Im Axel-Springer-Haus in Berlin baute man für Elon Musk eine Raumstation. Aus dieser hob er zur jüngsten Verleihung des Axel-Springer-Awards mit seiner Vision ab, 2026 mit einer 120 Meter hohen Rakete mit 100 Astronauten an Bord zum Mars zu starten. Mit dem Preis fuhr er dann in die halb fertige Tesla-Fabrik nahe Berlins, um dort bodennah in einer Kammer zu übernachten - „das gibt mir ein gutes Gefühl.“
Wie eine Rakete wird die Wirtschaft aus der Corona-Pandemie eher nicht gleich abheben und viele halten Musk für einen halbverrückten Egozentriker. Aber wenn das Tesla-Werk nach der kürzesten Bewilligungs- und Bauzeit einer Mega-Autofabrik heuer noch in Betrieb geht, wird Musk für Vieles stehen, was eine erlahmte Wirtschaft pusht. Unternehmergeist mit kühnen Visionen, der Bürokratie und privates Kapital raketenbeschleunigt und mit Innovation und Ökologie als Kernthemen nachhaltiges Wachstum befeuert.
"Man gewöhnt sich an Hilfen"
Vom Händler bis zum Wirt, vom Start-up-Gründer bis zum Konzernchef, ist der Typus Musk der geforderte Antipode zur Lockdown-Beklemmung am staatlichen Hilfstropf, die unternehmerische Dynamik bis zum quasi bedingungslosen Grundeinkommen untergrub. „Man gewöhnt sich an Hilfen auf allen Ebenen. Das rückzuführen, wird der erste notwendige Schritt sein, um Dynamik zu entfalten“, sagt IHS-Chef Martin Kocher nicht nur im Hinblick auf den Aufschwung, sondern besorgt auch als Chef des Fiskalrates, der über die Staatsschulden wacht.
Impfung wirksamer als Milliardenspritzen
Die wichtigste Injektion für die heimische und globale Wirtschaft ist vielmehr die Impfung gegen Corona - wirksamer als alle Geldspritzen der Staaten und Notenbanken zusammen. Nach rund 7,5 Prozent Einbruch der österreichischen Wirtschaftsleistung im Coronajahr 2020 ist die IHS-Prognose von 3,1 Prozent Wachstum für 2021 durch den dritten Lockdown schon wieder zu relativieren. Das Wifo hat in seine Prognose von 4,5 Prozent mit dem dritten Lockdown eine Rückstufung auf 2,5 Prozent eingebaut.
Globaler Wettlauf um Immunisierung
Je zügiger die Durchimpfung, desto rascher der Aufschwung. Der globale Wettlauf um Immunisierung hat längst begonnen, die EU nimmt Fahrt erst auf. Erst wenn die Pandemie besiegt ist und ganze Volkswirtschaften nicht mehr unter Corona-Restriktionen am Subventionstropf hängen, kann sich jene Kraft entfalten, die Motor jedes Wachstums ist: Unternehmergeist, wagemutig, visionär, innovativ, in fairem Verteilungseinklang mit Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern sowie weitblickender Rücksicht auf Ressourcen des Globus.
Kein Zurück zur Normalität
Denn zurück zur Normalität hieße, nichts gelernt zu haben aus den aufgeklafften Wunden geschundener Ressourcen, fragiler Lieferketten, globaler Handelskonflikte, digitaler Monopole und fehlender Vorsorge. Für den Vorwärtsschritt zu nachhaltigem Wachstum - in doppeltem Wortsinn sowohl an Stabilität als auch ökologischer Ausrichtung - gibt es zu mahnenden Zeichen auch ermutigende Hoffnungen, aber noch keine Umsetzung. Stabileren Welthandel für die EU mit USA und China mit Ablöse des Polterers Donald Trump durch Joe Biden, muss erst die Senatsnachwahl im Bundesstaat Georgia eröffnen. Gewinnen die Republikaner einen Sitz, können sie im Senat den neuen US-Präsidenten blockieren.
Klimaschutz und Green Deal als Treiber
Mit dem bereits erklärten Wiedereintritt der USA in das Pariser Klimaabkommen und dem von der EU beschlossenen Green Deal sollten Meeres- und Klimaschutz mit Kreislaufwirtschaft und CO2-Abbau durch E-Mobilität, Wasserstoff bis hin zur Kernfusion-Forschung zu Wachstumstreibern werden. Doch von dem lange umkämpften Recovery-Programm der EU von 1,8 Billionen Euro haben hilfsbedürftige Staaten bisher erst Bruchteile beantragt. Europas Aufschwungkurs hängt auch davon ab, ob Angela Merkel am CDU-Parteitag einen staatsinterventionistischen Nachfolger wie Armin Laschet und Norbert Röttgen erhält, oder ob der Musk-Typ Friedrich Merz CDU-Chef und vielleicht deutscher Kanzler wird.
Türkis-grüne Regierung hat Handlungsbedarf
In Österreich hat es die Bundesregierung bei bisher 30 Milliarden Euro Corona-Hilfe verabsäumt, diese für die Unternehmen mittelfristig mit Nachhaltigkeitsauflagen zu verbinden. Lediglich mit der doppelten Investitionsprämie fiel der türkis-grünen Regierung Lenkungswillen für Umweltinvestitionen und Digitalisierung ein. Nach dem größten Wachstum an Arbeitslosigkeit, Budgetdefizit und Staatsschulden 2020 muss die Regierung bei Bildung alles unternehmen, um den Digitalisierungsschub für Aufschwung mit neuen Jobs zu nutzen. Kocher weist auf Wandel wie mit Tesla: „Es wird es rasch Fachkräftemangel für Jobs kommen, die die vielen Arbeitslosen des Dienstleistungsbereiches kaum erfüllen können.“
Pfeiler Industrie und Digitalisierung
Österreichs Symbol für den Aufschwung strebt in Villach der Fertigstellung entgegen. In der zweiten Jahreshälfte 2021 soll die neue Chipfabrik von Infineon in Betrieb gehen - gerade rechtzeitig für anschwellende Nachfrage nach Hochleistungshalbleitern für Digitalisierung und Energiewende zur CO-Reduktion auch mit der E-Mobilität. Die 1,6-Milliarden-Investition liegt laut Produktionsvorstand Thomas Reisinger im Plan. Die österreichische Industrie hat sich in der Pandemie mit ihrer Exportkraft als der stärkste Pfeiler der Wirtschaft bewährt.
Handel mit China
Chinas Wirtschaft legte sogar 2020 um rund zwei Prozent zu und bleibt 2021 mit 7,5 Prozent Plus Motor der Welt. Die EU hat auf politischer Ebene gerade ein neues Handelsabkommen erreicht, das in China u. a. Umweltinvestitionen erleichtert, was Österreichs Exporten hilft. Als Durchbruch gelten Zusagen Chinas für Arbeitnehmerrechte.
Wachstumstreiber Konsum
Verunsichert von der Pandemie legten die Österreicher 2020 trotz Einkommensverlusten durch Kurzarbeit und Arbeitslosigkeit im Schnitt über 12 Prozent mehr Geld auf Sparkonten. „Mit Ende der Pandemie kehrt mit der Sicherheit auch der Konsum wieder zurück als makroökonomischer Wachstumstreiber“, sagt IHS-Chef Martin Kocher. Im Euroraum und weltweit erwartet das IHS 2021 4,7 Prozent Wachstum, in Österreich 3,1 Prozent.
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Adolf Winkler