Der Fahrzeugmarkt ist im September erstmals seit gut zwei Jahren zeitgleich sowohl in Europa als auch in den USA und in China gewachsen. In Europa erreichte dabei der Anteil von Elektroautos an den Neuzulassungen einen Rekordwert. Trotz des Absatzwachstums im September müssen sich die Autobauer nach Einschätzung von Branchenexperten aber weiterhin auf schwere Zeiten einstellen.
In der Europäischen Union stieg die Zahl der neu angemeldeten Autos im Vergleich zum Vorjahresmonat um ein Prozent und lag bei 1,3 Millionen, wie der Verband der Automobilindustrie (VDA) am Freitag in Berlin mitteilte. Zum ersten Mal wurde heuer damit ein Wachstum im Vergleich zum Vorjahresmonat verzeichnet. Allerdings habe der September 2019 wegen eines Sondereffekts ein vergleichsweise niedriges Niveau und zudem einen Arbeitstag weniger gehabt, fügte der VDA hinzu.
Die fünf größten Einzelmärkte in Europa entwickelten sich dabei unterschiedlich: Italien zeigte mit einem Wachstum von zehn Prozent die kräftigste Dynamik, Deutschland wuchs um acht Prozent. Frankreich und Großbritannien verloren dagegen leicht im Vorjahresvergleich, Spanien lag zweistellig im Minus.
Minus bleibt
Der VDA betonte, dass im bisherigen Jahresverlauf trotz des Absatzwachstums im September noch alle Märkte "erheblich im Minus" seien. In den ersten drei Quartalen dieses Jahres habe sich ein massiver Einbruch des Automarkts infolge der Coronapandemie gezeigt. Insgesamt wurden den Angaben zufolge in Europa bis Ende September 8,6 Millionen Neufahrzeuge angemeldet, 29 Prozent weniger als im Vorjahreszeitraum.
In den USA wuchs der Markt für Autos und Kleintransporter laut VDA um sechs Prozent auf 1,3 Millionen Neufahrzeuge und übertraf damit erstmals seit Februar einen Vorjahresmonat. In China stiegen die Pkw-Verkäufe demnach um acht Prozent auf knapp 2,1 Millionen Neuwagen - dort war es bereits der fünfte Wachstumsmonat in Folge. Allerdings liegt der Absatz auch in der Volksrepublik im bisherigen Jahresverlauf mit 13,1 Millionen Pkw noch um 13 Prozent unter dem Volumen des Vergleichszeitraumes im Vorjahr.
Über 10 Prozent E-Autos
Einen regelrechten Boom gab es nach Angaben der Beratungsgesellschaft EY im September erneut bei neuzugelassenen Elektroautos in Europa. Im September hatte demnach fast jeder neunte Neuwagen in den fünf größten Märkten Deutschland, Großbritannien, Frankreich, Italien und Spanien einen elektrifizierten Antrieb, der Marktanteil betrug 10,6 Prozent.
In Deutschland war "sogar jeder sechste neu zugelassene Pkw entweder ein Elektroauto oder ein Plug-in-Hybrid, in Österreich jeder neunte", erklärte EY. Insgesamt kletterte der Absatz von Elektroautos in den Top-5-Märkten demnach um 199 Prozent, was knapp einer Verdreifachung entspricht. Die höchsten Zuwachsraten gab es in Deutschland (plus 260 Prozent) und Italien (plus 225 Prozent), In Österreich verdoppelten sich die Elektro-Neuzulassungen im September immerhin.
Boomb bei Plug-in-Hybrid
Bei Plug-in-Hybriden fiel das Wachstum demnach noch kräftiger aus: Um 295 Prozent legten die Neuzulassungen in den Top-5-Märkten zu. Frankreich und Deutschland meldeten die höchsten Wachstumsraten, Österreich kam auf plus 199 Prozent.
In den kommenden Monaten werde sich der Trend in Richtung Elektromobilität weiter verstärken, erklärte EY-Fahrzeugmarktexperte Peter Fuß. "Die staatlichen Unterstützungen beim Kauf von Elektroautos und Plug-in-Hybriden sind in vielen Ländern inzwischen enorm."
Insgesamt schiebe der Automarkt aber "noch immer die massiven Einbußen des ersten Halbjahres vor sich her", erklärte Fuß. "Unterm Strich werden wir daher am Jahresende ein dickes Minus sehen."
Der Autokonzern Daimler, der im Zuge der Coronapandemie im zweiten Quartal einen Verlust von 1,68 Milliarden Euro eingefahren hatte, legte am Donnerstagabend unterdessen unerwartet gute Quartalszahlen vor. Das Ergebnis vor Zinsen und Steuern liege bei 3,07 Milliarden Euro, erklärte das Unternehmen und verwies zur Begründung unter anderem auf eine "strenge Kostendisziplin" und "umfangreiche Maßnahmen zum Erhalt der Liquidität".
Linken-Chef Bernd Riexinger warf Daimler daraufhin am Freitag "ein Abwälzen der Kosten auf die Solidargemeinschaft" vor. Daimler habe "tausende Beschäftigte in Kurzarbeit geschickt und so seine Gewinne über Sozialkassen finanziert", kritisierte er. "Wer staatliche Unterstützung braucht, sei es Kurzarbeit oder direkte Hilfe, darf keine Dividenden auszahlen", forderte Riexinger.