In der Coronapandemie haben das deutsche Gastgewerbe und die Reisebranche vor weiteren Einschränkungen für die Branche und einem damit einhergehenden "Kollaps" gewarnt. "Es kann nicht sein, dass wir wieder die Leidtragenden sind", sagte der Präsident des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes (Dehoga), Guido Zöllick, am Dienstag mit Blick auf Bund-Länder-Beratungen an diesem Mittwoch. "Einem Drittel der 245.000 Betriebe droht bei einer erneuten Schließung das Aus."
Die Zahlen des Robert-Koch-Instituts (RKI) zeigten, dass die Branche kein relevantes Infektionsgeschehen aufweise. Wenn Hotellerie und Gastronomie zeitweise geschlossen werde, müssten die politisch Verantwortlichen "schnell und vollumfänglich für den Schaden aufkommen", forderte Zöllick.
"Nie ein Infektionsherd"
Zudem veröffentlichten rund 30 führende Vertreter der Gastrobranche einen "Brandbrief" an Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und die Ministerpräsidenten der Länder, in dem sie drohende weitere Einschränkungen der Öffnungszeiten bis hin zur vorläufigen Schließung als unverhältnismäßig und falsch darstellten. Die Gastronomie stehe unter strengen Auflagen, betonten sie. "In der aktuellen zweiten Welle der Coronapandemie war die Gastronomie nie ein Infektionsherd", heißt es in dem Brief, den unter anderem Vertreter der Cafe- und Restaurantketten L'Osteria, Hans im Glück, Nordsee, Block House und Coffee Fellows unterzeichneten. Auch der Koch Tim Mälzer war dabei.
Die Gastronomen warnten davor, dass bei einer Schließung Menschen aus den sicheren Restaurants ins private Umfeld verdrängt würden - das aber sei der "Hotspot" der Infektion. Zudem könnten Schließungen dazu führen, dass die Menschen frustriert werden und ihre Aufmerksamkeit bei Schutzmaßnahmen nachlasse. Die Branchenvertreter zeichneten ein düsteres Bild für den Fall der Fälle: "Einen zweiten Lockdown überleben viele Betriebe der Branche nicht."
"Werden grundlos zum Bauernopfer der Pandemie-Politik"
Der Deutsche Reiseverband (DRV) rechnet für den Zeitraum von März bis zum Jahresende mit einem Umsatzeinbruch von mehr als 28 Milliarden Euro bei Reiseveranstaltern und Reisebüros. Das entspreche einem Rückgang von rund 80 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. "Durch Reisebeschränkungen und Quarantänevorschriften erlebt die Reisewirtschaft bereits jetzt einen zweiten Lockdown", kritisierte der Verband. DRV-Präsident Norbert Fiebig forderte eine entsprechende wirtschaftliche Unterstützung der Branche. Um auf die Lage der Unternehmen aufmerksam zu machen, ist für diesen Mittwoch gemeinsam mit der Veranstaltungswirtschaft eine Kundgebung in Berlin geplant.
Der Bundesverband der Deutschen Tourismuswirtschaft (BTW) warnte: "Wenn Restaurants dicht gemacht und Veranstaltungen verboten würden, würden einmal mehr insbesondere kleine und mittelständische Unternehmen der Tourismusbranche grundlos zum Bauernopfer der Pandemie-Politik."
Kanzlerin konferiert mit den Ministerpräsidenten
Wegen der angespannten Coronalage beraten die Kanzlerin und die Ministerpräsidenten der Länder bereits an diesem Mittwoch in einer Videokonferenz über das weitere Vorgehen. Es gehe darum, was Bund und Länder gemeinsam tun könnten, um möglichst schnell den Trend zu brechen, hatte Regierungssprecher Steffen Seibert am Montag gesagt.
Das Kanzleramt will nach "Bild"-Informationen bei der Bund-Länder-Runde für weitere Einschränkungen des öffentlichen Lebens werben. Im Gegensatz zum "Lockdown" im Frühjahr, bei dem die Wirtschaft und das öffentliche Leben weitestgehend heruntergefahren wurden, sollten Schulen und Kitas jedoch weiter geöffnet bleiben, außer in Regionen mit katastrophal hohen Infektionszahlen.