In den nächsten sechs Jahren, von 2021 bis 2026, werden 17,5 Milliarden Euro in die Erneuerung und den Ausbau der Bahn-Infrastruktur investiert. Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne) und ÖBB-Chef Andreas Matthä präsentierten heute, Freitag, gemeinsam bei einer Pressekonferenz in Wien die Projekte des neuen ÖBB-Rahmenplans. Damit soll die Bahn schneller und attraktiver werden, sowohl im Personenverkehr als auch im Gütertransport.
Im neuen Rahmenplan 2021 bis 2026 werden alle Projekte des Rahmenplans 2018 bis 2023 weitergeführt. Projekte mit einem Gesamtvolumen von 8,0 Milliarden Euro wurden neu aufgenommen, damit wird das bisher größte Investitionsprogramm in die Schiene geschnürt. Die Investitionen in die Schieneninfrastruktur liegen in Österreich pro Kopf doppelt so hoch wie in Deutschland. Auch die Bedeutung der Investitionen für die heimische Wirtschaft und die Schaffung und den Erhalt von Arbeitsplätzen wurde bei der Präsentation betont.
Das Investitionsprogramm sei ein Klimaschutzpaket für alle neun Bundesländer, betonte Gewessler: "Mehr als 17 Milliarden Euro für Bahnprojekte im ganzen Land sind eine Ansage im Kampf gegen die Klimakrise." Auch der ÖBB-Chef unterstrich die umweltpolitische Intention: "Gegen Corona wird es irgendwann eine Impfung geben, gegen den Klimawandel ganz sicher nicht, daher müssen wir aktiv dagegen vorgehen", sagte Matthä.
Weniger Passagiere
Infolge der Corona-Pandemie sind die Passagierzahlen bei der Bundesbahn von Jänner bis September um 37 Prozent eingebrochen, der Güterverkehr ist um 10 bis 15 Prozent gesunken. Derzeit verlaufe die Entwicklung seitwärts bzw. ganz leicht steigend. Die Reisewarnungen hätten den Fernverkehr aber wieder gedämpft. "Es fällt nicht ins Bodenlose" versicherte Matthä. Für die Zeit nach Corona gibt es schon Wachstumsprognosen. Der ÖBB-Chef erwartet im Jahr 2026 290 Millionen Passagiere auf der Schiene. Zum Vergleich: Im Jahr 2019 waren es 266,7 Millionen Bahnpassagiere.
Beim 1-2-3-Ticket wird zunächst nur die dritte Stufe, das österreichweite Öffi-Ticket, kommen, der Bund prescht also vor. Die Finanzierung für das "Dreier-Ticket" sei gesichert, man wolle im ersten Halbjahr 2021 damit starten, erklärte Gewessler. Für die Realisierung der ersten und zweiten Stufe sei man in intensiven Gesprächen mit den Ländern.
Regionalbahnen attraktivieren
Der neue Rahmenplan umfasst mehr S-Bahnen in und rund um die Städte, ein Schwerpunkt liegt in der Ostregion auf der Schnellbahn-Stammstrecke, wo ein Zweieinhalbminuten-Takt angestrebt ist. Weiters werden Regionalbahnen attraktiviert und die Elektrifizierung vorangetrieben, etwa bei der Grazer Ostbahn oder der Traisentalbahn. Auch Digitalisierung und Effizienzsteigerung sollen weiter intensiviert werden. In Oberösterreich wird die Strecke Linz-Wels und die Pyhrnbahn Linz-Selzthal ausgebaut. In Salzburg wird u.a. die Verbindung Bischofshofen - Stainach-Irdning verbessert. In Kärnten kam durch den neuen Rahmenplan die Attraktivierung der Ossiacherseebahn zwischen Villach und St. Veit als Planungsprojekt dazu.
Von den 17,5 Milliarden Euro fließt rund ein Drittel in die großen Tunnelprojekte Brennerbasistunnel, Semmeringbasistunnel und Koralmbahn. Weitere Schwerpunkte: "Park and Ride" und Lärmschutz, Bahnhofsumbauten und Streckenausbauten. Aber auch ins rollende Material gehen die Investitionen: Circa drei Milliarden Euro werden bis 2026 in neue Fahrzeuge fließen. Dazu gehört auch die Aufstockung der Nachtzugflotte.
Vielfaches Lob
Die Gewerkschaft vida begrüßt das Ausbauprogramm für die Schiene im ÖBB-Rahmenplan. Günter Blumthaler, Vorsitzender des Fachbereichs Eisenbahn, fordert darüber hinaus Maßnahmen, um eine weitere Rückverlagerung von Millionen Gütertonnen zum Lkw-Straßentransport zu stoppen. Dabei kann sich der vida-Gewerkschafter eine staatliche Industrieförderung zur Verlagerung von Gütern von der Straße auf die Schiene vorstellen.
Der Verkehrsclub Österreich (VCÖ) lobt die Verbesserung der Nahverkehrsverbindungen. Gerade in den Ballungsräumen sei die Bahn bereits an Kapazitätsgrenzen angelangt. Der viergleisige Ausbau Wels-Linz werde die Verkehrsbelastung im Raum Linz verringern. Durch die Modernisierung der S-Bahn Stammstrecke in Wien werden auf dieser zentralen Verbindung in Zukunft 26 statt 20 Züge pro Stunde fahren können.
Lob kommt auch von den Wiener Grünen. Von den Investitionen im Umfang von 6 Milliarden Euro in der Ostregion seien die wichtigsten Projekte die Modernisierung der S-Bahn-Stammstrecke durch Wien, der Ausbau der Verbindungsbahn Meidling-Hütteldorf, der viergleisige Ausbau der Südbahn zwischen Meidling und Mödling sowie Bahnhofsumbauten. Bahnsteigverlängerungen und die Einführung des europäischen Zugbeeinflussungssystems ETCS auf der Stammstrecke brächten eine wesentlich höhere Kapazität durch mehr und längere Züge. Auch werde dadurch die Pünktlichkeit erhöht und die Fahrzeit Floridsdorf-Meidling um zwei Minuten verkürzt. Der öffentliche Verkehr werde für Pendlerinnen und Pendler attraktiver, das sei ein Schritt zur "Klimahauptstadt" Wien.