Leser melden sich dieser Tage vermehrt bei uns mit Hinweisen, dass sie im Homeoffice Probleme mit der Internetverbindung haben. Wie stark sind die Netze von Österreichs Mobilfunkern zurzeit belastet?
Alle Netze – und das hat sich ja auch schon beim ersten Lockdown im Frühjahr gezeigt – sind gerüstet. Wir haben weiter genug Kapazitäten und haben über den Sommer noch weiter ausgebaut. Das gilt sowohl für Mobilfunk- wie auch für Datennetze.
Aber bei zwei Kindern im „Distance Learning“ und einem Elternteil in der betrieblichen Videokonferenz kann die Bandbreite trotzdem schnell knapp werden.
Es gibt prinzipiell zwei wichtige Komponenten bei einem Netz. Das ist einerseits die Zuleitung zum Haus, also quasi das Kernnetz. Und andererseits die Verteilung der Daten, also die Netzverbreitung innerhalb des Hauses per WLan. Da gibt es natürlich Schwachstellen und dadurch Bandbreitenlimitierung innerhalb des Haushalts. Meist liegt das an der WLan-Ausstattung, oder am Produkt, das gewählt wurde. Ganz konkret: Wenn man zwei Kinder zu Hause hat und zudem beide Eltern von zu Hause arbeiten, wird man mit einem Einstiegs-Internetprodukt ans Bandbreitenlimit kommen. Weil man durch Videostreams schnell auf 12, 13 Mbit/s Upload kommt. Wenn man dann nicht noch mindestens 30, 40 Mbit/s Download im Produkt gebucht hat, kommt’s zum Engpass. Das hat aber per se nichts mit dem Kernnetz zu tun.
Spüren Sie bei der aktuellen Nutzung Unterschiede im Vergleich zum ersten Lockdown im Frühjahr?
Beim ersten Lockdown gab es zwei Effekte. Der Datenverkehr ist spürbar angesprungen, in einer Größendimension von circa 25 Prozent, und der Sprachverkehr ist an manchen Tagen sogar um 100 Prozent nach oben gegangen. Was wir jetzt sehen, und das gilt für Mobilfunknetze wie auch für Festnetze, ist einerseits ein saisonaler Trend, dass Datenverkehr im Herbst nämlich stets um zehn Prozent ansteigt. Andererseits kommen in den letzten zehn Tagen kontinuierlich noch einmal zehn Prozent dazu. Der große Unterschied zum ersten Lockdown ist, dass der Sprachverkehr diesmal nur um 15 Prozent angestiegen ist. Das heißt, die Leute waren viel vorbereiteter auf den Lockdown, trotzdem gibt es einen erhöhten Bedarf an sozialer Interaktion. Außerdem sehen wir, dass die Mobilität der – natürlich anonymisierten – Nutzer nicht so stark gesunken ist wie beim ersten Lockdown.
Wo sehen Sie Datentreiber?
Streaming-Dienste sind natürlich sehr präsent haben aber im Jahresvergleich ein relativ moderates Wachstum von zehn Prozent. Also ähnlich wie beim ersten Lockdown. Gaming ist dafür – je nach Betreiber – auch diesmal zwischen 200 und 300 Prozent nach oben gegangen. „VoIP-Applikationen“, inklusive WhatsApp, steigen gerade zwischen 65 und 100 Prozent an, Videodienstleister wie Zoom sind sogar 140 Prozent im Plus. Auch Security-Applikationen, die man in erster Linie für Firmenanwendungen braucht, sind um circa 50 Prozent nach oben gegangen. Damit allerdings auch ähnlich stark wie beim ersten Lockdown.
Werden von den Betreibern zurzeit gewisse Dienstklassen gedrosselt, um das Netz zu entlasten? Von der Regulierungsbehörde RTR wurde das ja als Ausnahme, zumindest während des ersten Lockdowns, explizit erlaubt.
Obwohl die Regulierung es uns eingeräumt hat, hat bis jetzt kein Betreiber diese Maßnahme genützt. Und wir planen auch diesmal nicht, sie anzuwenden.
Was müsste passieren, dass Sie solche Überlegungen anstellen?
Wir haben Kapazitätsreserven, die wir immer für Notfälle zurückhalten müssen. Also für regionale Notfälle, Krisenfälle oder Naturkatstrophen. Im Moment haben wir in der Regel gut 20 bis 25 Prozent Kapazität frei. Es müsste also etwas Dramatisches passieren, damit wir drosseln. Ein ungeplanter, völlig überraschender Lockdown oder eine riesige Naturkatastrophe.
