Seit September 2018 laufen 16 Sammelklagen, in denen der Verein für Konsumenteninformation (VKI) im Auftrag des Sozialministeriums und der Arbeiterkammer rund 10.000 Geschädigte gegen die Volkswagen AG vertritt. Mit einem Prozessauftakt am heutigen Donnerstag am Landesgericht St. Pölten gehen die Sammelklagen in die nächste Runde. Das Hauptthema werde die Schadenshöhe sein - nachdem die Haftung von VW wegen Arglist bereits vom deutschen Bundesgerichtshof (BGH) außer Streit gestellt wurde.
Der Streitwert der vom VKI eingebrachten Klagen beläuft sich auf 60 Millionen Euro. "Seit 2018 warten die Geschädigten auf ihr Geld. VW hatte zwar heuer einem Vergleich für die deutschen Teilnehmer der in Deutschland eingebrachten Musterfeststellungsklage zugestimmt und zuletzt in Aussicht gestellt, weitere rund 50.000 Dieselkunden zu entschädigen, die Klagen eingebracht hatten. Österreicherinnen und Österreicher werden aber weiterhin bewusst schlechter behandelt, indem ihnen Entschädigungszahlungen verwehrt werden", kritisiert der VKI in einer Aussendung.
Rückenwind für Kläger
Zuletzt hatte der Europäische Gerichtshof (EuGH) mit dem Urteil vom 9. Juli 2020 die Zuständigkeit österreichischer Gerichte bestätigt und damit der Verzögerungstaktik von VW ein Ende gesetzt.
Starken Rückenwind für die Sammelklagen bringt außerdem ein höchstgerichtliches Urteil aus Deutschland: Dort hatte der BGH am 25. Mai 2020 bestätigt, dass VW arglistig und aus reinem Gewinnstreben gehandelt hat und der Schaden des Käufers bereits mit Abschluss des Kaufvertrags entsteht. Dieses Urteil ist auf Österreich übertragbar und stellt aus Sicht des VKI die Haftung von VW außer Streit.
Heute geht es um 702 Fälle
Im Landesgericht St. Pölten findet am heutigen Donnerstag um 9 Uhr die erste Verhandlung nach der Zuständigkeitsentscheidung des EuGH statt. Im Verfahren werden die Forderungen von 702 Geschädigten verhandelt, eingeklagt sind rund vier Millionen Euro. Dieser Betrag errechne sich laut VKI aus dem Minderwert der betroffenen Fahrzeuge zum Kaufzeitpunkt, der mit einem Abzug von 20 Prozent des Kaufpreises eingeklagt wurde.
VW bleibt hart
VW streite weiterhin jegliches Fehlverhalten sowie auch den Umstand ab, dass den Käufern ein Schaden entstanden sei. „Folgen die Gerichte der Rechtsansicht des VKI zu Schadensberechnung und -höhe und bestätigen die 30-jährige Verjährungsfrist wegen qualifizierten Betrugs, hat VW in Österreich ein Milliardenproblem“, betont Thomas Hirmke, Leiter des Bereiches Recht im VKI. „Dann wird die Entschädigung aller mehr als 300.000 geschädigten Verbraucherinnen und Verbraucher in Österreich Thema.“