"Wir führen Krieg gegen die Zukunft - und zwar einen unfairen, denn die Zukunft kann sich nicht wehren", meint FWF-Chef Klement Tockner bei den Technologiegesprächen Alpbach mit Blick auf den derzeitigen Umgang mit natürlichen Ressourcen. Die Herausforderungen, vor denen unsere Kinder und Enkelkinder stehen werden, würden daher um vieles schwieriger zu meistern sein als die aktuellen Krisen.

Aus diesem Grund will der Präsident des Wissenschaftsfonds FWF das "Missverständnis ausräumen, dass nur die anwendungsorientierte Forschung nützlich sei. Das ist die Grundlagenforschung nämlich auch, aber ihr Nutzen ist ganz anders geartet: Er ist breiter, tiefer und langfristiger". Für das schnelle Lösen eines Problems von heute mag die angewandte Forschung attraktiver wirken. Für eine "nachhaltige und kostengünstige Vorsorge" jedoch, um die Probleme von morgen zu lösen, habe die Grundlagenforschung aber eindeutig mehr zu bieten.

Es sei wichtig, gerade jetzt auf diesen Nutzen hinzuweisen. Ohne themenoffene und vom Wunsch nach Erkenntnis getriebener Grundlagenforschung gäbe es keine Impfstoffe, keinen Laptop und keine modernen Wörterbücher, so Tockner. Er leitet morgen, Freitag, einen Arbeitskreis der Alpbacher Technologiegespräche, bei dem es um das Thema "Return on Investment - Exzellenz und Relevanz in der Wissenschaft" geht.

"Völlig falsch" ist es für Tockner, auf der einen Seite die Grundlagenforschung zu sehen, die wir uns nur leisten, wenn es uns gut geht, und auf der anderen Seite die anwendungsorientierte Forschung, die mit unmittelbarem Nutzen assoziiert wird. Notwendig sei beides: die Grundlagenforschung als Vorsorge für die zukünftigen, teils noch unbekannten Herausforderungen und die anwendungsorientierte Forschung für die Lösung von akuten Problemen.

Forschende Unternehmen schwer getroffen

Doch auch die Unternehmen der angewandten Forschung steht derzeit vor Problemen. Denn sie sind von der wirtschaftlichen Entwicklung abhängig. Daher trifft sie die aktuelle Lage hart. Für einen ökologischen Wirtschaftsumbau nach Corona brauche es in der Forschungsförderung jedenfalls "frisches Geld", so der Geschäftsführer der Forschungsförderungsgesellschaft FFG, Klaus Pseiner.

Gerade für die forschenden heimischen Unternehmen, die meist auch stark exportorientiert sind, stelle sich die aktuelle Situation als "ganz, ganz schwierig dar", sagte Pseiner im Vorfeld eines Arbeitskreises bei den Alpbacher Technologiegesprächen, der sich am Freitag unter dem Titel "Forschung in Krisenzeiten" mit dem Nutzen angewandter Forschung beschäftigt. "Unsere klassischen Flaggschiffe haben jetzt auch die größten Herausforderungen." Als Institution, die Forschung finanziert, betrachte man das dementsprechend als äußerst kritische Phase im Verlauf der Krise, in der man sich ständig fragen müsse: "Tun wir das Richtige?"

Als Glück im Unglück erweise sich nun, dass es die Finanzkrise 2008 dem Sektor ermöglicht habe, eine Art Krisenzyklus zu erlernen. Tendenziell setzen Firmen in Zeiten guter wirtschaftlicher Gesamtlage vermehrt auf F&E-Aktivitäten, indem man versucht neue Produkte zu entwickeln oder Produktionsprozesse zu verbessern. "Das stimmt aber nicht ganz", sagte Pseiner, denn viele Unternehmen zeigen gerade am Beginn von Krisenzeiten eine hohe Bereitschaft in F&E zu investieren: "In dieser Phase stecken wir gerade." Tatsächlich sei die Nachfrage nach Forschungsförderung gerade "extrem hoch".

Im Rahmen der Basisförderprogramme liegen die Antragszahlen seit einigen Monaten um die 30 Prozent über dem Durchschnitt. Pseiner: "Dieser Trend hält nicht nur an, sondern wird jetzt im Sommer sogar leicht stärker." Zurückzuführen ist das vor allem auf Aktivitäten von klein- und mittelständischen Unternehmen (KMU). Gerade dieser Wirtschaftssektor kümmere sich momentan schon intensiv um seine Positionierung nach der Krise.

Förderung ausbauen

Angesichts dieser aktuellen Herausforderungen werde auch die Weiterentwicklung der heuer ausgelaufenen Nationalstiftung zum "Fonds Zukunft Österreich" werde "dringend" benötigt, erklärte Wissenschaftsminister Heinz Faßmann (ÖVP) im Vorfeld der Alpbacher Technologiegespräche. Es sei "Aufgabe des Finanzministeriums", diesen im Regierungsprogramm verankerten Fonds zu lancieren, "und ich hoffe ebenso wie der Forschungsrat auf eine rasche Umsetzung".

Mit dem "Fonds Zukunft Österreich" soll der Ausfall der Nationalstiftung kompensiert werden, die seit 2004 jährlich im Schnitt 90 Millionen Euro für Forschung ausgeschüttet hat. Heuer ist ihre gesetzliche Finanzierungsvereinbarung aber ausgelaufen. Der Forschungsrat hat am Mittwoch eine rasche Einrichtung des "Fonds Zukunft Österreich" sowie jährliche Ausschüttungen in Höhe von jährlich 250 Millionen Euro empfohlen. Faßmann betonte, dass die Mittel des Fonds für "bestimmte Schwerpunkte, aber auch Ko-Finanzierungen für Partnerschaften auf europäischer Ebene benützt werden können".

Bereits beschlossen ist das ebenfalls im Regierungsübereinkommen verankerte Forschungsfinanzierungsgesetz (Fofinag) - für Faßmann "ein gut gelungenes forschungspolitisches Stück", das u.a. die wesentlichen Forschungsförderungsinstitutionen und -träger außerhalb der Universitäten definiere und eine langfristige, wachstumsorientierte Forschungsfinanzierung zusichere. Im Zusammenhang mit der Kritik an fehlenden konkreten Geldbeträgen und Budgetpfaden im Gesetz verweist Faßmann auf den sogenannten FTI (Forschung, Technologie und Innovation)-Pakt, der künftig die Basis für die Forschungsfinanzierung sein soll und - ebenso wie die neue Forschungsstrategie - bis Jahresende beschlossen werden muss.

Bis zu dem im Herbst geplanten Forschungsgipfel - wann dieser stattfinden soll, steht noch nicht fest - soll dieser FTI-Pakt stehen, "dort werden wir inhaltliche Schwerpunkte nennen und welcher finanzielle Rahmen zur Verfügung steht", sagte der Minister.