Der deutsche Lockdown und die bevorstehenden ähnlichen Maßnahmen in Österreich lassen die Hoffnung auf einen guten Wintersaisonstart schwinden. "Wir sind im Blindflug unterwegs. Wir wissen nicht, wann wir aufsperren können", sagt Walter Veit, Fachgruppenobmann Hotellerie in der Wirtschaftskammer Salzburg und Vizepräsident der Österreichischen Hoteliervereinigung.
Derzeit schaue es so aus, als ob mit ausländischen Gästen im November, im Dezember und vermutlich bis Jänner hinein nicht zu rechnen ist, sagte Veit, der ein Hotel im Salzburger Skigebiet Obertauern betreibt. Die Hotellerie warte jetzt erst einmal die weiteren Corona-Maßnahmen der Regierung ab. Man habe die Entscheidung, in welche Richtung es nun weitergehe, auf Mitte November verlegt. Es sei jedenfalls mit sehr wenig Geschäft zu rechnen, so der Salzburger Hotelier.
Städtehotels am Boden
Ähnlich wie in Salzburg ist die Situation auch in anderen Wintertourismusregionen.. "Für die Bundesländer im Westen ist das hart", sagte Oliver Schenk, Sprecher der Österreichischen Hoteliervereinigung (ÖHV), am Donnerstag zur APA. Die österreichischen Wintersportorte seien "die einzigen, wo es noch funktionieren hätte können", die Hotelbetriebe in den Städten seien "sowieso gerade am Boden". Auch Vorarlbergs Tourismusdirektor Christian Schützinger sprach von einer "ganz schweren Situation".
Sollte auch Österreich eine Quasi-Lockdown beschließen und so der kompletten November wegfallen, würde der vom Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo) bei der jüngsten Prognose angenommene worst case zum best case, so Schenk. Das Wifo habe für den schlechtesten Fall ein Nächtigungsminus von 33 Prozent angenommen.
Finanzhilfen für Wirte
Ähnlich drastisch fällt die Einschätzung von Mario Pulker aus, dem Gastro-Obmann in der Wirtschaftskammer (WKÖ). Die Kassen der Betriebe seien nach der coronabedingten Durststrecke leer. Schon jetzt gebe es in Österreich einen "Lockdown light".
Die Sechs-Personen-Regelung etwa tue den Gastronomiebetrieben sehr weh, da Stammtische in alter Form nicht mehr möglich seien. Auch Hochzeiten, Taufen und dergleichen gingen den Betrieben schmerzlich ab. Einige Mitgliedsbetriebe, etwa Großraumdiscos, hätten seit 15. März zu, erinnerte Pulker.
Weitere Einschränkungen lehnten die Gastronomiebetriebe natürlich ab, aber wenn man in die Nachbarländer blicke, sei ein zweiter Quasi-Lockdown wohl nicht auszuschließen. "Sollte es so weit kommen, muss man umfassend und sofort Finanzmittel an die Betriebe ausschütten", forderte Pulker. Die Betriebe bräuchten eine Art Helikoptergeld, jedenfalls "echtes Geld".
Hoffen auf Weihnachten
Es bestehe noch die geringe Hoffnung, dass nach einem weiteren Lockdown die Corona-Fallzahlen soweit gesunken sind, dass Betriebe zumindest im kleinen Rahmen vor Weihnachten aufsperren können. "Dass zu Weihnachten Gäste aus Deutschland kommen, da mache ich mir aber wenig Hoffnung", sagt der Hotelier Veit. Zunächst hagelten bereits Stornierungen für Dezember und Jänner, doch jetzt würden auch schon Stornos für Februar hereinkommen, "in diesem Monat sind wir eigentlich voll in der Hotellerie". Aber die Hoffnung sterbe zuletzt. "Wir denken positiv. Wintersport ist sehr gesund. Dass es in dieser Saison aber keinen Apres-Ski geben wird, das haben jetzt auch die Letzten verstanden".
Auch die Bergbahnen stünden in den Startlöchern, wenn aber die ausländischen Gäste ausbleiben, stelle sich die Frage, wie lange die es Liftgesellschaften finanziell aushalten, auf "Minus" zu fahren.
Schon allein aufgrund der Tatsache, dass ab 8. November deutsche Staatsbürger nach der Rückreise in ihr Heimatland zehn Tage in Quarantäne müssen und sie sich nach fünf Tagen freitesten können, werde vorerst bei uns nichts mehr stattfinden. Über 40 Prozent der Inlandsübernachtungen würden Touristen aus Deutschland ausmachen, circa 20 Prozent Touristen aus den Niederlanden, die aber gegenüber Österreich eine Reisewarnung ausgesprochen haben. Mehr als 21 Prozent der Gäste seien aus Österreich.
Stornos aus Deutschland
Ähnlich ist die Situation in Vorarlberg. In den Tourismusbetrieben in dem Bundesland wären normalerweise um diese Zeit bereits 50 bis 75 Prozent der Kapazitäten für die Wintersaison gebucht, "momentan stehen wir bei etwa einem Drittel", so Tourismusdirektor Schützinger.
Schon bei der ersten deutschen Reisewarnung habe es Stornos gegeben. Den Kopf hängen lassen will man aber nicht: "Immerhin wird es eine Wintersaison geben - und die dauert bis Ende April, es geht ja nicht nur um Weihnachten." Auch wenn die Hotels Angebot und Öffnungszeiten an der Nachfrage orientieren müssten, werde das Angebot in den Destinationen jedenfalls zur Gänze geöffnet sein. Es sei entscheidend, jetzt alles zu unternehmen, um die Infektionszahlen zu senken. "Wir hoffen auf eine Beruhigung und Änderung der Lage in einigen Wochen, damit dann auch wieder Lockerungen möglich sind", sagte Schützinger.
Ein dauerhaftes Ausbleiben deutscher Gäste würde auch Vorarlberg schwer treffen: Sie buchen rund 60 Prozent der Nächtigungen im Winter. Eine Prognose für die Wintersaison wagt Schützinger derzeit nicht. Vor dem erneuten Ausbruch habe man das Ergebnis der letztjährigen Saison in Reichweite gesehen. Im Winter 2019/20 gab es statt der sonst bis zu 5 Mio. Übernachtungen wegen des verfrühten Endes rund 4,1 Mio. Übernachtungen, also rund 900.000 weniger. Daran habe man sich orientiert, "jetzt ist es gar nicht mehr einschätzbar", sagte Schützinger. Im Vergleich mit der Situation im Frühjahr habe man aber "einiges dazugelernt". "Die Lust auf Winter, auch auf Tagesausflüge, ist grundsätzlich da, wie wir aus Befragungen wissen", betonte er. Man müsse daher nun dem Gast die Unsicherheit nehmen, indem man das Infektionsrisiko bestmöglich minimiere. So will sich Vorarlberg mit dem Corona-Winterkodex "Sicher ein guter Winter" gegen die Krise stemmen.