Diese Reihung dürfte nicht von allen Zuhörern im Kongress Schladming so erwartet worden sein: Der Diskonter Hofer bietet das beste Kundenerlebnis („Customer Experience“) im Lebensmitteleinzelhandel – das ist eines der Ergebnisse einer Studie, die Andrea Fronaschütz, Geschäftsführerin des Gallup Institutes, beim Handelsforum des Branchenmagazins Cash vorstellte.
Ausschlaggebend für Kunden seien die Effektivität beim Einkaufen, die Einfachheit in der Interaktion, nicht zuletzt Emotionen und die Erfüllung der Erwartungen. „Der Lebensmittelhandel schafft es insgesamt, die Erwartungen zu befriedigen, aber er übererfüllt sie nicht“, fasst Fronaschütz zusammen.
Auf Platz zwei in dieser Reihung kommt Interspar, dann Spar, Lidl, Merkur und Billa. (Im Drogeriefachhandel führt Marionnaud diese Wertung an – vor dm, Müller, Yves Rocher, Bipa und Douglas).
Andere Werte
Dies, obwohl die Pandemie den Onlineboom verstärkt hat, auch im Lebensmittelhandel – aber Hofer sich online auf ein Minisegment beschränkt, während Billa 9000 Waren im Webshop anbietet. Die Frage, ob Hofer Nummer eins sei, weil man auf die Onlinelieferung großteils verzichte, verneint Fronaschütz. Aber: „Das Einkaufserlebnis ist wichtiger geworden, das Bedürfnis nach Interaktion, nach Sicherheit. Das Erlebnis fehlt vor allem den Jungen“, sagt die Meinungs- und Marktforscherin.
Die Corona-Krise verschiebe Werte und das wirke sich auch beim Konsum aus. „Bewusster, maßvoller, nachhaltiger Konsum“ laute aktuell das Leitbild. Das hieße, acht von zehn Konsumenten wollen stärker auf die regionale Herkunft der Produkte achten, für zwei Drittel spiele die Qualität eine größere Rolle. Für jene, die von Gehaltseinbußen oder Arbeitslosigkeit betroffen sind, sei aber beim Einkauf der Preis das Hauptkriterium. „Corona hat die größere Zäsur im Konsumverhalten ausgelöst als die Finanzkrise“, so Fronaschütz. Waren 2009 laut Umfragen Globalisierung und Mobilität die Zukunftsthemen, seien das 2020 Regionalität, Natur, Digitalisierung.
Das Flugblatt
Für manche überraschend mag da die Erkenntnis sein, dass das Flugblatt als Informationsquelle und für das Kundenerlebnis nach wie vor hohen Stellenwert genießt.
Das spannt den Bogen zur Post, die davon als Zustellerin profitiert. „Der Werbemitteleinsatz des Handels beim Flugblatt nimmt zu“, bestätigt Peter Umundum, Logistikvorstand der Post. Das teilstaatliche Unternehmen ist Gewinner des Onlinewachstums und zudem bevorzugter Zusteller von Onlineeinkäufern, wie Fronaschütz erklärt.
Wo die Post investiert
Umundum führt das auf das Vertrauen in die Marke zurück. „Wir haben eine Erstzustellquote von 92 Prozent, das Ziel muss 100 Prozent lauten.“ In die Verbesserung werde aktuell eine halbe Milliarde Euro investiert, etwa in neue Verteilzentren, in einen größeren (und alternativ betriebenen) Fuhrpark, in die IT, in Abhol- und Empfangsboxen. 700.000 Haushalte hätten bereits eine Abstellgenehmigung erteilt (vor der Haus- bzw. Wohnungstür). Auch mobile Services, wie die Änderung der Zustelladresse, seien noch ausbaufähig. „Von uns wird erwartet, dass die Zustellung funktioniert. Ein gelber Zettel gilt bereits als Ärgernis“, weiß der Logistik-Experte.
„Die Krise beschleunigt die Evolution“, betonte Bank-Austria-Chefökonom Stefan Bruckbauer. Dass der Einzelhandel (mit Ausnahmen) heuer so stark ist, überraschte ihn dennoch. Ab dem dritten Quartal sieht er eine starke wirtschaftliche Erholung. Die Inflation bleibe niedrig, auch die Zinsen. Sie sollen erst in 15 Jahren wieder steigen.