Die Spannung steigt, nicht nur in den USA. Bleibt Donald Trump im Weißen Haus oder zieht doch Joe Biden ein? Der Antwort auf diese Frage fiebert auch die stark exportorientierte österreichische Wirtschaft entgegen. Sie musste sich in den letzten Jahren gegen den protektionistischen Kurs des 45. US-Präsidenten behaupten und wünscht sich für die Zukunft mehr Berechenbarkeit und etwas weniger „America first“.
Hinter Deutschland und vor Italien sind die USA für Österreich der zweitwichtigste Handelspartner. Auch unter Trump. Bis 2018 stiegen die heimischen Warenexporte sogar auf das Rekordniveau von 10,6 Milliarden Euro an, das 2019 mit 10,24 Milliarden (minus 3,4 Prozent) nicht mehr erreicht wurde.
Die Top-Exporteure
Diesen Rückgang erklärt der österreichische Wirtschaftsdelegierte in den USA, Michael Friedl, aber nicht mit den Zöllen auf Stahl und Aluminium, sondern mit Großprojekten, die 2018 abgeschlossen wurden und im Vorjahr nicht mehr in der Außenhandelsbilanz aufschienen.
Besonders bei Maschinen und Anlagen haben sich österreichische Firmen in den USA gut positioniert. BMW Steyr, Glock, GM Powertrain, Magna, Baxter, Voestalpine und – nicht zuletzt – Red Bull sind die größten Einzelexporteure.
Hohe Investitionen
Trotz des Handelsstreits mit Europa haben sich die österreichischen Direktinvestitionen in den USA zwischen 2008 und 2019 auf 12,5 Milliarden Euro fast vervierfacht, sie planen also langfristig. „Die USA sind kein einfacher, aber extrem lukrativer Markt“, erklärt Friedl. Mit US-Importen von Gütern im Wert von 7,1 Milliarden Euro ergab sich für Österreich auch 2019 ein Außenhandelsüberschuss.
Im Jahr der Pandemie ist freilich vieles anders, die US-Wirtschaft erlebt derzeit einen nie dagewesenen Einbruch. Im ersten Halbjahr schrumpfte das Volumen der österreichischen Exporte nach USA um 15,9 Prozent auf 4,3 Milliarden Euro, die US-Importe gaben um 26,7 Prozent nach.
Biden oder Trump?
Steirische Zahlen von 2020 liegen noch nicht vor, doch bewegt sich die Steiermark im Bundestrend. Starke Steigerungen bis 2019, dann bei Exporten im Wert von 2,31 Milliarden Euro ein Minus von 4,9 Prozent. Ein Blick in die Zukunft ist schwierig, denn die Umwälzungen in der Luftfahrt- und Automobilindustrie treffen die steirische Produktion.
Auch die Auswirkungen von Wahlsiegen eines Trump oder Biden auf den heimischen Export seien schwer einzuschätzen, meint Robert Brugger, Geschäftsführer des Internationalisierungscenters Steiermark (ICS), aber: „Biden setzt mehr auf Greentech, hier hat die Steiermark eine Industrie auf Weltniveau.“
Eine klare Präferenz für den Demokraten lässt Herbert Jerich erkennen, dessen Unternehmen in den USA zehn Niederlassungen unterhält. Spezialisiert auf den weltweiten Gütertransport, spüren die Gleisdorfer die negativen Folgen der „America-first“-Politik. „Als US-Unternehmen hat man viele Vorteile und spart Steuern, davon haben auch wir schon profitiert“, sagt Jerich. „Aber das soziale Denken Trumps ist eines Präsidenten nicht würdig, da erhoffe ich mir von Biden mehr Gleichgewicht.“
"Made in USA"
Ein gestiegenes Bewusstsein für „Made in USA“ bemerkt auch Christoph Riegler, Geschäftsführer der Johann Eberhard GmbH – besser bekannt durch die Bohrer und Werkzeuge der Marke Fisch-Tools. „Die Konkurrenz durch lokale Hersteller ist schon stark gewachsen“, sagt Riegler. Selbst wenn nur das Design aus den USA kommt, werde mit „Made in USA“ geworben.
"Dazu kommt der Preisdruck durch Hersteller aus Asien, die in den USA deutlich präsenter sind als in Europa.“ Doch auch Qualität werde von den US-Kunden geschätzt. Und so kann auch das Unternehmen aus der Weststeiermark mit seinen Produkten punkten. Erst im September wurde eine neue Fertigung für Spezialbohrer in Betrieb genommen. „Die Nachfrage ist um 25 Prozent höher als erwartet.“
Einen großen Einfluss der Wahl auf das Geschäft erwartet Riegler nicht. „Die Wirtschaft findet großteils getrennt von der Politik statt.“
Hoffen auf mehr Stabilität
Die Kärntner Exporte nach Nordamerika gaben im ersten Halbjahr um rund 15 Prozent nach, die Importe aus den USA um rund 35 Prozent. „Der Zollkrieg mit China wirkt sich indirekt auch für die Kärntner Exporteure aus. Auch sie müssen Strafzölle zahlen, etwa, wenn sie Teile ihres Produktes aus China bezogen haben“, sagt Meinrad Höfferer, Abteilungsleiter für Außenwirtschaft in der Wirtschaftskammer.
Das Auf und Ab der Kalkulationen durch die Handelskonflikte und die fehlende Planungssicherheit setzen den Kärntner Exporteuren zu. Sie erhoffen vom nächsten Präsidenten Stabilität in Sachen Handelsbeziehungen. „Die USA ist ein sehr wichtiger Markt für uns. Wir generieren damit zehn Prozent unseres Umsatzes und haben gute Kundenbeziehungen“, sagt Gero Springer, Geschäftsführer der Springer Maschinenfabrik in Friesach. „Und wir haben die große Hoffnung, dass uns keine außerordentlichen Belastungen für den Export bevorstehen.“
Rückfall auf Platz 6
Auch die Treibacher Industrie AG, Infineon, Lam und Hirsch Servo sind erfolgreiche US-Exporteure aus Kärnten. Flex in Althofen macht 15 Prozent seines Umsatzes mit Lieferungen in die USA, darunter Medizinprodukte, wie zum Beispiel Injektionsgeräte, und Elektronikmodule. „Aktuell sind die US-Zoll- und Handelsbeschränkungen eine Herausforderung für uns. Und zwar nicht nur für den Export in die USA. Doch bis jetzt läuft es reibungslos“, heißt es von Flex.
Für Kärnten war Nordamerika noch 2018 nach Deutschland der zweitwichtigste Exportmarkt mit einem Ausfuhrwert von 900 Millionen Euro. 2019 fiel die Summe, weil ein Großauftrag auslief, auf 260 Millionen Euro bei gleichzeitigen US-Importen im Wert von 380 Millionen Euro. Nun ist Amerika für Kärnten Exportmarkt Nummer 6 nach Deutschland, Italien, Slowenien, China und Malaysia. Kärnten exportiert in die USA vor allem Maschinen und Anlagen, elektrotechnische Erzeugnisse bzw. so genannte „Tailor made“-Teile, also Halbfertigteile. Keine Massenware.