Angesichts rapide steigender Corona-Infektionszahlen werden Reisewarnungen für Österreich derzeit spürbar ausgeweitet. Deutschland erklärte nun alle Bundesländer zum Risikogebiet, mit Ausnahme Kärntens. Den ohnedies schon fast am Boden liegenden Tourismus trifft das massiv. "Die Auswirkungen kann man noch nicht abschätzen, aber es wird manchen den Rest geben", befürchtet der Sprecher der Hoteliervereinigung, Martin Stanits. Denn nun steht die nächste Stornowelle bevor.

"Jetzt ist es ganz schlimm", bekräftigte die Obfrau des Fachverbands Hotellerie in der Wirtschaftskammer Österreich, Susanne Kraus-Winkler, im Gespräch mit der APA. "Für uns ist das natürlich ein großer und herber Schlag - sowohl für den Herbst- als auch für den Wintertourismus." Die Branche habe so viel getan, um den Aufenthalt der Gäste im jeweiligen Betrieb sicher zu machen - "und laut AGES (Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit, Anm.) sind nur zwei bis drei Prozent aller Corona-Fälle aus der Gastronomie und Hotellerie herzuleiten, der größte Spreader sind die Haushalte, das eigene familiäre Umfeld mit fast 45 Prozent", so die Branchensprecherin. "Nicht das Reisen an sich verbreitet das Virus, sondern das falsche Verhalten", meinte sie.

Wichtigste Urlaubergruppe

Die Deutschen sind von der Zahl der Nächtigungen her die mit Abstand wichtigste Urlaubergruppe in Österreich - in einer normalen Wintersaison entfallen rund 40 Prozent aller Buchungen in den heimischen Hotels, Pensionen und Ferienwohnungen auf deutsche Gäste. Das lässt die Wucht der Reisewarnung aus Berlin erahnen.

"Die Reisewarnung Deutschlands wirkt sich natürlich massiv aus, das ist eine echte Einschränkung - wegen der daran geknüpften Quarantäne überlegst du es dir doppelt und dreifach, ob du ein paar Tage Urlaub buchst - unabhängig vor einer Sorge vor Ansteckung", erklärte der Branchensprecher. "Das geht auch an Gästegruppen, die nicht verunsichert sind."

"Wir müssen damit rechnen, dass die nächste Stornowelle kommt - und das von einem niedrigen Buchungsniveau aus", schilderte Stanits die Situation.

Fixkostenzuschuss

Umso wichtiger ist es laut Österreichischer Hoteliervereinigung (ÖHV) nun, dass es Maßnahmen der Regierung gebe. "Was jetzt wirklich dringend ist, ist Wirtschaftshilfe für die Branche", betonte Stanits. "Wir haben immer noch laufende Kosten und immer noch keinen Fixkostenzuschuss - da muss man jetzt was tun", so sein Appell an die Politik. "Jetzt stehen die doppelten Gehälter an, mit den Weihnachtsgeldern, und die Häuser sind leer."

Bisher habe es geheißen, die Betriebe müssten "sicher sein für die Gäste", so der ÖHV-Sprecher mit Blick auf die dort mittlerweile längst eingeführten Sicherheitskonzepte inklusive Abstandsregeln, Sperrstunden, Maskenpflicht und Hygienemaßnahmen.

Konzept für Skihütten

Jetzt brauche es mehr, zum Beispiel auch "schnelle Auszahlungen nach dem Epidemiegesetz - in den westlichen Bundesländern, wo gesperrt war, sind die Entschädigungszahlungen nach einem halben Jahr immer noch nicht ausgezahlt worden", kritisierte Stanits. Auch für den Kulturbereich, den Kongresstourismus, die Nachgastronomie und Skihütten sei nun eine Art "Freeze-Konzept" zu überlegen, also ausgedehnte Stundungen von Zahlungsverpflichtungen wie Sozialversicherung, Kreditzahlungen, etc. "Wie sollen die Betriebe die laufenden Kosten und die Rückzahlungen finanzieren - das geht sich nicht aus", machte Stanits auf die prekäre Lage zahlreicher Unternehmen aufmerksam.

Betreffend ständig wechselnder Vorschriften - per Freitag gelten in Österreich weitere, coronabedingte Einschränkungen, die der Branche im Detail immer noch nicht bekannt sind, da die entsprechende Verordnung dazu noch nicht veröffentlicht wurde - forderte die WKÖ-Branchensprecherin "eine neue Teststrategie". "Wir brauchen großflächige Schnelltests, damit wir grundsätzlich wirtschaftlich tätig sein können", schlug Kraus-Winkler für Veranstaltungen wie Seminare, Hochzeiten und Familienfeiern vor. Wenn alle Teilnehmer Covid-19-negativ seien, solle die Zusammenkunft stattfinden dürfen. "Man kann einen Betrieb nicht ständig rauf- und runterfahren."

Die ausgedehnte deutsche Reisewarnung gilt ab Samstag, teilte das deutsche Robert-Koch-Institut am Donnerstag auf seiner Website mit. Auch die Niederlande verschärften ihre Reisewarnungen erneut - für Einreisende aus Oberösterreich und Salzburg gilt nun ebenfalls Quarantänepflicht. Für den heimischen Tourismus ist das ebenfalls ein herber Rückschlag, denn die Holländer sind - mit großem Abstand zu den Deutschen - die zweitwichtigste Urlaubergruppe aus dem Ausland.

Bereits bisher hatte das für Österreich wichtigste Urlauberherkunftsland Deutschland vor Reisen nach Wien, Tirol und Vorarlberg - mit Ausnahme der Exklaven Kleinwalsertal und Jungholz - gewarnt. Ab Samstag gelten auch Oberösterreich, Niederösterreich, Salzburg, die Steiermark und das Burgenland als Risikogebiet. Die damit zusammenhängende Reisewarnung des Auswärtigen Amtes in Berlin gilt ab Samstag um 0.00 Uhr. Einreisende aus Risikogebieten müssen für 14 Tage in Quarantäne, können sich aber durch einen negativen Corona-Test vorzeitig davon befreien lassen.