Schrill. Laut. Rappelvoll. So kennt man die Gamescom eigentlich. Also jene gigantische Spielemesse, die einmal im Jahr in Köln stattfindet, als Taktgeber einer gesamten Branche fungiert und gerne einmal bis zu 370.000 Besucher in die Domstadt lockt. Heuer ist alles anders.
Erstmals geht die gestern eröffnete und bis Sonntag dauernde Gamescom ausschließlich virtuell über die Bühne. 300 Partner konnten die Organisatoren an Bord holen, versprochen wird Bewährtes. So sollen besonders viele „große“ Titel, auf die Fans bereits lange warten, angekündigt werden. Zum Potpourri der Messe gehören aber längst auch digitale Lernangebote, „Serious Games“ – also Spiele, die ernste Inhalte spielerisch vermitteln – und das besonders stark wachsende Segment des E-Sports.
Wachstum ist überhaupt ein gutes Stichwort für eine Branche, die selbst in Krisenzeiten zulegt. Geschlossene Schulen, verstärktes Homeoffice und ein breiter Lockdown ließen die Nutzungszahlen stark steigen. „Die Gaming-Industrie zählt ganz klar zu den Gewinnern der Krise“, heißt es von Olaf May, Präsidiumsmitglied beim gewichtigen Digitalverband Bitkom. Dabei stechen vor allem mobile Spiele ins Auge. So wurden laut Zahlen von Kryptoszene.de in Googles Play Store zwischen April und Juni um 51,2 Prozent oder 4,2 Milliarden mehr Mobile Games heruntergeladen als im Jahr davor.
2023 mehr als drei Milliarden Spieler
Trends, von denen auch Österreichs Computerspiellandschaft profitiert. 90 heimische Entwicklerstudios erzielten im Vorjahr 24,1 Millionen Euro Umsatz, über einen Betrachtungszeitraum von drei Jahren entwickelten die Studios 197 Spiele. Selbst bei Blockbustern wie „Die Siedler“, „Sea of Thieves“, „World of Tanks“ oder nicht zuletzt, wie berichtet, bei Microsofts neuem Flugsimulator haben heimische Entwickler heute ihre Finger im Spiel.
„Videospielentwicklung findet mittlerweile sehr stark international vernetzt statt“, sagt dazu Michael Fink, Vorsitzender des Entwicklerverbands Pioneers. „Moderne Multimillionen-Dollar-Produktionen mit Hunderten Entwicklerinnen und Entwicklern“ könne man nur „mit externer Unterstützung stemmen“. Gefunden wird diese eben zunehmend auch in Österreich. „Langjährige Erfahrung im Technologiebereich sowie der Ausbildungscluster in Graz“ fallen Michael Putz, Chef des Studios Bongfish und von Microsoft-Partner Blackshark.ai, als Gründe ein, warum große Kooperationen wie im Falle des „Flight Simulator“ realisiert werden können.
Rosig scheint auch die Zukunft der Branche. 2023 soll es laut dem Analysten Newzoo weltweit über drei Milliarden Spieler geben, also eine halbe Milliarde mehr als 2019. Eine Entwicklung, die auch für raueren Ton in der Branche sorgt, wie nicht zuletzt das öffentliche Kräftemessen zwischen Apple und Fortnite-Entwickler Epic Games zeigt. Das zunehmende Selbstvertrauen von Letzterem begründet sich nämlich vor allem in einer Zahl: den 350 Millionen registrierten Fortnite-Spielern. Tendenz steigend.