Es geht wieder steil bergauf. Wie schon vor vier Jahren überspringt die Kryptowährung Bitcoin nahezu wöchentlich einen Rekordkurs nach dem anderen. Am Sonntag fiel die 30.000-US-Dollar-Marke. Der Kurs kletterte wenig später sogar auf mehr als 34.400 US-Dollar, nur um Tags darauf teils mehr als zehn Prozent zu verlieren.
Dieses extreme Auf-und-Ab begleitet die älteste Kryptowährung seit Oktober. Damals kündigte Paypal an, Bitcoin als Zahlungsmittel zu akzeptieren. Doch das ist längst nicht der einzige Grund für das neue Interesse an dieser digitalen Anlageform. Denn auf der Suche nach Renditen haben große Investmentfirmen erkannt, dass Wetten auf Kursschwankungen im labilen Krypto-Markt zwar hochriskant sind, doch auch große Gewinne ermöglichen.
Digitales Geld
Dazu kommt das gestiegene Interesse von Notenbanken an der Technologie von Kryptowährungen. Denn tatsächlich gibt es bereits die erste staatliche Kryptowährung: den „Sand Dollar“ der Bahamas. Seit Oktober gibt die Zentralbank des Inselstaats diese digitale Währung aus. Zwar sind nur wenige Sand Dollar im Umlauf, doch die Bezahlsysteme funktionieren.
Sechs Finanzdienstleister bieten inzwischen digitale Brieftaschen, Wallets, dafür an, weitere prüfen den Einstieg. Genau beobachtet werden diese Versuche von den großen Notenbanken in Washington, Frankfurt oder Peking. Denn längst arbeiten auch Federal Reserve oder die Europäische Zentralbank an digitalen Ergänzungen zu Euro und Dollar.
Nur die halbe Belohnung
Das Interesse an Bitcoin ist also wieder geweckt und risiko-freundliche Anleger sowie so mancher Glücksritter hoffen wieder auf eine Preisrallye wie 2017. Unterstützt wird diese Fantasie durch eine technische Komponente von Bitcoin. Denn das Bitcoin-System wird von sogenannten „Minern“ aufrechterhalten. In gigantischen Rechenzentren verarbeiten diese Unternehmen die Überweisungen in der Blockchain, dem System auf dem Bitcoin basiert. Es ist so ausgestaltet, dass dabei extrem viel Strom benötigt wird.
Damit die Miner also kostendeckend arbeiten können, gibt es eine Belohnung, einen Reward, in Form einer neuen Bitcoin, quasi druckfrisch. Der Reward wird jedoch nach einer gewissen Zeit halbiert. Dieses „Halving“ verdoppelt die Kosten für „neue“ Bitcoins. Dreimal ist das schon geschehen, am 28. November 2012, am 9. Juli 2016 und am 11. Mai 2020. In den Jahren 2013 und 2017 kam es ein Jahr nach dem Halving zu einer enormen Kursrallye gefolgt von einem drastischen Absturz.
Alternativen profitieren
Ob sich die Geschichte wiederholt, wagt niemand vorherzusagen. Doch das frische Interesse an Bitcoin färbt schon auf die anderen Kryptowährungen ab. So ist der Preis von Ethereum, der Nummer zwei hinter Bitcoin, binnen einer Woche von 723 US-Dollar auf mehr als 1000 US-Dollar gestiegen.
Das besondere an Ethereum: Es ist mehr als eine reine digitale Geldanlage. Denn es lassen sich kleine Programme, Smart Contracts, in der Blockchain ausführen, Zahlungsprozesse lassen sich automatisieren. So sind in den vergangenen Jahren zahlreiche sogenannte Stable-Coins entstanden, digitale Anlagen, die an reale Produkte gebunden sind, wie Immobilien, Währungen oder Rohstoffe. Zusammengefasst werden diese Coins mit dem Begriff „decentralized finance“.
Doch Vorsicht: Neben diesen seriösen Angeboten haben auch Betrugsmaschen mit angeblichen Kryptocoins wieder Hochsaison. Die Welt der digitalen Währungen bleibt hochriskant.
Roman Vilgut