In den Kriminalfall Commerzialbank (Cb) Mattersburg kommt wieder Bewegung. Am Montag endete die Frist, zu der Gläubiger der Cb Forderungen im Konkursverfahren anmelden konnten. Ab morgen, Mittwoch, will ein Untersuchungsausschuss im burgenländischen Landtag die politische Verantwortung für den Skandal ausleuchten. Und dazwischen lassen Aussagen der Hauptfiguren aufhorchen.
So hat Martin Pucher, Ex-Vorstand der Cb, in der dritten Einvernahme durch Staatsanwaltschaft und Polizei am 11. September von hohen Toto-Gewinnen in den 1990er-Jahren berichtet. Bis 1999 will er 60 Millionen Schilling (4,36 Millionen Euro) gewonnen haben. Sein Anwalt Norbert Wessrelativiert diese Summe im Gespräch mit der Kleinen Zeitung: „Es handelte sich um eine Spielgemeinschaft aus zwei Personen. Sie spielten System und steckten Gewinne laufend wieder in das Spiel – 40 Prozent der Ausschüttungen.“
Gläubigerliste in zwei Wochen
Wie hoch der Gewinn am Ende wirklich war, „müssen wir selbst erst rekonstruieren.“ Die besagte Einvernahme habe wegen eines Coronaverdachts abgebrochen werden müssen, sagt der Anwalt. „Martin Pucher hat das Protokoll nicht gesehen und nicht unterschrieben.“
Der mutmaßliche Drahtzieher jahrelanger Bilanzfälschungen „realisiert langsam das ganze Ausmaß“, so Wess. Die Gesundheit des von Schlaganfällen gezeichneten 64-Jährigen, für den die Unschuldsvermutung gilt, lassen Einvernahmen von länger als zwei Stunden nicht zu. Dabei hat auch der Masseverwalter der Cb, Michael Lentsch, viele Fragen. Lentsch will sich erst am 12. Oktober anlässlich der ersten Tagsatzung in dem Verfahren wieder öffentlich äußern – dann liegt das Verzeichnis der Gläubigerliste vor.
ESA fordert 490 Millionen
Auf den Konten der Cb waren 783 Millionen Euro gebucht, 345 auf Girokonten, 438 auf Sparbüchern. An liquiden Mitteln lagen in der Bank im Juli aber nur noch 78 Millionen. Bis auf wenige Spezialfälle hat die Einlagensicherung (ESA) alles aufgearbeitet und 490 Millionen Euro ausbezahlt, Guthaben von 293 Millionen konnte die ESA nicht berücksichtigen.
Die 490 Millionen wird man auch im Konkursverfahren als Forderung anmelden, erklärt Stefan Tacke aus der Geschäftsführung der ESA. Sie ist dem Gesetz nach vorrangige Gläubigerin und bekommt vor allen anderen Geld aus der Masse. Die Höhe des Gesamtschadens, der durch die erfundenen Bilanzen der Cb entstanden ist, dürfte bei 690 Millionen Euro liegen.
Schlechte Aussichten
Für Anleger wie den Konzertveranstalter Barracuda, der 34 Millionen Euro bei der Cb eingelegt hatte, Baugenossenschaften, die Energie Burgenland, die Technologiefirma Frequentis (31 Millionen) sowie einige Gemeinden sieht es im Konkursverfahren schlecht aus. Pucher, der um Alterspension angesucht hat, und die zweite Vorständin sind in Privatkonkurs. Ein möglicher Ausweg ist die Haftung der Wirtschaftsprüfer der Cb bzw. eine Amtshaftung der Republik, da die Aufsicht so lange versagte.
Erstattung bis 500.000 Euro
Durch die ESA sind im Normalfall bis zu 100.000 Euro pro Kopf gesichert, doch gibt es Fälle, wo diese Summe auf bis zu 500.000 Euro steigt. Die Voraussetzungen dafür regelt das Gesetz, erläutert Tacke. So darf das Guthaben nicht älter als 12 Monate sein und kann etwa aus einem privaten Immobilienverkauf stammen. Tacke: „Es sind 70 Erstattungsanträge für Guthaben über 100.000 Euro eingegangen, einige haben wir anerkannt, einige abgelehnt.“ Knapp zehn Fälle seien noch nicht entschieden.
Für Aufsehen sorgt die kolportierte Aussage der beschuldigten Vorständin, wonach „inoffizielle Provisionen“ von der Cb für die Veranlagung von Frequentis geflossen seien. „Wir konnten diese Behauptung bislang in keiner Weise verifizieren“, erklärt dazu Frequentis. Man müsse die Ergebnisse aus den Ermittlungen abwarten.