Das geplante Gelegenheitsverkehrsgesetz der Bundesregierung treibt den Taxlern die Zornesröte ins Gesicht. "Das ist der Todesstoß für die Branche. Die Zeichen stehen auf Sturm, wir werden uns mit allen Mitteln dagegen wehren", so Erwin Leitner, Taxi-Obmann in der Wirtschaftskammer, zur APA. Die Ministerratsvorlage zum Gesetz soll am 4. Dezember im Verkehrsausschuss des Parlaments behandelt werden, sollte es keine Änderungen geben, stellt Leitner Protestmaßnahmen in den Raum.
Was ihn so ärgert? "Dass es dann das Taxigewerbe nicht mehr gibt" - sondern nur noch Taxler, die vom Standplatz aus und mit Taxameter arbeiten, oder Taxifahrer, die von Online-Vermittlungsdiensten (von den großen Taxibetreibern bis hin zu Uber) ihre Aufträge erhalten und ohne Taxameter fahren. Wodurch Taxifahrer mit Taxameter von Vermittler-Aufträgen ausgeschlossen wären, da sie das Messgerät, sobald es verbaut und geeicht ist, auch einsetzen müssen - dies aber nicht der Tarifstruktur der Vermittler entspreche.
Gesetz wirke schlimmer als die Corona-Pandemie
Das Gesetz würde die Taxibranche noch schlimmer treffen als die Corona-Pandemie - und hier seien schon die Auswirkungen gewaltig. Auf 20 bis 30 Prozent sei das Geschäft eingebrochen, vor allem das nicht mehr vorhandene Nachtleben fehle.
Markus Freund, Obmann der Tiroler Taxiinnung, sieht in dem gestern im Ministerrat beschlossenen Antrag eine Unterstützung des US-Onlineanbieters Uber "der kein einziges Fahrzeug besitzt und keinen einzigen Lenker beschäftigt, sondern sich bestehender Unternehmen bedient". Diese würden den Kostendruck oftmals an ihre Beschäftigten weitergeben. "Aus Wien hört man, dass Fahrer aus Osteuropa angeheuert und in Massenunterkünften untergebracht werden", so Freund.
Loibner: "Schlag ins Gesicht"
Dass solche Konzerne von der Bundesregierung nun auch noch "gefördert beziehunsgweise durch solche Maßnahmen quasi nach Österreich gebeten werden", erzürnt auch den steirischen Wirtschaftskammer-Präsidenten Josef Herk. Insbesondere, da "mit der betroffenen Branche in dieser Causa vorab kein Austausch gepflegt wurde und diese von der Regierung auch nicht informiert wurde", wie es von der Wirtschaftskammer heißt.
Der Umstand, dass die österreichische Bundesregierung mit einer solchen Maßnahme gerade während einer massiven Wirtschaftskrise "statt auf regionale Betriebe auf US-Tech-Firmen setzt", sei für die gesamte Branche "ein Schlag ins Gesicht", heißt es auch von Sylvia Loibner, Chefin von Taxi-878 in Graz.
"Lohn- und Sozialdumping wird Tür und Tor geöffnet"
Unterstützung kommt von den Sozialpartnern. "Lohn- und Sozialdumping auf dem Rücken der Fahrer im Taxi- und Mietwagengewerbe wird wieder Tür und Tor geöffnet", kritisiert Karl Delfs, Bundessekretär des Fachbereichs Straße von der Gewerkschaft vida. Die ursprünglich im Gesetz geplante Tarifbindung auch für über Online-Plattformen bestellte Beförderungen sei völlig unverständlicherweise aus der Novelle eliminiert worden. "Eine gesetzliche Fusion des Taxi- und Mietwagengewerbes macht somit keinen Sinn mehr", ärgert sich Delfs.
Heftige Kritik kommt auch von der Arbeiterkammer. "Wenn dieser Entwurf Gesetz wird, wirft das Bemühungen um faire Bedingungen im Taxi-Gewerbe weit zurück", so AK-Expertin Sylvia Leodolter zur gestern im Ministerrat beschlossenen Novelle des Gelegenheitsverkehrsgesetzes.
BWB: Raum für mehr Wettbewerb wird geschaffen
Durchwegs positiv sieht die abermalige Novellierung des Gelegenheitsverkehrsgesetzes indes die Bundeswettbewerbsbehörde (BWB). Die neuen Änderungen würden "Raum für mehr Wettbewerb im Taxi- und Mietwagengewerbe schaffen".
Außerdem soll den Ländern die Möglichkeit gegeben werden, "für solche Fahrten (gemeint sind jene, die künftig ohne Taxameter stattfinden sollen, Anm.) sowohl Mindest- als auch Höchstentgelte einschließlich von Zuschlägen festzulegen", wie die BWB per Aussendung erklärt. Werden derartige Entgeltbestandteile durch die Länder nicht geregelt, "ist ein gesetzlich vorgeschriebenes Mindestentgelt von fünf Euro vorgesehen".
Breite Ausnahme von Tarifpflicht
Die neuen Änderungsvorschläge seien "bei entsprechender Ausgestaltung durch die jeweiligen Verordnungsgesetzgeber der Länder, geeignet zu sein, Preis- und Innovationswettbewerb weiterhin zu ermöglichen", sagt BWB-Chef Theodor Thanner. Dies gebe "neuen technologiebasierten Geschäftsmodellen die Möglichkeit, weiterhin am Markt tätig zu sein. Auch Konsumenten und Konsumentinnen können weiterhin aus mehreren Angeboten wählen". Diese Änderungsvorschläge, so Thanner abschließend, seien "somit zu begrüßen".
Da die Ausnahme von der der Tarifpflicht für sämtliche Fahrten gelten soll, bei denen der Fahrgast nicht am Taxistandplatz aufgenommen oder das Taxi auf der Straße herbeigewinkt wird, könnte die Novellierung auch dazu beitragen, traditionellen Taxiunternehmen einen entsprechenden Wettbewerb mit Online-Vermittlungsdiensten zu ermöglichen.