin Pucher rund um das Geldinstitut und den SV Mattersburg umzuhängen. Heraus kommen dabei nur lähmende Scharmützel.
Ausgerechnet Pucher könnte das dümpelnde Verfahren nun ein wenig beleben. Der Ex-Bankvorstand will sich dem Ausschuss stellen, erklärt er, nachdem er sich bei der ersten Ladung im November hatte krank melden lassen.
Höchstens 45 Minuten
Pucher, der seit den 1990er Jahren Bilanzen frisiert und bis zu 700 Millionen Euro Schaden verursacht haben soll (es gilt die Unschuldsvermutung), laboriert an den Folgen von Schlaganfällen. Der Einsturz des Lügenkonstruktes zog den bald 65-jährigen Mann weiter hinunter. Unter Auflagen sei eine Befragung für bis zu 45 Minuten vertretbar, befand nun der Arzt und Gutachter Manfred Walzl.
Am 3. Februar dürfte es so weit sein. Inhaltliche Erwartungen sollten bei so wenig Zeit nicht zu hoch angesetzt werden. Fraglich ist auch, ob Pucher für mehr als eine Befragung zur Verfügung stehen kann.
"Ohne Akten verhungere ich"
Das wiederum ist symptomatisch für den U-Ausschuss. Zwar mangelt es nicht an prominenten Zeugen, aber an gehaltvollen Aussagen. Manche sorgen für Staunen. Ex-Finanzminister Hans Jörg Schelling erzählte, dass er bis zum Skandal die Commerzialbank nicht gekannt hatte. Sein Nachfolger im Amt, Gernot Blümel, war auch keine Hilfe, erklärte das Ministerium für unzuständig und verweigert Akten des Bundes. Das war im November und schon damals stand für Verfahrensrichter Walter Pilgermair „ein dürftiges Ergebnis“ fest. „Ohne Akten verhungere ich in meinem Bericht.“
Nichts Neues kam auch von den Bankenaufsehern, der Finanzmarktaufsicht und der Nationalbank. Sie beharren darauf, dass die Commerzialbank ein Kriminalfall sei, den sie am Ende aufgedeckt hätten, aber doch kein Versagen ihrerseits. Ein solches treffe allenfalls Aufsichtsräte und Wirtschaftsprüfer, die aber wollen nur Opfer von Puchers Täuschung gewesen sein. Der zurückgetretene Ex-Landesrat Christian Illedits räumte ein, dass ihm erst nach dem Skandal klar wurde, dass die Revision der Bank beim ihm ressortierte. Vielsagend, wenn Parteifreund und LH Hans Peter Doskozil dann über die Bankenaufsicht „auf Kindergartenniveau“ wettert.
Spur in die Schweiz
Eine dünne Suppe. Einblicke menschlicher Natur gaben Franziska Klikovits als Puchers rechte Hand und dessen Ehefrau Elisabeth. Zu Hause sei die Bank all die Jahre tabu gewesen, erklärte Elisabeth Pucher, dass sie bis zum Vorabend der Selbstanzeige nichts gewusst habe. Bei Nachfragen sei sie harsch abgeblockt worden. Sie wisse jetzt, warum sie nie auf Urlaub gefahren seien, sagte sie, ihr Mann nie glücklich war. „Ich habe die Fehler immer bei mir gesucht.“
Strafrechtlich arbeiten den Skandal die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) und die Soko Commerz auf. Die WKStA ermittelt gegen 14 Personen und 10 Unternehmen. Zuletzt führte eine Spur in die Schweiz. Pucher soll ausgesagt haben, in den 1980ern Geld auf einem Schweizer Depot veranlagt zu haben, das er später mit rund 600.000 Euro seiner Frau überschrieben habe. Die Ermittler wollen wissen, ob es das Konto noch gibt und ob dort abgezweigtes Geld der Commerzialbank liegen könnte.