Die Zahl der Insolvenzen ist im Vorjahr trotz Wirtschaftskrise gesunken: wegen der staatlichen Coronahilfen. Für heuer erwartet der Alpenländische Kreditorenverband (AKV) spätestens ab dem zweiten Halbjahr eine Insolvenzwelle. Und zwar sowohl bei Firmen als auch bei Privaten. "Wegen des extremen Rückstaus an Insolvenzen und der Zunahme der verschuldeten Haushalte infolge des Verlusts tausender Arbeitsplätze steht fest, dass auf Österreich eine Insolvenzwelle zukommen wird."
Nach dem Wegfall der staatlichen Maßnahmen ab der zweiten Jahreshälfte erwartet der AKV bei den Firmenpleiten einen Anstieg um bis zu 15 Prozent gegenüber dem Niveau des Jahres 2019. Sollten die Maßnahmen nicht doch verlängert werden.
Ab Mitte des Jahres sollen zwei geplante Reformen des Insolvenz- und Exekutionsrechts in Kraft treten. Das werde den Anstieg von Insolvenzen massiv befeuern, so der AKV. Außerdem sei damit zu rechnen, dass die Stundungen der öffentlichen Abgaben und Beiträge über den 31. März 2021 hinaus nicht verlängert werden.
Bei der geplanten Reform des Exekutionsrechts soll laut AKV eine offenkundige Zahlungsunfähigkeit bereits in den Exekutionsverfahren aufgegriffen und veröffentlicht werden. Dann sollen die Gläubiger auf ein Insolvenzverfahren verwiesen werden. Im Fall einer Realisierung des Gesetzesvorhabens, für das bereits ein Entwurf vorliegt, sei mit einer Zunahme von Gläubigeranträgen zu rechnen.
Mehr Eröffnungen über Gläubigerantrag
Bei den Privatkonkursen soll ein neues Gesamtvollstreckungsverfahren eingeführt werden, das auf Gläubigerantrag auch bei Fehlen kostendeckenden Vermögens erleichtert eröffnet werden kann. Damit würden Eröffnungen über Gläubigeranträge massiv zunehmen und könnten eine ähnliche Bedeutung wie bei den Firmeninsolvenzen bekommen, so der AKV. Privatinsolvenzen würden bisher vorwiegend über Eigeninitiative der Schuldner eröffnet. Bei Unternehmen werde etwa die Hälfte der Verfahren über Gläubigeranträge, vor allem der öffentlichen Hand, eröffnet. Auch im Bereich der Privatkonkurse werde dann langfristig mit einer 50-prozentigen Zunahme zu rechnen sein, so der AKV.
Im Corona-Jahr 2020 sank die Zahl der Firmenpleiten laut AKV um 41,4 Prozent auf 1784 eröffnete Verfahren. Insgesamt (inklusive mangels Kostendeckung abgewiesener Verfahren) fielen sie um 38,8 Prozent auf 3175. Bei den Privatinsolvenzen gab es einen Rückgang um 23,6 Prozent auf 7.256 eröffnete Schuldenregulierungsverfahren.
Passiva steigen
Die Passiva bei den Firmenpleiten seien im Vorjahr von 2,2 auf 5,2 Milliarden Euro gestiegen und auch bei einer Bereinigung von deckungsgleichen Ansprüchen liege die Größenordnung bei vier Milliarden Euro. Größte Insolvenz nach Verbindlichkeiten war die Commerzialbank Mattersburg - bei ihren Verbindlichkeiten von 811 Millionen Euro und den 633 Millionen Euro ihrer Eigentümergenossenschaft handle es sich weitgehend um deckungsgleiche Ansprüche.
Wird der Rekordwert noch übertroffen?
Bei den Privatinsolvenzen lagen die Passiva mit 1,02 Milliarden Euro unter dem Wert von 2019 mit 1,2 Milliarden Euro. Die Durchschnittsverschuldung pro Verfahren stieg allerdings von 132.500 auf 141.300 Euro. In Hinblick auf die zu erwartenden Forderungsanmeldungen der beiden Commerzialbank-Vorstände sei aber damit zu rechnen, dass die Passiva 2020 im Jahresverlauf noch korrigiert werden müssten und unter Umständen den Rekordwert von 1,62 Milliarden Euro aus dem Jahr 2018 erreichen oder übertreffen werden, so der AKV.