Es sind drastische Worte, die René Jonke, Grazer Standortleiter des KSV1870, wählt: „Anstatt betroffenen Firmen, die eine positive Zukunft vor sich haben, zu helfen, werden damit die finanziell kränkelnden Unternehmen künstlich am Leben erhalten, die wiederum die noch gesunden Unternehmen - aufgrund einer sich ergebenden Wettbewerbsverzerrung - ins Verderben ziehen". Im Zusammenhang mit den Corona-Maßnahmen der Regierung sagt der Gläubigerschützer: "Der Schuss geht nach hinten los."

Der Rückgang der Unternehmensinsolvenzen sei nur vordergründig eine gute Nachricht. "Derzeit erfolgt durch finanziell kranke Unternehmen de facto eine Insolvenzverschleppung und werden sich die Insolvenzzahlen erst im Laufe des ersten Halbjahres 2021 massiv erhöhen." Die aktuelle Situation zeige schon heute, "dass es sich um viele nicht sanierungsfähige Firmen handeln wird". Jonkes Prognose: Dies werde zur Konsequenz haben, "dass sich Gläubiger nächstes Jahr vermehrt mit Null-Quoten konfrontiert sehen werden und Arbeitsplätze verloren gehen, welcher Umstand wiederum unmittelbar Auswirkungen auf die Volkswirtschaft nach sich ziehen wird". Denn eine mögliche Sanierung werde durch die Maßnahmen "mitunter auf die lange Bank geschoben und lässt letztlich, wenn gar keine Vermögenswerte mehr vorhanden sind, keinen Spielraum für eine Sanierung mehr zu". Sein Appell: „Daher plädiert der KSV1870 für eine zeitnahe Sanierung finanziell schwacher Unternehmen, denn nur dann kann die Chance auf eine Neustart gewahrt und ein Unternehmen erhalten bleiben."

339 Unternehmen insolvent

In den ersten neun Monaten des Jahres wurden laut KSV-Hochrechnung über 205 steirische Unternehmen Insolvenzverfahren eröffnet, es kam zu insgesamt 134 nichteröffneten Insolvenzverfahren (mangels kostendeckenden Vermögens). Somit wurden 339 Unternehmen insolvent. “Mit einem Minus um rund 22 Prozent gab es nach 2019 wieder einen Rückgang bei den Unternehmensinsolvenzen, welcher sich jedoch primär in den gesetzten Covid-19 Maßnahmen begründet", so Jonke.

Österreichweit um 32 Prozent weniger Firmenpleiten

Im österreichischen Durchschnitt sind die Unternehmensinsolvenzen in den ersten drei Quartalen 2020 um 32 Prozent gesunken. Die Steiermark liege mit den 339 Insolvenzverfahren unter dem Bundesdurchschnitt und weist sohin den geringsten Rückgang an Firmenpleiten auf.  

Zahl der betroffenen Beschäftigten gestiegen

Die Zahl der Fälle nach Branchen bietet 2020 keine Überraschungen. Wir finden dort die auch zahlenmäßig größten Branchen auf den drei „Stockerlplätzen“, so Jonke. Dies seien die Bauwirtschaft, die unternehmensbezogenen Dienstleistungen und das Gastgewerbe. Aufgrund vereinzelter Großinsolvenzen, wie z.B. ATB Spielberg GmbH hat sich die Anzahl der von den Pleiten direkt betroffenen Mitarbeiter auf 2582 Dienstnehmer erhöht, dies entspricht einem Anstieg um rund 23 Prozent gegenüber dem Vergleichszeitraum 2019.