Wifo-Arbeitsmarktökonom Helmut Mahringer erwartet keine Kündigungswelle beim Übergang von der zweiten auf die dritte Phase der Corona-Kurzarbeit. "In Einzelfällen können Kündigungen aber schon vorkommen", sagte Mahringer am Freitag zur APA. Seit heute, Freitag, können Unternehmen die Phase 3 der Kurzarbeit bis maximal Ende März 2021 beim Arbeitsmarktservice (AMS) beantragen.
Ende September waren noch 295.000 Personen in Kurzarbeit, davon 130.000 in der Warenherstellung (Industrie und Gewerbe). Im Mai war der coronabedingte Höhepunkt mit 1,35 Millionen Betroffenen, seitdem sinken die Kurzarbeitszahlen kontinuierlich. Die Kriterien wurden für die dritte Phase verschärft, so muss beispielsweise mehr gearbeitet werden und die Betriebe müssen die Reduktion der Arbeitszeit rechtfertigen. Für betroffene Arbeitnehmer ändert sich nicht, sie erhalten je nach Einkommen weiterhin zwischen 80 und 90 Prozent ihres Nettogehalts oder Lohns.
Der Wifo-Arbeitsmarktökonom rechnet mit einem Sinken der Kurzarbeitszahlen im Oktober und einem Anstieg in den Wintermonaten. "Wir gehen aber nicht davon aus, dass die Kurzarbeitszahlen höher sein werden als in der Phase 2", sagte Mahringer. Die zweite Phase der Corona-Kurzarbeit lief von Juli bis Ende September.
Verkehrsbüro Group geht in dritte Phase der Kurzarbeit
Ob es zu zahlreichen weiteren Kündigungen nach Auslaufen der zweiten Kurzarbeitsphase kommt, lässt sich derzeit noch nicht sagen. Die Liste der Firmen mit Stellenabbau wird derzeit aber immer länger. In den vergangenen Wochen häuften sich Meldungen zu Jobabbauplänen, unter anderem bei AVL List, Casinos Austria, Doka, FACC, Isovolta, Mahle, MAN Steyr, Mayr-Melnhof, Swarovski und voestalpine.
Wie viele Unternehmen die Corona-Kurzarbeit verlängern, wird sich in den kommenden Wochen zeigen. "Wegen größerer Unsicherheit könnten sich mehr Unternehmen entschließen, weiter Kurzarbeit in Anspruch zu nehmen", sagte der Wifo-Ökonom. Der Flughafen Wien hat bereits diese Woche die Verlängerung der Kurzarbeit für seine rund 6.000 Mitarbeiter bis 31. Jänner 2021 bekanntgegeben. Grund ist die anhaltend schlechte Passagierentwicklung.
Österreichs größter Tourismuskonzern, die Verkehrsbüro Group, geht mit fast allen Unternehmensbereichen (Touristik, großteils Hotellerie und Veranstaltungsbereich) und rund 2000 Mitarbeitern in die dritte Phase der Corona-Kurzarbeit. "Wir erachten das als ein gutes und wichtiges Mittel zur Hilfe und Überbrückung in dieser für den Tourismus so schwierigen Zeit", hieß es zur APA.
Überbrückung
Der oberösterreichische Flugzeugzulieferer FACC beantragt die dritte Phase der Corona-Kurzarbeit noch für etwa 400 Mitarbeiter, allerdings handle es sich nur um eine Überbrückung, hieß es auf Anfrage. Denn das Unternehmen übernehme verstärkt Projekte von der Fremd- in die Eigenfertigung und hier habe sich bei einem Projekt eine Verzögerung ergeben, daher die Kurzarbeit. FACC baut wie bereits berichtet 650 Stellen ab. Im November, wenn die Kurzarbeit beendet wird, werde man dann mit dem neuen Personalstand weitermachen, sagte FACC-Chef Robert Machtlinger Mitte September.
Die voestalpine hat bereits vor einigen Tagen angekündigt, die Kurzarbeit in Österreich per 1. Oktober von zuletzt 35 auf knapp 23 Prozent zurückzufahren, betroffen sind dann nur mehr 5000 statt wie bisher 7700 Mitarbeiter. Der oberösterreichische Autozulieferer Miba wird die Kurzarbeit auch verlängern, betroffen sind zwei Teilbereiche und eine dreistellige Mitarbeiterzahl. Die KTM-Mutter Pierer Mobility hingegen hat bereits Ende Mai die Kurzarbeit beendet und wird auch jetzt keinen Antrag mehr stellen.