In den letzten Tagen stellten die Mobilfunker sukzessive ihre Weihnachtstarife vor. Man hat das Gefühl, die Anbieter gehen wieder weg von unlimitierten Flatrate-Tarifen.
Nein, das sehen wir nicht so. Alle Betreiber wollen, dass 5G-Tarife unlimitiert bleiben. Gut, jetzt ist 5G freilich noch mitten im Ausrollen, aber auch die 4G-Tarife sind bei allen Betreibern mit reichhaltigen Datenvolumina ausgestattet. Man bekommt um einen guten Einstiegspreis zwischen 10 und 40 Gigabyte.
Teilen Sie die Beobachtung, dass der Wettbewerb in Österreich abnimmt? Wirkliche MVNO – also Mobilfunkanbieter ohne eigenes Netz, meist Diskonter – die österreichweit auftreten, sind nur noch Ventocom (Hot) und MassResponse (Spusu).
Es gibt 38 MVNOs, von denen zwei, drei relevante Größe haben, das stimmt schon. Aber derzeit ist es ein sehr gesunder Wettbewerb. Insbesondere die beiden größeren MVNOs haben nachgelegt und weiterhin einen sehr guten Kundenzuwachs. Und bei aller Konkurrenz sollte es dem Telekomsektor jetzt darum gehen, Stabilität zu vermitteln und eine Sicherheit zu geben. Die digitale Lebensader wird nämlich immer wichtiger.
Wie weit sind Österreichs Mobilfunker mit dem 5G-Ausbau?
Ich glaube, dass wir im internationalen Kontext sehr gut unterwegs sind. Das ist auch der Regierung und der Regulierung zu verdanken, weil wir in den letzten Jahren sehr gute Rahmenbedingungen vorgefunden haben. Die drei Betreiber haben zurzeit zusammen 2000 Standorte ausgebaut. In zwei bis drei Jahren werden wir eine nahezu durchgängige 5G-Versorgung haben, insbesondere an den Orten und Punkten, wo die meisten Österreicher unterwegs sind. Alle Netzbetreiber sind zudem verpflichtet, den ruralen Bereich auszubauen. Das war eine Auflage der letzten Frequenz-Auktion, die übrigens als Erfolgsmodell gesehen werden kann. Soziale, gesellschaftliche Ziele konnten da sehr gut mit den wirtschaftlichen Zielen verbunden werden.
Nach wie vor gibt es eine erhebliche 5G-Skepsis im Land. Wie wollen Sie dem begegnen?
Einerseits braucht es bei den Bürgermeistern einen Schulterschluss und den Fokus auf die enormen Vorteile einer guten Breitbandversorgung. Der zweite Aspekt ist, dass weiterhin häufig nicht faktenbasiert diskutiert wird. Da wird eine Technologie per se schlecht geredet – eine Diskusson, die periodisch alle sieben bis zehn Jahre vorkommt. Für uns als Betreiber gilt es, diese Ängste nicht wegzuwischen sondern zu adressieren. Und zwar, indem wir mit Fakten arbeiten. Das versuchen wir in enger Abstimmung mit den Bürgermeistern. Es melden sich auch beim FMK jede Woche zwei, drei Gemeinden, mit Anfragen oder der Weitergabe von Sorgen. Aber im Großteil des Landes spüren wir Rückenwind.
Ihre Branche wartet derzeit ungeduldig auf das neue Telekomgesetz, das gerade ausgearbeitet wird, aber noch heuer beschlossen werden soll. Was dürfte denn da aus Ihrer Sicht keineswegs drinnenstehen?
Positiv formuliert: Wir würden uns wünschen, dass die Rahmenbedingungen für den Ausbau gleichbleiben oder besser werden und wir nicht behindert werden. Der Ausbau darf nicht wegen hoher Kosten auf dem Rücken der Kunden ausgetragen werden. Was wir brauchen würden, sind richtige, regionale Rahmenbedingungen, die den Netzausbau sowohl in den Kommunen wie auch entlang von Straßenwegen und Bahnwegen unterstützen. Der zweite große Teil wäre: Man muss eine gute Balance finden, zwischen Kundeninteressen und Konsumentenschutz auf der einen Seite und Möglichkeiten, die Investitionen zurückzuverdienen, auf der anderen Seite.