Lange Zeit hat der Möbelhandel das Onlinegeschäft vernachlässigt - oder, um es mit den Worten von Reinhold Gütebier zu sagen, dem Vorstandschef von Kika/Leiner in Österreich: "Das wurde verschlafen." Nicht nur von Kika/Leiner, sondern von der gesamten Branche: "Lange hat man nicht geglaubt, dass Matratzen online gekauft würden", bringt Gütebier in Interviews gerne dieses Beispiel. Denn auf einer Matratze wolle man in der Regel probeliegen. "Matratzen werden mittlerweile aber sehr häufig online bestellt", gibt der Experte zu bedenken.

Der gebürtige Cuxhavener Gütebier ist seit Oktober 2018 Chef der von Rene Benko gekauften Möbelhauskette Kika/Leiner. Das Ziel ist die Sanierung und ein völlig neuer Auftritt des Unternehmens, davon zeugen bereits einige umgebaute und neu gestaltete Häuser. Und seit Herbst 2020 auch ein neuer Onlineshop. "Wir haben unseren Onlineshop im November neu ans Netz gebracht und werden jetzt richtig Gas geben", erklärte Gütebier in einem Interview mit der Kleinen Zeitung im Dezember. Mittelfristig fordert Gütebier, dass der Umsatzanteil des Onlineshops im zweistelligen Prozentbereich ist, "jetzt sind wir noch deutlich darunter".

Viel mehr Zugriffe

Die Lockdowns haben E-Commerce im Möbelgeschäft stark angeschoben, berichten die großen Handelsketten XXX-Lutz, Ikea und Kika/Leiner übereinstimmend. "Die Zugriffzahlen sind in den letzten Monaten stark gestiegen, vor allem Kleinmöbel für das Homeoffice und Boxspringbetten sowie Schränke sind stark nachgefragt", erklärt Kika/Leiner am Freitag in einer Aussendung. Schon im Lockdown 1 im März 2020 hätten sich die Onlinekäufe bei beiden Marken verachtfacht, weshalb der Relaunch der Internet-Filialen vorgezogen worden sei. Der neue Auftritt sei benutzerfreundlicher, so wurden auch neue Bezahloptionen hinzugefügt.

Indirekt bestätigte auch die Österreichische Post diesen Trend. Mit jedem Herunterfahren des Handels ging die Zahl der Sperrgüter in die Höhe, die die Post zu verteilen hatte. 2020 vermeldete sie einen Paketrekord von insgesamt 165 Millionen Stück (plus 30 Prozent).

Gute Geschäfte

Gütebier will das auch als Antwort auf die internationale Konkurrenz verstanden wissen, spricht von einer "Plattform aus Österreich für Österreich. Wer Möbel bequem online bestellen möchte, muss jetzt nicht mehr zu ausländischen Anbietern wechseln." Der Webshop biete mehr als 25.000 Artikel an, wie bei Lutz und Ikea gibt es auch "Click & Collect".

Die Möbelhäuser und Baumärkte zählen zu den wenigen Handelsbranchen, die trotz der Lockdowns im Jahr 2020 gute Geschäfte gemacht haben. Das mehrmalige Herunterfahren hat für viele Menschen die eigenen vier Wände in den Fokus gerückt, es wurde entrümpelt und renoviert. Dazu kommt, dass Wohnen bereits in den vergangenen Jahren immer mehr zu einem Statussymbol geworden ist.