Der ehemalige dritte Aufsichtsratschef-Stellvertreter Ernst Zimmermann hat am Donnerstag im U-Ausschuss zur Commerzialbank Mattersburg (Cb) betont, dass er bis zur Schließung der Bank nichts von Unregelmäßigkeiten gewusst habe. Das Wachstum habe er sich mit der "doch schlanken Personalstruktur" erklärt. In Aufsichtsratssitzungen habe man für Fragen und Feststellungen häufig Rüffel von Ex-Bankchef Martin Pucher erhalten.
Bei den Sitzungen, von denen es vier bis sechs pro Jahr gegeben habe, seien unter anderem Großkredite vorgetragen worden. Fragen seien nicht erwünscht gewesen. Er habe beispielsweise einmal das "Projekt Macom", bei dem Ölbindemittel hergestellt werden sollten, für die man "Weltpatente" erhalten wollte, hinterfragt. Er habe im Fernsehen gesehen, dass bei einer Ölkatastrophe ähnliche Mittel bereits zur Anwendung gekommen seien. "Das habe ich dann erwähnt, weil sie immer gesagt haben, das ist eine Weltneuheit. Die Reaktionen waren heftig", erzählte Zimmermann.
Keine Detailfragen mehr
Das habe dazu geführt, dass einige Mitglieder des Aufsichtsrates aufgehört hätten, "ins Detail zu fragen". Die Aufsichtsräte hätten die Rüffel von Pucher hingenommen. Als Grund dafür sieht Zimmermann dessen bestimmendes Auftreten und zitiert dafür einen ehemaligen Bezirkshauptmann von Mattersburg: "Gott weiß alles, aber Pucher weiß es besser."
Er wolle aber auch festhalten, dass der Aufsichtsrat die Bilanz nicht "genau durchprüfen" müsse. Er habe die Prüfer zu bestimmen und das sei auch passiert, betonte Zimmermann. Wirtschaftsprüfer TPA sei vom Vorstand vorgeschlagen worden. Das, was in den Sitzungen präsentiert worden sei, sei für ihn immer "schlüssig" gewesen.
Von der Schließung der Bank habe er am 15. Juli um 4.30 Uhr in der Früh durch eine Nachricht von seinem Sohn erfahren. Unregelmäßigkeiten seien ihm vorher nicht aufgefallen, er habe die Entwicklung immer als "normales Wachstum" gesehen. Für ihn sei dafür die schlanke Personalstruktur ausschlaggebend gewesen - "ich habe mir gedacht, okay dort ist das Geheimnis drinnen", sagte Zimmermann. Auch zum Zeitpunkt der Schließung habe er sich "diese Dimension" nicht vorgestellt, der Umfang der Malversationen sei ihm damals "bei weitem noch nicht bekannt" gewesen.
Er als Aufsichtsrat habe sich teilweise nicht ausreichend mit Unterlagen versorgt gefühlt, sagte Zimmermann. Berichte der Finanzmarktaufsicht (FMA) und der Nationalbank habe man bekommen - "aber wahrscheinlich nur bedingt", sagte er. Darüber, dass es Beanstandungen, Verfahren und Hinweise von Whistleblowern gegeben habe, habe der Aufsichtsrat keine Informationen erhalten.
Er hätte sich in diesem Zusammenhang erwartet, dass FMA oder Nationalbank direkt den Aufsichtsrat darüber informieren. Möglicherweise habe der Vorstand von den Beanstandungen erfahren. "Die Beanstandungen sagt man dem Hund, der auf die Wurst aufpassen soll, und nicht dem, der auf den Hund aufpassen sollte", betonte Zimmermann. Mit Vertretern des Landes habe er in seiner Funktion als Aufsichtsrat, für die er 850 Euro pro Monat erhalten habe, nie Kontakt gehabt.
Geschenke
Zum SV Mattersburg, bei dem er ebenfalls im Vorstand war, und Geschenken sagte Zimmermann, dass er zu seinem 60. Geburtstag einen Silberbarren und zu seinem 50er ein Goldplättchen bekommen habe. Ähnliches habe er bei einem Freund wahrgenommen. Bei anderen Geschenken sei er nicht dabei gewesen.
Beim SV Mattersburg, dessen Sponsor er auch war, sei er mit dem Vorgehen nicht einverstanden gewesen. Der Informationsfluss habe mit der Zeit "immer weniger funktioniert". Teilweise habe er "gravierende Dinge aus den Medien erfahren", bei denen er sich eine Information aus erster Hand gewünscht hätte. Er sei zwar im Vorstand geblieben, aber eher als "unbedeutendes" Mitglied.
In der VIP-Lounge habe er immer wieder bekannte Persönlichkeiten gesehen, darunter den ehemaligen Landeshauptmann Hans Niessl, den im Zuge der Causa zurückgetretenen Landesrat Christian Illedits und die Mattersburger Bürgermeisterin Ingrid Salamon (alle SPÖ). Engeren Kontakt habe es dabei aber nicht gegeben. Die Beziehung zwischen Salamon und Pucher in der Zusammenarbeit für das geplante "Impulszentrum" sei "ein Wellental, einmal gut, einmal ganz schlecht" gewesen.
Alle Parteien hätten die Möglichkeit gehabt, im SVM-Cafe eine Veranstaltung pro Jahr abzuhalten. Die SPÖ habe das mit dem Brückenfest auch gemacht. Ob bei größeren Unternehmen wie Frequentis Provisionszahlungen geflossen seien, wisse er nicht. Auch wo das Geld hingeflossen sei, könne er nicht sagen - "leider, das frage ich mich auch sehr", betonte Zimmermann.
Kindergartenfreunde
Von Pucher, einem langjährigen Freund, mit dem er bereits im Kindergarten gewesen sei, zeigte er sich enttäuscht. Dieser sei "ein Betrüger, ein Krimineller, der seine Kunden, seine Geschäftspartner, seine Freunde und seine eigenen Verwandten betrogen hat", sagte Zimmermann. Dass Pucher ihn nun laut Medienberichten eine "wirtschaftliche Flasche" nenne, verstehe er nicht. "Das kommt von einem Banker, der eine Firma Macom gegründet hat, weil das ja so ein Weltpatent ist, dort an die 17 Millionen Euro versenkt und keinen einzigen einnimmt. Genau das ist der Mann, das kaufmännische Genie, das mich eine Flasche nennt", betonte er.
Insgesamt 28 Jahre sei er im Aufsichtsrat gewesen. Den Anruf mit der Frage, ob er die Funktion in der Bank annehme, habe er, soweit er sich erinnern könne, von Ex-Bankvorständin Franziska Klikovits erhalten. Zimmermann betonte außerdem, dass er zu keinem Zeitpunkt Mitglied der ÖVP Burgenland gewesen, sondern lediglich außerordentliches Mitglied des Wirtschaftsbundes sei, um Innungsmeister für Dachdecker, Glaser und Spengler in der Wirtschaftskammer Burgenland sein zu können.
Die Finanzprokuratur bestätigte am Donnerstagabend unterdessen, dass der Bund dem U-Ausschuss keine Akten und Unterlagen vorlegen werde. Das habe eine nochmalige Prüfung ergeben, hieß es in einem Schreiben. Auch die FMA und die Nationalbank, bei denen ebenso wie bei Innen-, Finanz- und Justizministerium angesucht wurde, könnten folglich keine Akten zur Verfügung stellen.