Normalerweise ist es Politikern und Vorständen vorbehalten, Neues feierlich zu eröffnen. Bei der Energie Steiermark wurden am Dienstag die Rollen getauscht. Lehrlinge gaben den offiziellen Startschuss für den E-Campus, das nagelneue Ausbildungszentrum in der Neuholdaugasse in Graz, in dessen Bau der Energiekonzern zehn Millionen Euro gesteckt hatte. Dafür durften Vertreter der Politik – sie waren mit den Ministerinnen Gewessler und Schramböck sowie den Landesregierern Schützenhöfer, Lang, Lackner und Seitinger zahlreich vertreten – und Aufsichtsräte an die Werkbänke treten, um mit der Feile ein Stück Stahl zu bearbeiten.
„Bis man das gut kann, dauert es eine Woche oder länger“, sagte Marlies Berger, bereits ausgelernte Elektrotechnikerin – doch die Regie der Energie Steiermark hatte für den Selbstversuch freilich nur wenige Minuten eingeplant.
Der Konzern nennt den Campus das „modernste Ausbildungszentrum für erneuerbare Energie in Österreich“. Die Stätte ist 4000 Quadratmeter groß und könne jetzt 40 Prozent mehr Lehrlinge als bisher aufnehmen. Derzeit seien fast 100 Jugendliche in Ausbildung, die nach dem Abschluss alle übernommen werden, versichern die Vorstände Christian Purrer und Martin Graf. Ein Grund für die Qualifizierungsoffensive ist der Umstand, dass bis 2035 30 Prozent der Energie-Steiermark-Mitarbeiter in Pension gehen. Ein nicht weniger wichtiger Grund seien aber die Herausforderungen der Energiewende: „Neue Technologien verlangen Kompetenz am Puls der Zeit“, so Graf. Im Campus wird künftig auch die Fortbildung für die 1800 Beschäftigten stattfinden. Klimaschutzministerin Leonore Gewessler versprach den Lehrlingen, „dass euch in den nächsten Jahrzehnten die Arbeit nicht ausgehen wird“.
In Admont könnten bis zu 50 neue Arbeitsplätze entstehen
Von einem „starken Signal“ der Investition für den Standort sprachen indes Wirtschaftsministerin Schramböck und Landeshauptmann Schützenhöfer. Es ist, wie berichtet, nicht der einzige Impuls, der in diesen Tagen für Aufsehen in der Steiermark sorgt: Der Papier- und Zellstoffhersteller Sappi wird in Gratkorn um 35 Millionen Euro einen Kraftwerkskessel umrüsten und damit den Kohle-Ausstieg am Standort fixieren.
Und die Admonter Holzindustrie im Bezirk Liezen will bis 2022 25,5 Millionen Euro in Anlagen, Maschinen und Digitalisierung investieren, wie das Unternehmen gestern präzisierte. Der Großteil der Summe soll in Hallen und Anlagen fließen. Erklärt wird die Investition mit den Vorteilen des Standortes: den umfangreichen Wäldern des Benediktinerstifts, politischen und steuerlichen Rahmenbedingungen und gut ausgebildeten Arbeitskräften (man bildet selbst 20 Lehrlinge aus).
Vor fünf Jahren wurde mit der Just-in-time-Produktion begonnen, dafür müssen Hallen und Maschinen erweitert und neu ausgerichtet werden, erklärte Vorstand Gerhard Eckhart. In zwei bis drei Jahren könnten zu den 290 Beschäftigten 50 dazukommen, sagte Wirtschaftsdirektor Franz Pichler. Vor dem Hintergrund der 1000 Jahre alten Tradition des Stifts in der Holzverarbeitung meinte er auch, es sei „eine Verpflichtung, hier zu investieren“.