Die Befürchtungen waren groß. Nachdem die Steiermark in den vergangenen Jahren von einem Gründerrekord zum nächsten geeilt war, sorgte die bedrohliche Kulisse, die sich rund um die Coronakrise aufspannte, erst einmal für Kopfzerbrechen. Nun zeigen die Halbjahreszahlen aber, „dass es bei Firmengründungen in der Steiermark keinen Lockdown gegeben hat“, wie Wirtschaftskammerpräsident Josef Herk betont. Im ersten Halbjahr haben sich 2093 Steirerinnen und Steirer selbstständig gemacht. Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum sei das zwar ein Minus von 275 Gründungen, damals wurde aber auch ein Allzeithoch erreicht. „Trotz rauester See und schwieriger wirtschaftlicher Rahmenbedingungen haben wir die achthöchste Gründerzahl aller Zeiten verbucht, die Gründerdynamik ist also nach wie vor stark, das ist für den gesamten Wirtschaftsstandort ein schönes und wichtiges Zeichen“, so Herk. Die meisten Neugründungen erfolgten in den Bereichen Gewerbe und Handwerk, Informationstechnologie sowie Versand und Internethandel. Erhoben wurden auch die Motive für die Selbstständigkeit: An oberster Stelle rangiert der Wunsch, „eigener Chef zu sein“, gefolgt von flexiblerer Zeit- und Lebensgestaltung. Gibt es auch Fälle, wo sich Menschen in die Selbstständigkeit hineingetrieben fühlen? „Die gibt es, aber nur acht Prozent geben das als Motiv an“, so Herk.
Definitiv nicht in die Selbstständigkeit hineingetrieben fühlt sich Stefanie Karner. Sie hat sich Ende Mai den Traum eines eigenen Kosmetikstudios in Premstätten erfüllt. Gründen mitten in den Verwerfungen der Coronakrise, schreckt das nicht ab? „Ich hatte das schon lange im Hinterkopf und zu Jahresbeginn konkret zu planen begonnen“, so Karner. Da man ohnehin nie wisse, „wie was wann kommt, habe ich daran festgehalten“, sagt die dreifache Mutter. Bereut habe sie den Schritt in keiner Sekunde, sie könne sich die Zeit nun flexibler einteilen und verdiene jetzt auch mehr als zuvor als Angestellte, „für mich hat sich der Schritt in die Selbstständigkeit in alle Richtungen ausgezahlt“.
Auch Stefan Haas betont: „Es hat sich gelohnt.“ Gemeinsam mit Michael Stering hat er Mitte April – also in der Shutdown-Phase – sein Unternehmen WALTA GmbH in Hirschegg gegründet. Die hochinnovative Firma nutzt moderne Technologien, um am Werkzeug angebrachte Minisender mittels Stationen zu erfassen. Diese Daten werden in einem System gesammelt – dadurch kann der Aufenthaltsort eines Werkzeuges angezeigt und via GPS nachverfolgt werden. „Das ist besonders für Baufirmen und das Baunebengewerbe interessant, die viele Baustellen gleichzeitig bedienen“, so Haas. Natürlich habe man sich damals Gedanken gemacht, „ob das wirklich der richtige Zeitpunkt für eine Unternehmensgründung ist, die gesamtwirtschaftlichen Aussichten waren ja Mitte April sehr düster“. Trotz Verzögerungen durch teils schwierigere Behördenwege sowie beim Vertriebsstart habe sich im 3er-Team von WALTA aber die Überzeugung durchgesetzt, „dass eine gute Idee und ein tolles Produkt sich auch in solchen Zeiten durchsetzen, man muss auch Vertrauen haben“, so der Appell.
Als „wichtiges Signal, das Mut machen soll“, sieht Wirtschaftslandesrätin Barbara Eibinger-Miedl auch die Gründermesse in Graz, die – nach zweimaliger Verschiebung – am 19. September im Messecenter Graz (MCG) über die Bühne geht. Auch heuer werden rund 40 Aussteller – von Finanzierungsprofis über Serviceberater bis hin zu Förderstellen – mit dabei sein. Rund 300 Vorregistrierungen (sie sind heuer Voraussetzung für eine Teilnahme) habe es bereits gegeben, betont MCG-Vorstand Armin Egger. „Wir halten uns auf Punkt und Beistrich an die Vorgaben und haben ein detailliertes Sicherheitskonzept erarbeitet.“ Das MCG habe für Veranstaltungen eigens 34 Corona-Beauftragte ausgebildet, „auf deren Know-how auch Kunden zurückgreifen können“. Es sei erfreulich, dass der Trend zur Selbstständigkeit ungebrochen sei, die durch die Coronakrise beschleunigte Digitalisierung biete insbesondere Start-ups ganz neue Chancen, so Eibinger-Miedl. Sie verweist auch auf die wachsenden steirischen Inkubatoren, in die auch in dieser Zeit investiert werde. Die Landesrätin schließt sich auch der Forderung der heimischen Start-up-Szene an, wonach der 50-Millionen-Euro-Hilfsfonds für Start-ups, der ja bereits ausgeschöpft ist, von der Bundesregierung wieder aufgefüllt werden müsse.
Oliver Kröpfl, Vorstand der Steiermärkischen Sparkasse, seit Jahren Partner der Gründermesse, unterstreicht die Bedeutung „der vielen wichtigen Inputs, auch für die Risikoabwägung, die potenziellen Neo-Unternehmern hier geboten werden“. Die Nachfrage im Gründercenter der Steiermärkischen sei nach wie vor groß. Für den Grazer Gemeinderat und WB-Generalsekretär Kurt Egger sind junge Unternehmer ebenfalls in die Riege der viel zitierten „Helden dieser Krise“ einzureihen.