Zu den steirischen Betrieben mit den meisten Mitarbeitern in Kurzarbeit zählt Magna, wo rund 800 Männer und Frauen auch in die dritte Phase der Kurzarbeit geschickt werden. Der Grazer Antriebsstrangentwickler AVL List wird ebenfalls die Kurzarbeit für einen Teil seiner Mitarbeiter verlängern. Wie viele es genau sein werden, ist aber noch nicht fix, denn erst am Donnerstag war bekannt geworden, dass AVL List bis Jahresende 220 Stellen streichen wird. Beim Messtechnikhersteller Anton Paar wurde auch schon Kurzarbeit Phase 2 nicht in Anspruch genommen und man werde auch auf Phase 3 verzichten, hieß es auf Anfrage. Beim Anlagenbauer- und Technologiekonzern Andritz wird ebenfalls keine Kurzarbeit mehr in Anspruch genommen, allerdings wurde Ende Juli ein Mitarbeiterabbau angekündigt. Geplant sind etwa 50 bis 60 Kündigungen und Nichtnachbesetzungen von Mitarbeitern, die in Pension gehen.
Rund 2700 steirischen Betriebe
"Die Unternehmen melden uns zurück, dass etwa die Hälfte der derzeit rund 2700 steirischen Betriebe in Kurzarbeit in die neue Kurzarbeits-Phase 3 einsteigen will", sagte AMS-Landesgeschäftsführer Karl-Heinz Snobe am Freitag. Ende Mai hatte die Steiermark den Höchststand mit 174.419 Arbeitnehmern von mehr als 14.000 steirischen Unternehmen, die in Kurzarbeit waren. Damit waren mehr als ein Drittel der steirischen unselbstständig Beschäftigten in diesem Modell." Mit Ende September befanden sich noch 44.953 Beschäftigte in 2674 steirischen Betrieben in Kurzarbeit. Bisher seien 616 Millionen Euro an Kurzarbeitsbeihilfe an steirische Unternehmen ausbezahlt worden, erklärte das AMS Steiermark am Freitag in einer Aussendung. Bisher hat das Arbeitsmarktservice österreichweit Kurzarbeitsgeld in Höhe von 4,8 Milliarden Euro ausgezahlt.
Einige weitere Unternehmen haben im Sommer die Kurzarbeit bereits beendet. Ungenutzt bleibt Phase 3 beim niederösterreichischen Automobilzulieferer ZKW. An beiden heimischen Standorten wurde die Kurzarbeit bereits beendet, in Wiener Neustadt am 15. August und in Wieselburg mit dem 22. September. Der deutsche Halbleiterkonzern Infineon hat Ende Juli im Werk in Villach die Kurzarbeit beendet.
Das Cateringunternehmen Do & Co hat ab 1. Oktober laut eigenen Angaben keine Gesellschaft und damit auch keine Mitarbeiter mehr in Kurzarbeit. Personal baute Do & Co aufgrund der Coronakrise aber weltweit kräftig ab. Die durchschnittliche Anzahl der Beschäftigten betrug im ersten Quartal des Geschäftsjahres 2020/2021 nur noch 7.771, um über 4.000 weniger als vor einem Jahr.
Der börsennotierte Feuerfest-Konzern RHI Magnesita meldete österreichweit ab 1. Oktober für lediglich 16 Mitarbeiter Kurzarbeit an. Alle Betroffenen seien im Tiroler Werk in Hochfilzen beschäftigt, hieß es auf APA-Anfrage. Insgesamt arbeiten dort 89 Menschen. Der Gartengerätehersteller Stihl Tirol mit Sitz in Langkampfen im Tiroler Unterland nahm Kurzarbeit gar nicht in Anspruch. Hier hatte man es mit einer gänzlich anderen Situation zu tun, denn die Nachfrage nach Gartengeräten war im Frühjahr und Sommer gestiegen, weil coronabedingt mehr Menschen mehr Zeit daheim verbracht haben. Derzeit sucht der Gartengerätehersteller nach neuen Mitarbeitern, vor allem in der Produktion.