Die Vertreter der Sozialpartner sowie der Industrie und Arbeitsministerin Christine Aschbacher (ÖVP) sind heute im Bundeskanzleramt in Wien zu einem Meeting zur Regelung des Homeoffice zusammengetroffen. Nun sollen gemeinsame Arbeitsgruppen Regelungen für das Arbeiten zu Hause entwerfen. Im Dezember will man noch einmal auf dieser Ebene zusammenkommen, im März sollen Ergebnisse vorliegen. Aschbacher betont: "Es wird wieder verstärkt nötig sein, Home Office anzubieten."
Dabei wolle man die "best practices", die in vielen Betrieben gemeinsam vereinbart wurden, festhalten und für mittel- und langfristige Lösungen weiterentwickeln. Dass sich im März 2021 die Corona-Pandemie in Österreich bereits jährt, ist für Aschbacher kein zu später Zeitpunkt für eine Regelung des Homeoffice, denn es gebe zwei Ebenen: Eine kurzfristige Ebene der Anwendung von mobilem Arbeiten, und eine langfristige Ebene, wo man Erfahrungen aus der Corona-Pandemie einbaue, sagte sie am Freitag nach dem Treffen in einer Pressekonferenz. Sie wolle auch weitere Stakeholder zu den Arbeitsgruppen einladen.
"Wir befinden uns am Beginn der zweiten Welle der Corona-Pandemie", so die Ministerin. Daher werde es nun verstärkt notwendig sein, Homeoffice anzubieten und einzusetzen. Das habe die Bundesregierung schon vor einigen Tagen erklärt. "Wir appellieren an die Eigenverantwortung, dort wo es leicht und sinnvoll ist, Homeoffice anzuwenden." Bei Einzelbüros gebe es aber nicht die Notwendigkeit, alle ins Homeoffice zu schicken.
"Nachhaltiges Regelwerk"
Aschbacher wiederholte auch, dass es etwa möglich sein solle, dass jemand sich am Nachmittag ein paar Stunden den Kindern widme und dafür am Abend dann länger arbeite. Diese Flexibilität habe sie selber auch so gelebt und das sollte möglich sein.Arbeiterkammer-Präsidentin Renate Anderl warf ein, dass Flexibilität nicht dazu führen dürfe, dass Gesetze umgangen werden - Stichwort Ruhezeiten. "Wir brauchen ein nachhaltiges Regelwerk für Homeoffice", sagte Anderl. Es gehe um Arbeitnehmerschutz, Unfallversicherung - wobei die derzeitige Lösung zum Jahresende auslaufe - Datensicherheit und viele weitere Punkte. Homeoffice müsse auf Freiwilligkeit basieren, damit Beschäftigte motiviert arbeiten könnten. Homeoffice sei auch keine Kinderbetreuung, man müsse daher Homeoffice klar abgrenzen gegenüber Freizeit und Familie. Da und dort werde man auch Rechtsansprüche brauchen.
Wirtschaftskammer-Generalsekretär Karlheinz Kopf verwies darauf, dass das mobile Arbeiten in den letzten Monaten vor allem im Büro- und Dienstleistungsbereich der Wirtschaft sehr geholfen habe, um die Betriebe am Laufen zu halten. Weitgehend habe es gut funktioniert, weil sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer sehr rasch darauf verständigt hätten. Das allgemeine Arbeitsrecht gelte ja weiterhin. Es brauche für das Arbeiten von zu Hause aus einerseits größtmögliche Flexibilität sowie Klärungen, etwa ob der Betrieb die Betriebsmittel zur Verfügung stellt oder die eigenen verwendet werden. Es werde Regelungen brauchen, aber auch Empfehlungen, um diese "neue Form des Arbeitens" so zu gestalten, dass es für beide Seiten möglichst optimal sei.
"Gütesiegel für mobiles Arbeiten"
Neben den Sozialpartnern WKÖ, AK und ÖGB - ÖGB-Präsident Wolfgang Katzian nahm am Treffen, aber wegen eines Termins nicht an der Pressekonferenz teil - sitzt auch die Industrie mit am Tisch. Der Präsident der Industriellenvereinigung (IV), Georg Knill, betonte, für die Industrie stehe Sicherheit an oberster Stelle. Das Arbeiten von zu Hause aus sei eine von vielen Maßnahmen, um diese Sicherheit auch zu gewährleisten. Die individuellen Vereinbarungen zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern hätten gut funktioniert. Die Industrie wolle dieses Erfolgsmodell von "working at home" weiter fortsetzen.
Vor Beginn der Corona-Pandemie war Homeoffice laut Aschbacher für etwa zehn Prozent ein Thema, beim Lockdown seien "von einem Tag auf den anderen" plötzlich 40 Prozent im Homeoffice gewesen. Die Familie und Beruf Management GmbH habe Zertifizierungen für Vereinbarkeit durchgeführt, die bereits zertifizierten Betriebe hätten sich mit der Umstellung leichter getan. Sie habe ein "Gütesiegel für mobiles Arbeiten" ermöglicht, für das sich die Unternehmen zertifizieren können, so die Ministerin.
"Brauchen vor dem Winter Regeln für Heimarbeit"
Kritik kommt von den NEOS, sie appellieren: "Wir brauchen vor dem Winter Regeln für Heimarbeit – nicht irgendwann nächstes Jahr." NEOS-Gesundheits- und Sozialsprecher Gerald Loacker betont: "Ja, es braucht dringen modernisierte Regelungen für Arbeit zu Hause, da hat Ministerin Aschbacher das Problem richtig erkannt. Allerdings brauchen wir die Lösungen jetzt – und nicht irgendwann in einem Arbeitskreis im März 2021." Dass Telearbeit und Home-Office in der Pandemie eine größere Rolle spielen, wisse man "nicht erst seit gestern. Es ist verwunderlich, dass die Regierung hier bis heute nichts getan hat – und es ist beschämend, dass sie es auch jetzt nicht schafft". Unternehmen und Arbeitnehmer würden jetzt Klarheit brauchen, "um sich auf die nächsten Monate einstellen zu können".