Das heute von Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) präsentierte Budget 2021 bildet die von der Regierung ergriffenen Covid-Maßnahmen gut ab. Aber weder das Budget noch der neue Finanzrahmen lassen darüber hinaus gehenden Schwerpunkte erkennen, das erklärte Wifo-Chef Christoph Badelt im Gespräch mit der APA. So sei etwa die Steuerreform nicht im Budget eingepreist. "Ich schließe daraus, dass es keine entsprechenden Beschlüsse gibt", sagte Badelt.
"Ich glaube, dass das Budget die Corona-Hilfsmaßnahmen gut abbildet und erstmals einen Überblick über die Ausgaben und Einnahmen gibt. Das hohe Defizit (von über sechs Prozent) überrascht mich nicht. Ich halte es für gut und notwendig." Aber man erkenne für 2021 keine Schwerpunkte abseits der Pandemie und auch der geplante Finanzrahmen gibt dazu keine wirkliche Information. So seien 2021 etwa 90 Millionen zusätzlich für die Pflege budgetiert, aber keine grundlegende Pflegereform, die unzweifelhaft kommen muss.
Auch bei der geplanten Steuerreform wurde zwar der erste Schritt mit der Absenkung des Eingangssteuersatzes gesetzt, aber es sei nicht ersichtlich, wie es weitergeht. Vieles scheine noch nicht ausgegoren zu sein, so Badelt. "Das ist bemerkenswert."
"Das kann daran liegen, dass die Energie gefehlt hat." Vielleicht sei die Politik durch die Bekämpfung der Pandemie überlastet gewesen, "es wäre aber interessant zu wissen, wie es weiter geht". "Was sind die Pläne für die Steuerreform, im Pflegebereich, beim Klimaschutz? Wir Ökonomen sagen, das Budget ist in Zahlen gegossene Politik. Beim vorliegenden Budget sieht man, wie die Politik mit der Krise umgeht, aber nicht was darüber hinaus geplant ist."
Konzentration auf Covid, "nicht mehr und nicht weniger"
So sei auch nicht erkennbar, wie man die bis 2023 vorgesehene Absenkung des Defizits auf unter drei Prozent erreichen wolle, wenn gleichzeitig andere Vorhaben, wie zum Beispiel eine ökosoziale Abgabenreform, mehr Geld für Pflege und Umweltschutz, etc. umgesetzt werden sollen. Auch die anstehenden Themen im Finanzausgleich sind noch offen. "Über die politischen Diskussionen in der Postcorona-Zeit sagt das Budget nichts. Irgendwann wird man aber mehr sehen müssen", mahnt der Wifo-Chef.
Und er nennt ein weiteres Beispiel: So habe man höhere Beiträge für die Pensionsversicherung eingepreist, um die kurzfristigen Ausfälle zu ersetzen. Der Finanzrahmen sage aber nichts darüber aus, wie es danach aussehen soll. "Hofft man, dass es sich von selbst erholt oder will man Maßnahmen setzen? Diese Frage ist völlig offen", so Badelt.
Der Finanzminister habe sich auf Covid konzentriert und das ordentlich dargestellt. Es sei gut, dass man sieht, wie mit der Coronakrise umgegangen werde, "aber es ist nicht mehr und nicht weniger", zeichnete Badelt ein "ambivalentes Bild". Dass es für die Hochschulen, Justiz und Militär mehr Geld geben wird, "sind notwendige Dinge, aber irgendwann muss man das Gesamtbild sehen".
Kein Rückzahlungsplan
Für den industrienahen Think-Tank Agenda Austria ist "Koste es, was es wolle" für das Jahr 2020 nachvollziehbar. Allerdings gelte das nicht für den Budgetpfad für die kommenden Jahre. Konkret wird kritisiert, dass auch im kommenden Jahr ein kräftiges Budgetdefizit erzielt werden wird - und das, obwohl mit einem Rekordwachstum gerechnet werden könne.
"Der Ausstieg aus der Rettungspolitik und eine Rückkehr zu mehr Marktwirtschaft gelingt dieser Regierung mit diesem Budgetplan nicht. Vielmehr läuft sie Gefahr, in die überwunden geglaubten Muster früherer Regierungen zu verfallen: Das Volk mit schuldenfinanzierten Ausgabenprogrammen bei Laune zu halten", resümiert der Budget-Experte der Agenda Austria, Hanno Lorenz.
IHS-Chef sieht "leistbares" Budget
"Ja", man könne sich dieses Budget finanziell im Moment "leisten", heißt es zur Kleinen Zeitung indes von Martin Kocher, Chef des Instituts für höhere Studien (IHS) und Präsident des Fiskalrats. Die Zinslast sei zurzeit "gering", Staatsanleihen (siehe links) würden "stark nachgefragt", zudem liege selbst eine prognostizierte Staatsverschuldung nahe der 85 Prozent noch unter Werten, die man etwa nach der Finanzkrise 2008/09 erreichte.
Die Kehrseite der von Coronahilfen überschatteten Zahlen: "Ich kann das Geld jetzt nicht für andere Dinge ausgeben", sagt Kocher. Zudem hätte die Vorschau "etwas ambitionierter" ausfallen können. Umfangreiche und komplexe Themen wie Steuerbelastung, demografische Entwicklung, Klimaschutz oder der Bereich Innovation und Forschung würden in Tagen wie diesen zu kurz kommen.