Das coronabedingte Umsatzminus der Händler im Weihnachtsgeschäft könnte niedriger ausfallen als zuerst erwartet. In einer ersten Prognose hatte der Handelsverband mit einem Minus von 20 Prozent gerechnet, nun wird ein Rückgang von rund 10 Prozent geschätzt. Der Nachholeffekt nach dem Lockdown sei gut, sagte Handelsverband-Geschäftsführer Rainer Will bei einer Pressekonferenz am Mittwoch.
Die Umsatzprognose von Handelsverband und Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo) für den österreichischen Einzelhandel geht von einem weihnachtsbedingten Mehrumsatz von 1,1 Mrd. Euro netto bzw. 1,29 Mrd. brutto aus. Die geplanten Ausgaben für Weihnachtsgeschenke sollen heuer laut Umfrage rund 420 Euro pro Kopf betragen, 2019 waren es 464 Euro. Im Vorjahr belief sich der Weihnachtsumsatz noch auf 1,22 Mrd. Euro netto bzw. 1,43 Mrd. brutto.
Dezember-Geschäft zählt
Als Weihnachtsgeschäft zählt nur der Mehrumsatz im Dezember, der das Normalmaß der Monate Jänner bis November übersteigt. Die Coronakrise hat vor allem die Umsätze im Bereich Schuhe, Bekleidung und Schmuck einbrechen lassen. Betrachtet man nur den Nichtlebensmittelbereich im Handel, liegt der Umsatzrückgang laut Wifo im November und Dezember bei 14,7 Prozent.
"Die Erwartungen im Einzelhandel sind aktuell wirklich im Keller", sagte Wifo-Ökonom Josef Baumgartner. Die Prognose für das Weihnachtsgeschäft sei schwierig, weil die Entwicklungen "so dynamisch" seien. "Die Situation ist extrem angespannt. 6.500 heimische Handelsbetriebe sind akut insolvenzgefährdet", sagte der Handelsverband-Geschäftsführer. Die Coronapandemie und die zwei bisherigen Lockdowns haben den heimischen Handel deutlich getroffen. Laut Prognose soll der Umsatz heuer im Einzelhandel um nominell 2,9 Prozent auf 74,5 Mrd. Euro sinken. Berücksichtigt man die Inflationsrate von 1,3 Prozent, wird der heimische Handel im Jahr 2020 real um minus 4,2 Prozent schrumpfen.
Online-Handel legt zu
Großer Krisengewinner sind die heimischen Internethändler und ausländische Online-Riesen wie Amazon, Zalando & Co. Handelsverband-Geschäftsführer Will appellierte erneut an die Konsumenten, bei heimischen Online-Shops einzukaufen, um Arbeitsplätze im Land zu sichern. "Der Onlinehandel wird heuer um mehr als 17 Prozent wachsen. Am Ende des Jahres werden wir erstmals einen eCommerce-Anteil am gesamten Einzelhandelsumsatz von mehr 11 Prozent erreichen", sagte Will. "Das entspricht rund 8,2 Milliarden Euro." Gestern forderten der Handelsverband, die Gewerkschaft und Greenpeace schärfere Vorschriften für ausländische Internethändler. Vom Finanzministerium, den Grünen oder der SPÖ gab es dafür Zuspruch. Amazon wies die Kritik zurück.
Einen medial kolportierten neuerlichen Corona-Lockdown im Handel nach Weihnachten wollte Will nicht kommentieren. "Das kann nur die Politik entscheiden. Die Gesundheit der Bevölkerung ist an erster Stelle." Der Handelsverband-Geschäftsführer verwies aber darauf, dass die Zeit nach Weihnachten für den Handel ebenfalls wirtschaftlich sehr wichtig sei, weil Geldgeschenke ausgegeben, Gutscheine eingelöst und Waren umgetauscht werden.