Die Pandemie wirkt sich merklich auf den Immobilienmarkt in Österreich aus, erklärt Bernhard Reikersdorfer, Geschäftsführer des Makler-Netzwerkes Re/Max. Diese Schlussfolgerung ergebe sich einerseits aus einer ersten Analyse des abgelaufenen Jahres, andererseits aus der alljährlichen Umfrage unter den österreichweit 560 Agenten des Re/Max-Verbundes, die sich mit den künftigen Trends beschäftigt.
2020 kam es in Österreich zu ingesamt 135.000 Immobilientransaktionen, dieser Wert stellt angesichts fehlender Dezemberdaten zwar noch eine Hochrechnung dar. Doch gilt als sicher, dass der Rekord von 2019 mit fast 139.000 Käufen und Verkäufen nicht erreicht wurde. Bei Einfamilienhäusern, Eigentumswohnungen und Grundstücken war es bereits im ersten Halbjahr zu einem Rückgang von 6,5 Prozent bei den Verbücherungen gekommen.
"Das Angebot ist gesunken, weil Verkäufer offenbar abgewartet haben. Andererseits legen die Banken die Latte höher und fordern bei der Kreditvergabe für einen Immobilienkauf ein höherers Eigenkapital", nennt Reikersdorfer zwei Gründe für diese Entwicklung. Die Nachfrage nach Immobilien wäre freilich gegeben - nicht nur, um Wohnbedürfnisse zu erfüllen, sondern als Geldanlage. Beliebte Sparformen fallen wegen des Nullzinses bekanntlich weg.
Verdoppelung in 10 Jahren
Bei den rund 135.000 Immobilienkäufen flossen hochgerechnet 33,5 Milliarden Euro, was etwas unter dem Wert von 2019 (34,3 Milliarden) liegt. Dennoch kam es im 10-Jahres-Vergleich zu einer Verdoppelung der Transaktionssummen, was ein Ausdruck des enorm gestiegenen Wert- und Preisniveaus ist.
Deutlicher dürften sich die Folgen von Corona bis Ende 2021 zeigen, wenn man den Erwartungen der Immobilienexperten glaubt. Hier soll es zu Verschiebungen bei Nachfrage, Angebot und Preis kommen. Zwar befinden sich die Trendpfeile alle über der Nulllinie, heißt, sie nehmen zu, aber: Während die Zunahme der Nachfrage um 2,8 Prozent im Bereich von 2019 und 2020 liegt, fällt der prognostizierte Angebotsanstieg um 1,9 Prozent im Vergleich zu den Vorjahren deutlicher aus. Das wiederum heißt, dass der Immobilienpreisanstieg 2021 mit 1,8 Prozent moderater ausfallen dürfte als in den vergangenen Jahren. "Die Preiskurve zeigt nach unten", sagt Re/Max-Manager Anton Nenning.
Das Land gewinnt massiv
Das gilt jedoch nicht für alle Immobilien - denn wie immer kommt es auf Typ und Lage an, und auch hier zeigen sich einige bemerkenswerte Veränderungen. Das sind laut Prognose die wichtigsten Trends für dieses Jahr.
- Im oberen und mittleren Preissegment für Wohnimmobilien schwächt sich die Preisentwicklung ab, auch im unteren Preissegment entspanne sich der Preisdruck. Zwar soll die Nachfrage anziehen, aber das Angebot schneller wachsen.
- Eigentumswohnungen in Top-Lagen bleiben sehr begehrt, der Hype aber sei vorbei. Auch bei Mietwohnungen in zentralen Lagen schwächt sich die Nachfrage ab. Nenning: „Das heißt im Klartext für Mietinteressenten: In zentralen Lagen mehr Auswahl und keine steigenden Mieten im Bereich der Neuvermietung mit frei zu vereinbarendem Mietzins.“
- Penthäuser, Maisonetten und Lofts: Die Nachfrageprognose ist mit 0,9 Prozent rückläufig - das Zwischenhoch sei vorbei.
- Hingegen seien Eigentumswohnungen am Stadtrand begehrter als anderswo. Auch die Nachfrage nach Eigentumswohnungen in Landgemeinden nehme merklich zu. Mieter wiederum könnten mit leicht sinkendem Mietzins rechnen.
- Besonders stark sei im Moment der Trend zum Wohnen auf dem Land, wohl eine unmittelbare Folge der Pandemie. Die Nachfrage nach Einfamilienhäusern steige 2021 um 4,0 Prozent. Spätestens 2021 komme außerdem eine Renaissance der Wochenendhäuser.
- Baugrundstücke bleiben laut Prognose das Maß aller Wünsche. Sie liegen unverändert auf Platz eins der Nachfrage, allerdings auch bei der Preisentwicklung - denn das Angebot kommt mit der Nachfrage nicht mit. Die Preissteigerungsrate für Grundstücke werde auf hohem Niveau bleiben - plus 5,4 Prozent für 2021.
- Corona schlägt aber auch bei den Gewerbeimmobilien voll durch. Das heißt vor allem für Büro- und Handelsflächen einen deutlichen Preisrückgang zwischen fünf und sechs Prozent.
Re/Max-Chef Reikersdorfer gibt zu bedenken, dass es trotz einer erwartbaren Entspannung auf dem Immobilienmarkt für (junge) Familien keineswegs leichter geworden ist, sich den Traum vom Eigenheim zu erfüllen. Denn die Kreditvergabe ist derzeit zurückhaltender geworden, Baugrundstücke sind erstens teuer und zweitens Mangelware. "So lange es aber genügend Leute gibt, die sich die Preise leisten können, so lange wird das Preisniveau hoch bleiben", erklärt er.