Bei der Aufarbeitung des Dieselskandals in den USA zeichnet sich für Volkswagen eine Entspannung ab: Ein US-Gericht verwarf einen Teil einer milliardenschweren Betrugsklage der US-Börsenaufsicht SEC gegen den deutschen Autobauer. Die SEC hatte VW vorgeworfen, US-Investoren im Zusammenhang mit der Diesel-Manipulation betrogen zu haben, in dem der Konzern bestimmte Risiken verschwiegen habe.
Übrig blieb nach der Entscheidung des Bezirksrichters Charles Breyer in San Francisco unter anderem die Forderung nach gewissen Entschädigungszahlungen. Dem Antrag von Ex-Vorstandschef Martin Winterkorn, die SEC-Klage gegen ihn abzuschmettern, folgte der Richter nicht.
Großanleger betroffen
Volkswagen begrüßte die Entscheidung des Gerichts, die Klagen in Bezug auf fast fünf Milliarden Euro an verbrieften Anleihen abzuweisen und den Umfang der verbleibenden Rechtsstreitigkeiten einzugrenzen. Die Wertpapiere seien nur an erfahrene Großanleger verkauft worden. Die Investoren hätten alle Zins- und Kapitalzahlungen vollständig und pünktlich erhalten. "Im weiteren Verlauf dieses Falles wollen wir zeigen, dass die Behauptungen der SEC unbegründet sind." VW werde belegen, dass ein Anspruch auf Entschädigung nicht bestehe. Die SEC reagierte nicht auf eine Aufforderung zur Stellungnahme. Ein Anwalt von Winterkorn lehnte einen Kommentar ab.
Die US-Börsenaufsicht hatte März 2019 Volkswagen und Winterkorn beschuldigt, Anleger in den USA betrogen zu haben. VW habe von April 2014 bis Mai 2015 Unternehmensanleihen und verbriefte Wertpapiere in Höhe von mehr als 13 Milliarden Dollar (aktuell rund 11 Mrd. Euro) ausgegeben, als Top-Manager bereits von den Abgasmanipulationen gewusst hätten. Der Konzern habe "die Hunderte von Millionen Dollar" nie zurückgezahlt, die er bei den Wertpapiergeschäften auf betrügerische Weise eingenommen habe. Schon damals hatte VW die Klage zurückgewiesen.
Winterkorn weiter im Visier
In seiner Begründung zur Abweisung der Klage zu den verbrieften Anleihen (Asset-Backed Securities) erklärte Richter Breyer, dass diese Frage bereits 2017 mit dem Vergleich mit dem US-Justizministerium geregelt worden sei. Er wies auch den Vorwurf zurück, VW habe die Anleihegläubiger in seinen Bilanzen getäuscht und das Risiko von Rückrufaktionen in Kauf genommen. Dagegen habe die SEC ausreichend argumentiert, dass Winterkorn wusste, dass Volkswagen falsche Angaben machte.
Der Dieselskandal war am 18. September 2015 durch die US-Umweltbehörden ans Licht gebracht worden. Wenige Tage später trat Winterkorn zurück. Der Konzern bekannte sich schließlich in den USA schuldig, Abgaswerte manipuliert und dies vor den Behörden verschleiert zu haben, und stimmte einer Strafe von 4,3 Mrd. Dollar zu. Insgesamt wurden in den USA 13 Personen angeklagt, darunter Winterkorn und vier Audi-Manager. Gegen Winterkorn erließ die US-Justiz auch einen Haftbefehl. Die US-Staatsanwaltschaft wirft dem 73-Jährigen Verschwörung zur Täuschung der Behörden bei den Abgasmanipulationen vor.
Einschließlich Bußgeldern gegen VW und die Tochter Audi in Deutschland und weiteren Ausgaben türmen sich die Kosten für die Wiedergutmachung des Dieselskandals inzwischen auf mehr als 30 Milliarden Euro. Nach dem Vergleich mit einem Teil der klagenden Verbraucher in Deutschland ist Volkswagen noch mit Forderungen von Anlegern konfrontiert. Bei einer Musterklage der Fondsgesellschaft Deka wegen erlittener Kursverluste vor dem Oberlandesgericht Braunschweig geht es um neun Milliarden Euro.