Knapp drei Wochen nach Ende des zweiten Lockdowns müssen Händler - mit Ausnahme von Lebensmittelgeschäften und Apotheken - sowie körpernahe Dienstleister wie Friseure und Kosmetiker von 27. Dezember bis 18. Jänner 2021 erneut schließen. WKÖ-Handelsobmann Rainer Trefelik bezeichnete den dritten Corona-Lockdown als "schweren Schlag".
Als "großen Erfolg unserer Bemühungen" sieht der Interessensvertreter, dass nun die Möglichkeit besteht, bestellte Waren vor Ort im Geschäft abzuholen ("Click & Collect"). Im ersten und zweiten Lockdown war dies Händlern nicht erlaubt. "Für den Handel ist diese Form des Warenverkaufs ein kleiner Hoffnungsschimmer, um der Branche Mut zu geben", so Trefelik am Freitagabend in einer Aussendung.
Der Handelsverband ist über die erneute Zwangspause geschockt. "Für unsere Branche ist der dritte harte Lockdown das Worst Case Szenario. Der Dezember ist der mit Abstand umsatzstärkste, wichtigste Monat des Geschäftsjahres", so Handelsverband-Geschäftsführer Rainer Will in einer Aussendung. Pro Lockdown-Woche rechne man im Non-Food Handel mit einem Umsatzausfall von rund 900 Millionen Euro. Profitieren würden in erster Linie internationalen Online-Giganten ohne Betriebsstätte in Österreich, die hierzulande kaum Steuern zahlen und wenig zum Gemeinwohl beitragen, kritisierte Will. "Das Amazon-Förderungsprogramm setzt sich ungebremst fort."
Händler wollen 80-Prozent-Umsatzersatz
Von der Regierung fordert der Handelsverband ausreichende Hilfen. "Es wurde der Bevölkerung zugesichert, dass niemand in der Krise zurückgelassen wird. Alle von der Schließung betroffenen Händler müssen für die Lockdown-Woche im Dezember einen 80-Prozent-Umsatzersatz bekommen, zwischen den Branchen darf jetzt kein Unterschied mehr gemacht werden, da die Argumente nun entfallen", so der Interessensvertreter. Für den Jänner fordert der Handelsverband ebenfalls einen Umsatzersatz, um die Arbeitsplätze abzusichern. "Ein Umsatzersatz, der mit dem Jahresende ausläuft, während der Lockdown weit ins neue Jahr hinein andauert, ist völlig inakzeptabel", kritisierte Will. Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) wird morgen bei einer Pressekonferenz die weiteren Corona-Wirtschaftshilfen vorstellen.
Von der Politik fordert WKÖ-Handelsobmann Trefelik klarere Regeln zur Sortimentseinschränkung, damit Supermärkte im harten Lockdown nicht Kinderspielzeug, Sportartikel, Gartenprodukte und Elektronik verkaufen dürfen. "In einem neuerlichen Lockdown muss klarer geregelt werden, welche Produkte die Handelsbetriebe verkaufen dürfen, die ihre Geschäfte öffnen dürfen", so der Handelsobmann. "Lebensmittel- und Drogeriehändler sollen nur die Güter des täglichen Bedarfs verkaufen."
Stationärer Handel: Pro Tag fallen 140 Millionen weg
Im zweiten Lockdown gab es zur Sortimentseinschränkung eine Verordnung. Spar, Hofer, Lidl und die Drogeriekette Müller bezeichneten damals die Beschränkung des Warenangebots als verfassungs- und gesetzeswidrig und änderten nicht ihr Sortiment. "Es ist nämlich nicht einzusehen, warum mancher Lebensmittel- und Drogeriehändler beispielsweise Elektrogeräte anbietet, während ein Elektrohändler seinen Laden geschlossen halten muss", sagte Trefelik.
Der dritte Lockdown wird die wirtschaftliche Situation im stationären Einzelhandel weiter verschärfen. Die Handelsforscher Ernst Gittenberger und Christoph Teller von der Johannes Kepler Universität Linz (JKU) erwarten für den Zeitraum 27. bis 31. Dezember einen täglichen Umsatzverlust im stationären Einzelhandel in Höhe von 140 Millionen brutto pro Tag. Für die geschlossenen Einkaufstage im Jänner würden sich Umsatzausfälle von täglich 100 Millionen ergeben, da das Umsatzniveau im Jänner deutlich geringer als im Dezember sei, so die Wissenschafter.
In Summe werde die dritte Corona-Sperre Umsatzverluste von knapp 1,9 Milliarden Euro brutto für den Handel verursachen. Zum Vergleich: Der erste Lockdown verursachte laut den JKU-Handelsforschern einen Umsatzverlust im Handel von 3,8 Milliarden Euro und die zweite Zwangspause kostete 2,2 Milliarden Euro an Erlösen. Damit wird der heimische Handel mit den drei Lockdowns laut Schätzungen knapp 8 Milliarden Euro an Umsatz verloren haben.