Während der Coronakrise ist der Klimawandel etwas aus dem Fokus der Öffentlichkeit gerückt. Doch nach einem kurzzeitigen Rückgang des weltweiten CO2-Ausstoßes um 8,8 Prozent, steigen die Zahlen wieder. Die Politik will kräftig Gegensteuern. Bis 2040 soll Österreich klimaneutral sein, bis 2050 die EU.
Neben klassischen Einsparungen von Treibhausgasen gibt es einen zweiten Weg, dieses Ziel zu erreichen. Die Kompensation durch Investitionen in Umweltschutzprojekte – von Kritikern oft als eine Art Ablasshandel bezeichnet.
Kompensieren der Vergangenheit
Aufhorchen ließ bei dem Thema jüngst die Firma Velux. Der dänische Spezialist für Dachfenster will bis 2040 nicht nur klimaneutral sein, sondern auch den gesamten CO2-Ausstoß seit Firmengründung kompensieren. „Dafür haben wir eine Berechnungsmethode entwickelt“, erklärt Bernhard Hirschmüller, Geschäftsführer von Velux Österreich. Das Unternehmen wird so in den kommenden 20 Jahren Kompensationsmaßnahmen für 5,6 Millionen Tonnen CO2 finanzieren.
Methoden, um das Treibhausgas einzusparen oder zu binden, gibt es zuhauf. Dabei helfen Institutionen wie die Kompetenzstelle für Klimaneutralität der Universität für Bodenkultur in Wien (BOKU). In unterschiedlichen Projekten quer über den Planeten verstreut, wird dabei der globalen Erwärmung der Kampf angesagt. Alle zwei Jahre gibt es die Möglichkeit, Vorschläge für Projekte einzubringen, hierzu wird die ganze „Klimaschutz-Szene Österreichs“ zur Mitwirkung eingeladen.
Die Nachfrage nach den Kompensationsmodellen ist gut, auf die Frage, wie die Sicherstellung der nachhaltigen Wirksamkeit kontrolliert wird, antwortet Dominik Schmitz, Leiter der Kompetenzstelle: „Die Projekte basieren grundsätzlich auf viel Vertrauen, aber ein Institut der BOKU ist immer involviert. Neben laufender Fortschrittsberichterstattung gibt es laufend Projektleitermeetings. Aufgrund der dünnen Personaldecke müssen wir aber so effizient wie möglich arbeiten.“
Aufforsten mit dem WWF
Der Fensterspezialist Velux setzt bei seinen Projekten auf den WWF als Partner. „Hier haben wir die nötige Expertise nicht im Unternehmen, deshalb haben wir uns an die Umweltorganisation gewandt.“ Konkret wird Velux fünf Waldprojekte unterstützen, unter anderem in Uganda und Myanmar. „Es sollen zehn Millionen Bäume gepflanzt werden und Wildkorridore erhalten bleiben.“
Den Vorwurf, dass es sich bei solchen Projekten nur um ein „grünes Mascherl“ handle, lässt Hirschmüller nicht gelten. „Seit der Gründung investiert Velux jährlich 40 Prozent des Gewinns in gemeinnützige Projekte. Der Gesellschaft etwas zurückzugeben ist Teil unserer Unternehmens-DNA.“
Komplizierte EU-Gesetze
Was bei vielen Klimaschutzprojekten – auch dem von Velux – auffällt: Sie sind in Entwicklungsländern angesiedelt. Dabei findet der Großteil des CO2-Ausstoßes in Industriestaaten statt. In der EU liegt das an komplexen Emissionsgesetzen. Würde ein Unternehmen in ein österreichisches Klimaschutzprojekt investieren, würde das der CO2-Bilanz von Österreich angerechnet werden, dürfte aber nicht ein zweites Mal gezählt werden. Unternehmen können die Investitionen nicht als eigene Maßnahme geltend machen, was bei Projekten im EU-Ausland schon möglich ist.
Und dennoch kann man auch direkt in Österreich seinen CO2-Ausstoß kompensieren – beispielsweise mit Humus aus Kaindorf. Durch schonende Arbeitsweise und Reduktion der Arbeitsgänge steigern die Landwirte den Humusgehalt auf Äckern. Es dauert drei bis sieben Jahre, bis eine ausreichende Anreicherung mit Humus erzielt werden kann, was mittels Bodenproben durch die Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) festgestellt wird.
Der Prozentanteil des zusätzlichen Humus wird in CO2-Tonnen umgerechnet. Pro Hektar sollen so in einem Jahr neun Tonnen CO2 aus der Atmosphäre gebunden werden. Auf 4500 Hektar Fläche machen über 340 Landwirte beim Humusaufbau mit – man ist weiter auf der Suche nach motivierten Bauern, denn derzeit sind die Zertifikate restlos ausverkauft.
Darüber hinaus unternimmt die Ökoregion Kaindorf weitere Initiativen rund um die Themen Kompost, Natur im Garten und Bewusstseinsbildung. Projektmanagerin Margit Krobath fasst zusammen: „Wir wollen einfach nur die Welt retten.“